Roquette: Inga Svendson.
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zusammen, um weiter zu kommen. Der Wald mußte doch ein Ende haben, dachte sie, und hoffte immer noch die Richtung nach der Eisenbahn zu haben, nicht ahnend, daß sie sich nur weiter und weiter davon entfernte, in die. meilenweite Ausdehnung des Reviers. Da war es ihr, als spürte sie einen leisen brenzlichen Geruch. Sie gab anfangs nicht Acht darauf, aber der Geruch, wie von verbrannten Kiefernnadeln, wurde schärfer. Sie wendete sich, und obgleich ihr Auge nur wenig wahrnahm, kam es ihr vor, als ob eine Dampfwolke am Erdboden herwehte., sie einhüllte und, vom Wind getrieben, wieder verflog. Aber ein neues Gewölk von Qualm wälzte sich vorüber und versetzte der Irrenden fast den Athem. Mit einem Mal wirbelte es wie ein Funkentanz, der in einiger Entfernung hinter ihr herkam. Sie starrte nach der Erscheinung hin. Glühwürmer konnten es nicht sein. Es hüpfte auf dem Erdboden hin, blitzte auf, da und dort, fuhr an den Stämmen hinauf, erlosch, faßte wieder Grund, flog in die Höhe und fiel in Funkencascaden nieder. Jetzt rannte es wie züngelnde Feuerschlangen über das trockene Moos; es ringelte sich an den dürren Flechtengewächsen der Stämme zu den Wipfeln, verhundertfachte sich oben und unten. Der Waldboden brannte! Inga schrie auf vor Entsetzen, aber sie nahm wahr, daß sie die Gefahr noch im Rücken hatte, und sie dachte auf ihre Rettung. So floh sie vor dem schrecklichen Feinde her, in der Todesangst, von ihm überholt Zu werden. Schon mußte er über ihrem Haupte sein, denn durch eine neue, fast erstickende Dampfwolke prasselte es nieder von tausend Funken, glühenden Zweigen und Tannenzapfen. Sie schüttelte entsetzt ihre Gewänder und beflügelte den Schritt, zumal die Bäume vor ihr gelichteter standen. Es war ein breiter Fahrweg, in den sie gelangte, aber tiefer Sand machte
ihr das Fortkommen schwierig. Dennoch stürmte sie in athemloser Flucht vorwärts. Das feindliche Element hatte sie erreicht. Rechts und links am Wege knisterte, funkelte, flammte es ans, eilte ihr am Boden voraus, schlug zu den Stänimen, schüttete feurigen Regen über die Straße, hüllte Alles in gelbrothen, erstickenmachenden Dampf. Die Irrende fühlte ihre Kräfte wanken, ihre Kleider in Gefahr, sie sah die Straße durch eine Flammenstreu nn- wegbar gemacht. Ein Aufschrei der Verzweiflung entglitt ihrer Brust, sie gab sich verloren. Aber sie hörte Menschenstimmen, Geräusch von Werkzeugen, und sie nahm ihre Kraft noch zu einem Ruf zusammen. Da fühlte sie sich von starken Armen umfaßt und davongetragen. Noch hörte sie die Worte ihres Retters: „Inga? Um Gotteswillen! Wie ist es möglich?" Dann ließ sie das Haupt auf seine Schulter gleiten, und eine Ohnmacht nahm ihr das Bewußtsein.
Roderich, der den Schrei zuerst vernommen hatte und in die Gluth gesprungen war, ohne zu ahnen, wen er daraus retten würde, trug seine Beute über den breiten Graben, den man mit mächtiger Arbeit gezogen, um dem Brande zu wehren. Drüben war jüngere Schonung, von der man die Gefahr abgewendet hatte; doch noch waren kräftige Männer in Menge auf der ganzen Reihe geschäftig bei den nöthigen Vorkehrungen. Alle Nachbarn leisteten Hülse. — Roderich eilte mit der geliebten Last aus dem Bereich der Gluth und mußte Hülfe anderer Art herbeirnfen. Er ließ sich auf ein Knie und senkte die Ohnmächtige vor sich nieder. Aber nicht so schnell war es den stark in Anspruch Genommenen möglich, seinem Ruse zu folgen, zumal Niemand wußte, daß es außer dem Walde noch etwas zu retten gab. Er hatte Zeit zu dem Versuch, sie mit ihrem Namen in jedem liebevollen Tone zu wecken, sie mit dein seinen laut