Heft 
(1881) 300
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696 Klln st riete Deutsche Monatshefte.

gefolgt. Er athmete laut und trat mit untergeschlageneu Armen an das Fenster. ! In wenigen Augenblicken war, ihm selbst unerwartet, vorgegangen, was zu einer ganz neuen Wendung drängte. Aber er bereute nicht, er fühlte sich eher gehoben, i begeistert, zu raschem Handeln aufgeregt. ^

Eine Stunde daraus es war in der Abenddämmerung trat die Hausfrau in die Arbeitsstube ihres Gatten.Du bist heut' sehr beschäftigt?" begann sie. Eben fertig mit dem Tagewerk und zum Plaudern ganz aufgelegt!" entgegnete er, indem er sich in den Ledersessel uiederließ. Die Mutter nahm auf dem alten, ebenfalls mit Leder bezogenen Sopha Platz.Ich will nur gleich mit dem beginnen, was mich hertreibt," sagte sie.Unser junges Volk macht mir Sorge. Hast du an Roderich nichts bemerkt?"

Sage mir lieber gleich, was ich be­merkt haben soll, vielleicht fällt mir dann ein, daß ich wirklich schon etwas bemerkt habe!" entgegnete er.Was ist denn mit Roderich?"

Ich vermuthe, er steht mit Konradine nicht mehr wie sonst, und sie empfindet das sehr ernst. Zumal sie vielleicht eine Ahnung hat, daß in ihrer Nähe"

Volkmar unterbrach ihre Rede mit einem Ausdruck aufrichtigen Bedauerns. Aber das wäre doch sehr traurig!" sagte er nach kurzer Pause.

Traurig?" eutgeguete die Mutter. Für den Augenblick, ja! Es wird eine Zeit der Betrübniß kommen, welche eben durchgemacht werden muß. Soll ich dir meine Ueberzeugung ehrlich aus­sprechen? Ich nenne es nicht mehr traurig für die Zukunft, ich halte es sogar für besser, wenn Roderich und Konradine sich nicht für das Leben verbinden. Der Gründe hätte ich so viele anzusühren! Vor Allem, ihre Herzen hatten sich ohne alle Erfahrung an einander geschlossen, als könne das

gar nicht anders sein. Ein ernstes inne­res Erlebniß kommt und klärt sie über sich selbst auf. Und Gott sei Dank, daß es kommt, noch ehe sie für immer ver­bunden sind! Roderich hat, so vermuthe ich, eine andere Neigung, und zwar schon seit längerer Zeit. Inga Svendson ist es! Ich kann mir denken, wie es gekom­men ist. Ihr glaubte er entsagen zu müssen, und so wollte er ihr in Konradi- nens Nähe nicht begegnen. Darum die Verzögerung seiner Ankunft. Es sollte dennoch sein, und die Neigung zu ihr fängt an, ihn zu überwachsen."

Das ist freilich genug auf einmal!" rief der Oberförster überrascht.Das Zutrauen habe ich wenigstens zu ihm, daß er sich im väterlichen Hause zu nichts sortreißen lassen wird! Roderich und dieses Mädchen! Ja doch, schön ist sie, für brav halte ich sie auch, ich mag sie sehr gern, und gegen die Herkunft ist am Ende auch nichts einznwenden. Uebri- gens, Roderich ist mündig!"

Eine Verbindung Beider läge doch immer noch sehr weit im Felde," meinte die Mutter.Und wer weiß, ob über­haupt ?"

Aber unser armes Kind vor Allem!" unterbrach sie Volkmar.Wie wird Konradine es tragen?"

Um sie ist mir am wenigsten bange! Schmerzlich wird sie es empfinden, aber es wird sie nicht tiefer erschüttern, als es soll. Es war bei ihr vielleicht mehr herz­liche Gewöhnung als unbedingte Neigung. Vielleicht wird sie sich mehr verletzt als im Gemüthe berührt empfinden. Sie ist bei aller Warmherzigkeit eine ruhig ver­ständige Natur, schnell gefaßt zum Han­deln, vielleicht auch zum Entsagen. Ver­liert sie viel, so bleibt ihr immer noch der geliebte Bruder, zu welchem sie das schwesterliche Verhältuiß wiedersinden wird."

Du weißt das gar tröstlich darzn-