Heft 
(1881) 300
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708 Jllustrirte Deuts

der Oberförsterei gefunden und um Weih­nachten Herz und Hand Konradinens so­wie die Einwilligung der Eltern erwor­ben. Gegen Ostern aber war es, daß auch im Schlosse des Grafen Spach ein Freudenfest gefeiert wurde. Denn dem Hause war ein Erbe geboren, und zwei Brautpaare übernahmen Pathenstellen bei dem Täufling. Auguste hatte dem Wunsche ihres Gatten nachgegeben, für den Winter nicht in die große Welt zu­rückzukehren, und es war ihr gelungen, sich in das Landleben zu finden. Das Mutterglück milderte ihr ganzes Wesen, sie erschien jünger , liebenswürdiger, vor Allem in sich selbst glücklicher. Für Inga und Rolf, welche sie und der Graf offen als ihre Geschwister anerkannt hatten, sorgten sie in jeder Weise, und Rolf lernte nicht nur sich in seine neue Familie zu fügen, sondern auch darin harmlos vergnügt zu sein. Mit Auguste stand er auf dem besten Fuße, sie wurde nicht müde, ihn durch kleine Neckereien heraus­zufordern, und sie freute sich, wenn sie durch seine geweckten und geistvollen Ent­gegnungen ebenso wie durch seine Kunst vor der Gesellschaft Staat mit ihm machen konnte. Auch heute, zumal bei der Taufe des ersten Sohnes, hatte Gras Spach eine große Gesellschaft im Schlosse versammelt.

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Nachdem Rolf auch etwas von seiner Kunst zum Besten gegeben, ergriff er nochmals die Geige mit den Worten: Der Spielmann kennt seine Pflicht, beim lustigen Fest auch die Füße in Bewegung zu setzen. Bald hoff' ich zwei Brautpaaren auf der Hochzeit zu geigen, heut' aber spiel' ich dem Täufling den ersten Reigen auf, und Alle sollen ihn tanzen für ihn, bis einst der alte Musikant auch seine Füße beflügelt!" Kräftig strich er darauf los und ließ einen Tanzrhythmns von den Saiten klingen, von der Gesellschaft laut begrüßt. Roderich und Inga, ein von Glück strahlendes Paar, flogen vorauf, Paul und Konradine folgten, und bald drehte sich Alt und Jung im Kreise. Schon aber hatte ein Anderer am Clavier Platz genommen, um den jungen Künstler abzulösen. Auguste eilte aus Rolf zu, um ihn in die Reihen zu ziehen.Heut' tan­zen wir znm ersten Mal mit einander, Brüderchen!" sagte sie.Dein Neffe soll dir's einst gedenken, daß du auf seiner Taufe gespielt! Inzwischen bleiben wir drei, Inga, du und ich, gute, treue Ge­schwister!" Es war ein fröhliches Fest, um so fröhlicher für die Jugend, als man sich schon zu neuen Festen rüstete, die, wenn sie nicht so glänzend ausgestattet, doch um so beglückender werden sollten.