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landen, im Kölnischen, Cleveschen, in Limburg und Lüttich. Ein kühnes Manifest an des Kurfürsten Unterthanen flog ihm voraus: er komme im Namen des Evangeliums, die Unterthanen des Erzbischofs zu befreien; seine Krieger würden sich jeder Grausamkeit enthalten. Auf den Aermeln feiner Reiter waren die Worte eingestickt: „O Herr, dein Wille werd'!"
Vergebens hatte der kluge Balthasar Schlör seinen Herrn gewarnt: er habe drei Feinde statt eines vor sich, Trier, Hessen und Pfalz. An die Feindschaft von Pfalz mochte Franz durchaus nicht glauben. Noch während des Landauer Tages aber sandten die drei Fürsten ihre Räthe nach Oberwesel, wo beschlossen wurde, daß man sich kraft der Erbeinigung gegenseitig Hülfe wider einen Angriff leisten würde. Halb gewogen blieb dem Ritter nur der Kurfürst Albrecht von Mainz, der bei Ueberschreitung des Rheins von Seiten der Zuzügler beide Angen zudrückte.
Sickingen langte am 3. September vor St. Wendel an, welches sich allsofort ergab. Hier öffnete Franz allzu früh das Visir. Zn den gefangenen Rittern des Kurfürsten sagte er: „Pferde und Harnisch sind verloren, ihr habt aber einen Kurfürsten, der kann und mag euch, wo er anders bleibt, wohl bezahlen. Wo aber Franz ein Kurfürst von Trier wird, als er wohl thun könnte und thun will, und dies nicht allein als das Geringste, sondern ein Mehreres, so wird er euch, die Gefangenen, auch wohl ergehen." Er wollte also protestantischer Kurfürst werden und das Erzbisthum Trier säculari- siren!
So nahe glaubte er sich seinem jetzigen Ziele, und so weit war er davon entfernt! Um den immer noch erwarteten Zuzug aufznnehmen, vertrödelte er viele kostbare Tage an der Saar. Am 8. September stand er endlich vor Trier. Da aber mußte er finden, daß er sich den gefährlichsten Gegner erwählt, daß er einen wahren „Greiffenklan" vor sich hatte, der das geistliche Gewand über dem ritterlichen Harnisch trug. Richard wußte selbst die Unzufriedenen, ja die Priester und Frauen zum tapferen Festungsdienst zu entflammen. Kein Abfall; der Pfeil, an welchem die Aufforderung zur Uebergabe der Stadt
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befestigt war, flog auf des Schützen Brust i zurück. Das Kloster St. Maximin, vor i der Stadt gelegen und vorzüglich zur Anf- j stellung von Belagerungsgeschütz geeignet, steckte Richard sammt allen aufgehänften Vorräthen mit eigener Hand in Flammen. Sickingen's Kugeln wollten nicht verfangen, während die Schüsse der Belagerten nur allzu wohl trafen.
Der Landgraf von Hessen und der Kurfürst von der Pfalz waren nicht säumig ; sie rüsteten tüchtig und sandten Boten aus Boten nach Trier. Das Reichsregiment mischte sich ein; es verordnete, daß Hessen, Pfalz und Mainz ihre Unterthanen ans Sickingen's Lager heimbernfen sollten, sandte aber auch einen mahnenden Boten zu Sickingen. Franz aber, bei der tragischen Krisis angelangt, verlor die Haltung und fuhr den Boten an: er werde besseres Recht schaffen als das kaiserliche. Der Bischof möge Reitersmann werden, wenn er Bischof sei! Der Kaiser solle mehr Geld finden, wenn er wiederkomme.
Der Ritter hatte kein Geld mehr, und das Pulver wurde ihm knapp. Der ersehnte Zuzug blieb aus. Hessen hatte ihm 1500 Mann sammt seinen Briefen an Minkwitz abgefangen. Am 14. September zog er ab. Am 10. October wurde er ohne Vorladung in des Reiches Acht erklärt. Der Kaiser sagte ihm persönlich ab. Der Plan war gescheitert, die Rache bereits beschlossen.
Eine letzte Hoffnung — das ist so Aufgabe des vierten Actes — leuchtete noch. Eine unerbittliche Reaction drohte im Reiche heran; niemals wissen sich die Sieger in solchen Fällen zu mäßigen. Das Reichsregiment konnte und wollte nicht die drohenden Uebergriffe der über- müthigen Fürsten dulden. Leider gab es keinen wirklichen Kaiser in Deutschland!
Während des Winters von 1522 auf 1523 begnügten sich die drei Fürsten damit, Sickingen's Burgen umschwärmen zu lassen, wie er es weiland mit Worms gemacht, ihm jeden Zuzug abzuschneiden. Aber gegen seine Freunde und Schützer ergoß sich der Strom alles verhaltenen Grolls. Zuerst kam der bibelfeste Hartmut v. Kronberg an die Reihe, der doch bloß die Ebernburg während der Krise verwaltet hatte; er ward belagert und verjagt. Uebergehen wir die zahlreichen anderen