Heft 
(1881) 300
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Roqucttc: I

stellen! Es geht damit doch ein schöner Trauni verloren!"

Laß es denn einen Traum gewesen sein! Ich habe ihn niemals mit rechtem Zutrauen geträumt. Und vielleicht bietet sich für den Traum eine Wirklichkeit, die eine bessere Bürgschaft des Glückes wäre. Wenn Kvnradine und Roderich ein Paar - würden, so entführte er sie uns weit, weit weg; denn wer weiß, wohin sein Lebens­weg noch geht! Es bietet sich aber eine Möglichkeit, wie wir unser Kind wohl aufgehoben, glücklich ich bin überzeugt davon! und doch in unserer Nähe be­hielten. Paul Schellborn zeigt eine zarte Neigung für Konradine, und es ist mir nicht zweifelhaft, daß er um sie wirbt."

Paul Schellborn? Das wäre! In der Thal, solch ein Ersatz könnte willkommen sein! Aber du erzählst mir ja von einem ganzen Roman in unserem Hanse! Ist etwa schon irgend etwas ge­schehen?"

Nichts! nichts! Es sind nur Be­obachtungen, aber ich glaube, daß mich dieselben nicht täuschen werden. Unsere jungen Nomanlentchen sind alle gut, brav, ordentlich, haben den besten Willen, sich ans der Verwickelung zu befreien, aber Mangel an Erfahrung läßt sie sämmtlich unter dem Drucke leiden. Eine Lösung aber muß angestrebt werden, und bald, denn diese Gemüthslagen sind ausreibend. Von wo ans die Lösung kommen soll? Ich weiß noch nicht, aber ich stehe nicht dafür, daß ich sie nicht endlich selbst in die Hand nehme. Alles in Allem, be­reiten wir uns nur ans etwas ernste Tage vor!"

Die werden denn wohl zu erwarten sein!" bestätigte Volkmar. Die Aus­sicht auf einen Schwiegersohn wie Paul Schellborn war ihm sichtlich angenehm, ja sie hatte etwas Tröstliches. Denn der Verlust wurde durch ihn zum Gewinn. Behielt er doch in Roderich immer noch

lga Svendsoii.

den Sohn, wie er ihn einmal nicht anders nannte und mit Genugthnnng nennen durfte. So verweilte er im Gespräch länger bei dieser erwünschten Aussicht. Dann, zu seiner Gattin gewendet, fragte er:Glaubst du im Ernst, daß Roderich und Inga für einander passen?"

Die Hausfrau antwortete nicht, sondern erhob sich, ans ein Geräusch lauschend, welches sie im Hause vernahm. Sie hörte Stimmen durch einander, welche, lauter und lauter werdend, sich dem Gemache näherten. Auch der Oberförster stand auf und öffnete die Thür.Was giebt es?" ries er.Die Lampe herein! Wer ist da?"

Ein Waldhüter war gekommen mit der Nachricht, daß etwa eine Stunde von Eisenthal ein Waldbrand ansgebrochen sei. Die Förster wären zwar mit Arbei­tern schon rüstig bei der Hand, Gräben zu ziehen und der weiteren Ausbreitung vorznbeugen, hätten ihn aber mit der Meldung an den Oberförster geschickt. Die Gefahr war immerhin drohend. Volk­mar ließ unverzüglich satteln und gebot, einen Wirthschastswagen anzuspaunen, um Knechte mit Spaten und sonst nöthigen Geräthschaften in Eile zur Stelle zu schassen. Während er selbst sich rüstete, gab der Bote fernere Auskunft: Jenseits der den Thalkessel umgebenden Hügel, wo auf dem Sandgrund eine trockene Kie- sernebene sich ausbreite, sei der Brand zuerst wahrgenommen worden. Der Kie­fernstand gehörte zum Theil dem Gute des Grafen Spach an, und zu diesem wehe der Wind die Gluth hinüber. Ent­standen aber sei das Unglück in dem Ge­biet von Eisenthal. Dort habe man gestern eine Zigennerbande aufgehoben und verjagt. Entweder wäre von ihnen durch Unvorsichtigkeit beim Kochen der Brand verschuldet oder das Gesindel habe aus Bosheit den Wald hinter sich angezündet. Dem Oberförster war das Letztere wahrscheinlich. Schon saß er zn