Heft 
(1881) 300
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I. van Bebb er: Die Wetterprognose.

eines dünnen WolkenjOirrnMiÄtuchschleiers, der sich nach und nach weiter ausbreitet, und der von der Richtung des Unter­windes nach rechts abgelenkte Wolkenzug. Nachdem das Centrnm den Ort passirt hat, setzt der vorher gewöhnlich abflauende Wind mit zunehmender Stärke aus der gerade entgegengesetzten Richtung (Nord­west) ein, das Barometer fängt an zu steigen, das Thermometer sinkt; die Wolkendecke zerreißt, die Niederschläge fallen immer spärlicher und nur noch in Schauern, die Bewölkung nimmt immer mehr ab. Liegt der Ort südlich von der Bahn des Minimums, geht also das Minimum nörd­lich vorüber, so wird zuerst Südost- oder Südwind eintreten, der zunächst langsam, dann rascher nach Südsüdwest, West, West­südwest und Nordwest übergeht (recht­drehend), wobei das Wetter sich in der vorher besprochenen Weise um so voll­ständiger ändert, je näher der Ort an der Bahn liegt. Liegt endlich der Ort nörd­lich von der Bahn oder geht das Minimum südlich vorüber, so setzt der Wind etwa mit U8U (U international für Ost) ein, geht durch U allmälig nach und (Znrückdrehen, Krimpen des Win­des). Die hiermit verknüpften Aenderungen in der Witterung können leicht abgeleitet werden und sind den oben besprochenen ganz ähnlich.

Bei weitem die meisten Minima gehen nördlich an uns vorüber, und dann ist die Aenderung der Windrichtung meist eine rechtdrehende, so daß der Südost ge­wöhnlich in einen stärkeren Südwest und West übergeht, der darauf häufig nach Nordwest dreht, wobei dann gleichzeitig die oben besprochenen Witterungsänderun­gen vor sich gehen. Hierdurch findet das Dove'sche Drehungsgesetz eine sehr ein­fache Erklärung und tiefere Begründung.

Obige Erörterungen geben uns eine allgemeine Vorstellung von dem Gange der atmosphärischen Erscheinungen, wie sie in Wirklichkeit am häufigsten stattfinden; allein Abweichungen von diesen Regeln kommen außerordentlich oft vor, und gerade hierin liegen die großen Schwie­rigkeiten, welche sich dem ausübenden Meteorologen entgegenstellen. Von her­vorragender Bedeutung sind die Theil- minima und die Ausläufer der Depressio­nen oder Ausbuchtungen der Isobaren,

welche sich gewöhnlich gleichzeitig mit den Hauptminima fortbewegen. Ein Beispiel eines Theilminimums findet sich auf Karte I an der Südspitze von Grönland. Diese secundäreu Bildungen pflegen in der Regel schnell fortzuschreiten und sind insbesondere bei rascherer Entwickelung häufig von stärkeren Witterungswechseln begleitet, als dieses bei vollkommen aus­gebildeten Depressionen einzutreten Pflegt, namentlich geben sie oft Veranlassung zu ergiebigen Niederschlägen und im Sommer zur Gewitterbildung.

Man sieht also, daß es sich bei der Vorausbestimmung des Wetters haupt­sächlich um die Bestimmung der Fort­bewegung und der Umwandlungen der barometrischen Depressionen handelt, und man darf wohl sagen, daß die weitere Entwickelung des Prognosendienstes insbe­sondere von dem Fortschritt in dieser Kenntniß abhängt. Sehr oft liest man die Behauptung, daß es fast unmöglich sei, für ein größeres Gebiet Prognosen zu stellen, und daß ein praktischer Witte­rungskundiger am Orte die auf Grund­lage der Witterungsnachrichten aus ganz Europa für ein größeres Gebiet aufge­stellten Prognosen mit Erfolg modificiren könne. So unzweifelhaft es auch ist, daß durch die Beschaffenheit des Terrains locale Einflüsse auf den Witterungscharak­ter ausgeübt werden, daß hierdurch z. B. locale Niederschläge, locale Gewitter auftreten können, so ist doch wohl Nie­mand im Stande, jene Erscheinungen aus den localen Wetteranzeigen mit einiger Wahrscheinlichkeit vorauszusagen, noch weniger, deren Ausbreitung, Dauer oder Intensität vorher zu bestimmen. Sehr wünschenswerth ist es, daß jene localen Einflüsse auch in Bezug auf die Progno­sen eingehend studirt werden, allein ver­werflich ist jedenfalls die Ansicht, daß jede meteorologische Station auch berufen sei, Prognosen zu stellen oder zu modifi­ciren; dieses muß vorläufig noch der Centralanstalt oder hinreichend mit der Meteorologie Vertrauten überlassen wer­den, denen ein genügendes Material von der Centralanstalt zugeht.

Was die bereits bei den Prognosen er­zielten Erfolge betrifft, so ist es nach dem jetzigen Stande der ausübenden Witte­rungskunde der Seewarte möglich, auf