Franz von Sickingen.
Zum vierhundertjährigen Gedächtniß.
Bon
Karl Grün.
ls Goethe, von Herder ange- z regt, sich altdeutscher That- j kraft in Gothik und Geschichte ^ znwandte, pries er das Straßburger Münster und verherrlichte den Ritter Gütz v. Berlichingen. An dein rechten Ritter des sechzehnten Jahrhunderts, an dem typischen Helden mit großen weit- tragenden Ideen, griff er vorbei und nahm sich den kecksten Wegelagerer, Hecken- ränber und Stegreisritter ans dem Jahrhundert der Reformation heraus, der allerdings auch von Haß gegen Fürsten, Pfaffen und schwäbischen Bund über- sprndelte, aber nicht tragisch zu enden wußte; denn als Bauernanführer besiegt und gefangen, kroch er zu Kreuz und gelobte gegen Freilassung eidlich, kein Roß mehr zu besteigen, keine Nacht außer dem Hanse zuznbringen und seine Markung nicht mehr zu verlassen.
Wie dürftig ist doch in diesem Goethe- scheu „Götz" der andere, größere Ritter, Franz v. Sickingen, behandelt! Er tritt auf als Tröster einer verlassenen Braut und spricht im Tone eines witzelnden Sela- don des achtzehnten Jahrhunderts: „Bei Mädchen, die durch Liebesnnglück gebeizt sind, wird ein Heirathsvorschlag bald gar." Wie leicht läßt er sich von Götz bewegen, ihn in der Gefahr zu verlassen und, freilich um von außen Hülfe zu bringen, mit der jungen Frau abznziehen! Dann befreit er seinen, ihm nur vom
Dichter verliehenen Schwager in Heilbronn und enthüllt seine eigenen Pläne wider Trier und Pfalz sowie auf den Knrfürstenhut. „Du sollst bald der Schwager eines Kurfürsten sein." Daß der Dichter zu dieser Zeit den alten Kaiser Max noch leben läßt und im Futuro auf Karl hinweist, wäre das Wenigste; das mag so zur poetischen Licenz gerechnet werden.
Aber Goethe hätte nicht Goethe sein dürfen, wenn er es bei dieser Unterordnung Franzens belassen sollte. Die Absicht auf den Kurfürstenhut konnte ja ein abenteuernder Einfall in gewaltig aufgeregter Zeit sein, die so vielfach das Unterste zu oberst kehrte. Der Dichter aber hebt den Ritter Franz durch eine großartige Intuition, die er dem Weisungen in den Mund legt. Als Franz den Götz zu Heilbronn herausgehauen hat und die kaiserlichen Räthe ihn freilassen mußten, sagt Adelheid: „Sie hätten's nicht thun sollen," worauf Weisungen: „Sie saßen fest.
Was konnten sie machen? Sickingen drohte mit Feuer und Schwert, der hochmüthige, jähzornige Mann. Ich hass ihn. Sein Ansehen nimmt zu wie ein Strom, der nur einmal ein paar Bäche gefressen hat, die übrigen folgen von selbst." Und als Adelheid den Kaiser einwirft, replicirt Weisungen, der Kaiser habe gesagt: „Er ist mein treuer Diener; hat er's nicht auf meinen Befehl gethan, so that er doch