Heft 
(1881) 300
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Grün: Franz

Parma für 30 000 Gulden verbürgt; das Kupfer hat Sickingen nie bekommen; feine Pnlvervorräthe waren stark verbraucht. Der entscheidende Feldzug gegen Trier war schon an der Maas verloren. Die ganze Speculation auf den Kaiser ging in die Brüche.

Das Ritterthum hatte, ganz abgesehen von der über Luther verhängten Acht und dem daraus hervorgehenden großen Ein­fluß der Curie, gar keine Ursache, mit den Ergebnissen des Wormser Reichstags zu­frieden zu sein. Es war dort ein neuer Landfrieden aufgerichtet worden, der den Fürsten die Selbsthülfe wider Friedens­brecher gestattete, noch ehe diese citirt und in die Acht erklärt worden. Das hieß die Ritter einzeln den Territorialherren preisgeben; denn so arg auch das Wege­lagern hin und wieder getrieben werden mochte, fortan konnte Alles, jeder Streit, jedes Uebelwollen auf diesen Karren ge­laden werden. Die Fürsten brauchten sich bloß zu einigen, so räumten sie, Land­schaft nach Landschaft, mit den Rittern auf.

Die Ritterschaft protestirte zunächst heftig gegen die ihr angedrohte Unbill (1522), und das in Nürnberg eingesetzte Reichsregiment, das Vorbild der Ver­weserschaft, kündigte auch eine Reform der obigen harten Bestimmung an, die im folgenden Jahre auf dem Reichstag zur Verhandlung kommen sollte.

Gerade jetzt ging Sickingen mit Gewalt­gedanken um, die er das Jahr vorher zn- rückgewiesen hatte. Allerdings lag im ganzen Südwesten noch Brennstoffs genug umher. Der schwäbische Bund nahm sich arge Dinge gegen die Reichsunmittelbaren heraus; die Grafen und Herren in Schwa­ben, auch der Truchseß von Waldburg, verweigerten den Eintritt in den fürst­lichen Bund. Sie mußten durch ein kai­serliches Mandat gezwungen werden. Die Ritter des Mittelrheins und der Wetteran hielten am 18. Juni 1522 einen Tag, zu welchem Hutten erschien. Sickingen selbst berief die Ritterschaft, vornehmlich des Oberrheins, auf den 13. August nach Landau und stiftete dort dieBrüderliche Vereinigung der Ritterschaft", zu deren Hauptmann er erwählt wurde. Welt­lichen Ständen wurde der Beitritt offen gelassen, die geistlichen blieben ausge-

von Sickingen.

schloffen. Einen mächtigen geistlichen Stand dachte Sickingen zunächst niederznwerfen. Der Hauptinhalt des Bundesbriefes be­zog sich auf den Austrag von Streitig­keiten zwischen Ritter und Ritter, Rittern und Fürsten. Untersiegelt werden sollte der Brief erst zwei Monate und vierzehn Tage später. Bis dahin gedachte der Hanptmann eine entscheidende That voll­bracht zu haben.

Es ist wohl anzunehmen, daß Sickingen diese That in den osfieiellen Verhandlun­gen nicht zur Sprache gebracht hat; ebenso natürlich ist es aber, daß er im vertrau­lichen Gespräch mit völlig Gleichgesinnten davon gesprochen hat, um so mehr, als er ja der Hülfe der Freunde bedurfte. Uebri- gens hat sich um den Landauer Tag auch viel Apokryphes abgelagert. Gewißlich hat Sickingen nicht ansgerufen:Ich will euch Ziska sein!" Das lag nicht in sei­nem Charakter. Der Ausdruck stammt aus einem Hutten'schen Dialog von 1521, wo Sickingen auf die Frage nach Ziska antwortet: er sei nicht durchaus abgeneigt. Auch imNeukarsthans", dessen Urheber immer noch nicht ermittelt worden, ob­wohl er sicher aus Hntten'schen Kreisen stammt, kommt Aehnliches vor; immer aber werden solche Schlager Sickingen von Anderen untergelegt.

Wenn Sickingen einmal bei Hutten vier Arten von Räubern aufzählt, erstens: die Wegelagerer, zweitens: die Kanfleute, Monopolisten und Fugger, drittens: die Schreiber und Juristen, viertens: die Geistlichen, so hatte er für jetzt nur einen Geistlichen im Auge, allerdings einen im rothen Hut, den Kurfürsten Richard v. Greisfenklan zu Trier. Er zog ans gegen Pfaffen und Klöster und wollte, wie der bibelfeste fromme Hartmut v. Kronberg sagte,dem Evangelium eine Oeffnnng machen".

Gründe zur Fehde waren damals so wohlseil wie Brombeeren, und wir wüßten nicht, daß sie seitdem viel thenrer gewor­den wären. Der stolze geistliche Herr war bei der Kaiserwahl französisch ge­wesen: das sollte unseren Ritter gegen Karl V. decken; in diesem Sinne führte er den kaiserlichen Adler ins Feld. Wäh­rend er mit Rittern und Knechten, viel­leicht 10 000 Mann stark, auszog, erscholl die Werbetrommel für ihn in den Nieder-