Heft 
(1881) 300
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Grün: Franz von Sickin gen

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1504 auf Seiten des Prätendenten Ruprecht von der Pfalz, der samnrt sei­nem Vater Philipp vom Kaiser Max in die Acht erklärt wurde. Schwicker refidirte in Landshnt selbst; er soll dann, der Sage nach, gefangen genommen und auf kaiser­lichen Befehl auf Burg Koppenstein ent­hauptet worden fein. Das stellt sich nun als unrichtig heraus; Schwicker starb im Jahre 1505 eines ruhigen Todes.

Franz war jetzt selbständiger Erbe und Herr auf der Ebernburg, auf Landstuhl und Hohenburg im Wasgau. Wie sah es damals und bald nachher im deutschen Reiche ans? Das thnt uns noth zu wissen, um auch nur die Anfänge und Vorübungen des Ritters zu begreifen. Denn mit dem vom Vater ererbten Rausritterthum, mit der bloßen Fehdelust würden wir gar bald nicht ausreicheu. Der Vater mag damit erklärt sein, nicht so der Sohn.

Kaiser Max hatte 1495 den ewigen Landfrieden aufgerichtet und das Reichs­kammergericht eingesetzt. Beide sollten sie dem unseligen Fehdewesen, dem Raubritter­thum, der ärgerlichen Selbsthülfe und der so schmählichen Wegelagerei ein Ziel setzen. Recht sollten die Fürsten und Herren fort­an am Reichskammergericht, zunächst in Worms, nehmen. Die Absicht war gut, aber die Institutionen entsprachen nicht den verfassungsmäßigen Zuständen des Reiches. Diese Zustände waren keines­wegs geordnet oder doch zum Nachtheile des ganzen kleinen Herrenstandes, des reichsumnittelbaren Adels, von den Bauern gar nicht zu reden, durch fort­währende Uebergrisfe seitens der Kur­fürsten und Fürsten zu einer Oligarchie ausgebildet worden, welche anderthalb Jahrhunderte später der westfälische Frie­den sanctionirte. Im sechzehnten Jahr­hundert, wo noch Alles im Werden war, gährte und kochte es bei allen Verletzten und Hintangesetzten. Es ist sehr leicht und eben deshalb so beliebt, sx pom das Gras der Geschichte wachsen zu hören und den später Verurtheilten den Proeeß selbst zum Vorwurf zu machen. Die Grafen, Herren und Ritter waren vom Reichstage ausgeschlossen, wo sie wenigstens Cnriat- stimmen nach Kreisen hätten haben sollen. Sie weigerten sich, den gemeinen Pfennig zu zahlen. Die Reichsunmittelbaren soll­ten vor den fürstlichen Landesgerichten

ihr Recht holen, wo sie dann auf Kläger oder Beklagten und Richter in einer Person stießen. Das Reichskammergericht bot weder Ersatz noch Abhülfe; es kam bald ins Verschleppen und zum Anhäufen von Actenbergen. Die fürstliche Macht wuchs zusehends; ihre Executivorgane waren das Beamtenthum und der Landsknecht; der Hofadel begann im ersteren nnterzngehen oder das letztere zu werden. Der unab­hängige Reichsadel, in fürstlichen Lehens­dienstverstrickt, suchte verzweifelt nach einer festen Position. Auch ökonomisch ging es ihm nicht zum besten seit dem Aufschwünge der Städte, die sich die unerträglichsten Monopole anzueignen wußten und den NamenPfeffersücke" gar wohl verdienten. Wenn sich an das Schiff des Kaufmanns das Gute" anhängt, so führte dasselbe Schiff am Bugspriet den Enterhaken und kaperte unbarmherzig, was ihm in den Weg lief. Der Luxus der Städte hatte schon seit dem fünfzehnten Jahrhundert den Adel angesteckt; da aber seine Erwerbs­mittel mit denen der Patricier nicht in Vergleicb kamen, so hieß es wörtlich: Woher nehmen und nicht stehlen?"

Das Ritterthum sah sich demnach auf zwei Dinge angewiesen: auf Selbsthülfe und auf Vereinigung zu Bünden, womög­lich zu einem großen Bunde. War doch auch der städtische Hansabund eine Ver­einigung ans eigene Faust; war doch der schwäbische Bund ein wesentlich im In­teresse der Fürsten geschlossener Pact, in welchen man den reichsfreien Adel förmlich hineinzwingen mußte. Bei der geringen Macht der einzelnen kleinen Herren war das Streben nach Verbindung unabweisbar und dem kühnsten unter ihnen zunächst die Aufgabe gestellt, sich zu Macht, Geltung und Ansehen zu bringen. In der Politik ist es lächerlich, von Egoismus, Verfolgung persönlicher Interessen u. dgl. zu reden. Ohne Ambition geht da nichts ab, nur muß sich das Selbst zum größeren Selbst erweitern, repräsentativ werden.

Franz v. Sickingen fühlte zunächst diese Mission an seine Rippen pochen: etwas aus sich zu machen in dem allge­meinen Aufstreben der Zeit, auf dem ge­wohnten Wege sich zur Geltung zu brin­gen und im Bunde mit Gleichgestellten Stärke zu empfangen und zu geben.

Von seinen Thaten im Landshnter