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Roq nette: I
Alles war damit gelöst, Alles gut und schön! — Aber Konradine! Würde sie aus eine solche Lösung eingehen? Es war nicht eben Selbstgefälligkeit, wenn er sich sagte, daß hier die Hauptschwierigkeit liege. Paul hatte die Erfüllung seiner Wünsche doch wohl noch in die Ferne zu rücken! — Aber nach dem, was Roderich heute erfahren, stand ihm fest, daß der dumpfen Stimmung des Hauses jetzt mit einem raschen Entschluß ein Ende gemacht werden müsse. Und er wollte ein offenes Wort mit K'vu- radinen sprechen. Er durfte sie nicht länger täuschen. — Und wenn er sich nun dachte, was er ihr sagen, wie sie es aus- uehmen, mit welchen treuen Augen sie ihn ansehen würde — dann kam ein tiefes Weh über ihn. Er fuhr mit der Hand gegen die Stirn, er kam sich plötzlich wie ein Verbrecher vor, der nach Beschönigung seiner Schuld sucht. Auch die beste und edelste Natur findet Regungen der Selbstsucht in sich und erschrickt bei der Noth- wendigkeit, daß dieselben im bestimmten Falle als Richtschnur des Handelns gelten müssen. Selbstanklage und Demüthigung verlieren ihre Bedeutung, wo dieser Entschluß zum Handeln einmal gefaßt ist. Konradine konnte durch ihn nicht mehr glücklich werden und er nicht mehr durch sie, so sagte er sich; aber jedes vou Beiden konnte für sich glücklich werden, wenn sie wieder, wie einstmals, Geschwister wurden.
Erleuchtete Fenster zeigten sich zwischen den Bäumen und rissen ihn aus seinen Gedanken. Wie war die Stunde des Heim- rittes vergangen? — Er fand die Familie beim Abendtische und erzählte, wo er gewesen. Da der Vater einige Fragen über den Neubau that, gab Roderich Auskunft, sprach viel und kam sogar auf die Musterbücher mit Proben zu Vorhängen und Möbelstoffen, was nicht ohne heitere Theil- nahnie ausgenommen wurde. Trotzdem hielt sich Konradine von ihm Zurück und
>ga Svendson,
sagte ihm auch in kühlerer Weise als sonst ihr Gute Nacht!
Am anderen Morgen war sie es doch, der er zuerst zu begegnen suchte. Er hatte seine Worte beisammen, er wollte ganz ehrlich und brüderlich mit ihr sprechen, ihr bekennen, wie er innerlich Zu Inga stehe. Kouradine war weder unfreundlich noch ablehnend gegen ihn, aber sie wußte ihn zu vermeiden. Und als er sie fragte, ob sie denn gar keine Zeit für ihn habe, entgegnete sie: „Verzeih', lieber Roderich, wir haben gerade heute in der Haushaltung alle Hände voll zu thun!"
Damit war eigentlich der rechte Moment schon verloren, denn sie entzog sich ihm den ganzen Tag über, und als er am nächsten au eine Unterredung mit ihr dachte, hatte er die Anrede schon nicht mehr so beisammen oder er wußte sie anders fassen, und es mißfiel ihm bald dieser, bald jener Ausdruck. Zugleich überkam ihn die ganze Mißlichkeit seiner Absicht. Einem Gegner mit Waffen sich zu stellen oder ihn herauszufordern, däuchte ihn ein Kleines; einem Mädchen, von dessen Neigung er überzeugt war, zu sagen, daß er eine Andere liebe — nein, es ging nicht! Von ihr mußte die Wendung ansgchen, nicht von ihm! — Mittlerweile war die Frist, die er sich für seinen Aufenthalt gesetzt hatte, schon um einige Tage verstrichen. Er sprach nicht von der Abreise, und selbstverständlich fragte ihn Niemand darum. Er versuchte es mit den Büchern, und es fand sich wohl eins und das andere, was ihn eine Weile fesselte. Aber es hielt ihn nicht im Hause. Er nahm die Flinte und streifte im Walde umher, ohne etwas zu schießen oder auch nur aus ein Wild zu lauern.
Währenddem schien Inga ganz in den Geschäften des Hauswesens aufgehen zu wollen. Eines Morgens schritt sie über den Hof, um in der Milchwirthschast einen Auftrag zu geben. Da sah sie am