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I. van Bebb er: Die Wetterprognose.
eines dünnen WolkenjOirrnMiÄtuchschleiers, der sich nach und nach weiter ausbreitet, und der von der Richtung des Unterwindes nach rechts abgelenkte Wolkenzug. Nachdem das Centrnm den Ort passirt hat, setzt der vorher gewöhnlich abflauende Wind mit zunehmender Stärke aus der gerade entgegengesetzten Richtung (Nordwest) ein, das Barometer fängt an zu steigen, das Thermometer sinkt; die Wolkendecke zerreißt, die Niederschläge fallen immer spärlicher und nur noch in Schauern, die Bewölkung nimmt immer mehr ab. — Liegt der Ort südlich von der Bahn des Minimums, geht also das Minimum nördlich vorüber, so wird zuerst Südost- oder Südwind eintreten, der zunächst langsam, dann rascher nach Südsüdwest, West, Westsüdwest und Nordwest übergeht (rechtdrehend), wobei das Wetter sich in der vorher besprochenen Weise um so vollständiger ändert, je näher der Ort an der Bahn liegt. — Liegt endlich der Ort nördlich von der Bahn oder geht das Minimum südlich vorüber, so setzt der Wind etwa mit U8U (U international für Ost) ein, geht durch U allmälig nach und (Znrückdrehen, Krimpen des Windes). Die hiermit verknüpften Aenderungen in der Witterung können leicht abgeleitet werden und sind den oben besprochenen ganz ähnlich.
Bei weitem die meisten Minima gehen nördlich an uns vorüber, und dann ist die Aenderung der Windrichtung meist eine rechtdrehende, so daß der Südost gewöhnlich in einen stärkeren Südwest und West übergeht, der darauf häufig nach Nordwest dreht, wobei dann gleichzeitig die oben besprochenen Witterungsänderungen vor sich gehen. Hierdurch findet das Dove'sche Drehungsgesetz eine sehr einfache Erklärung und tiefere Begründung.
Obige Erörterungen geben uns eine allgemeine Vorstellung von dem Gange der atmosphärischen Erscheinungen, wie sie in Wirklichkeit am häufigsten stattfinden; allein Abweichungen von diesen Regeln kommen außerordentlich oft vor, und gerade hierin liegen die großen Schwierigkeiten, welche sich dem ausübenden Meteorologen entgegenstellen. Von hervorragender Bedeutung sind die Theil- minima und die Ausläufer der Depressionen oder Ausbuchtungen der Isobaren,
welche sich gewöhnlich gleichzeitig mit den Hauptminima fortbewegen. Ein Beispiel eines Theilminimums findet sich auf Karte I an der Südspitze von Grönland. Diese secundäreu Bildungen pflegen in der Regel schnell fortzuschreiten und sind insbesondere bei rascherer Entwickelung häufig von stärkeren Witterungswechseln begleitet, als dieses bei vollkommen ausgebildeten Depressionen einzutreten Pflegt, namentlich geben sie oft Veranlassung zu ergiebigen Niederschlägen und im Sommer zur Gewitterbildung.
Man sieht also, daß es sich bei der Vorausbestimmung des Wetters hauptsächlich um die Bestimmung der Fortbewegung und der Umwandlungen der barometrischen Depressionen handelt, und man darf wohl sagen, daß die weitere Entwickelung des Prognosendienstes insbesondere von dem Fortschritt in dieser Kenntniß abhängt. Sehr oft liest man die Behauptung, daß es fast unmöglich sei, für ein größeres Gebiet Prognosen zu stellen, und daß ein praktischer Witterungskundiger am Orte die auf Grundlage der Witterungsnachrichten aus ganz Europa für ein größeres Gebiet aufgestellten Prognosen mit Erfolg modificiren könne. So unzweifelhaft es auch ist, daß durch die Beschaffenheit des Terrains locale Einflüsse auf den Witterungscharakter ausgeübt werden, daß hierdurch z. B. locale Niederschläge, locale Gewitter auftreten können, so ist doch wohl Niemand im Stande, jene Erscheinungen aus den localen Wetteranzeigen mit einiger Wahrscheinlichkeit vorauszusagen, noch weniger, deren Ausbreitung, Dauer oder Intensität vorher zu bestimmen. Sehr wünschenswerth ist es, daß jene localen Einflüsse auch in Bezug auf die Prognosen eingehend studirt werden, allein verwerflich ist jedenfalls die Ansicht, daß jede meteorologische Station auch berufen sei, Prognosen zu stellen oder zu modificiren; dieses muß vorläufig noch der Centralanstalt oder hinreichend mit der Meteorologie Vertrauten überlassen werden, denen ein genügendes Material von der Centralanstalt zugeht.
Was die bereits bei den Prognosen erzielten Erfolge betrifft, so ist es nach dem jetzigen Stande der ausübenden Witterungskunde der Seewarte möglich, auf