Heft 
(1881) 300
Einzelbild herunterladen

Epilog.

eglicher Abschied hat ein Ge­fühl tiefer Wehmuth ini Ge­folge, auch wenn er unter den Änspicien eines Wiedersehens genommen wird. Indem wir darangehen, den Epilog eines Vierteljahrhunderts zu sprechen, das über diesenMonatsheften" dahingegangen, ergreift uns eben dieses Gefühl von Wehmuth. Wie der Schim­mer der Abendröthe lagert es sich über jeder Scheidestnnde, und ein elegischer Hauch umweht uus, da wir Vergangen­heit und Gegenwart unseres Unternehmens im Geiste mit einander verknüpfen und die Geschichte dieses Zeitraumes so noch einmal an unserem geistigen Auge vorüber­ziehen lassen.

Es gilt nun, an dieser Stelle nur in kurzen Zügen Rückschau zu halten in die Vergangenheit, Umschau in der Gegenwart und Ausschau in die Zu­kunft dieser Zeitschrift, soweit solche sterb­lichem Auge nicht verwehrt ist.

Es war eine trostlose, schlaffe Zeit, als dieseMonatshefte" ins Leben tra­ten. Die besten Söhne der Nation waren freiwillig oder unfreiwillig in das Exil gegangen oder verbannten sich selbst zu einsamer Zurückgezogenheit vom öffent­lichen Leben und vertieften sich in die Vergangenheit, weil ihnen die Gegenwart so trostlos erschien. Auf allen Gebieten des politischen und socialen wie des reli­giösen und literarischen Lebens zeigte sich ein die ganze Nation durchdringendes Ge­fühl der Unzulänglichkeit der bestehenden Zustände, der Unzufriedenheit und Unbe­haglichkeit mit und in denselben.

In der periodischen Literatur eines

Monatshefte,!,. 800. September 188 !. Vier

Volkes spiegelt sich der Entwickelungsgang seines geistigen Lebens am deutlichsten; wenn wir das Leben dieses Jahrzehnts erkennen wollen, so müssen wir es in den Zeitungen und Zeitschriften jener Epoche aufsuchen aber ach, auch dort findet sich des Tröstlichen gar wenig! Auch dort kehrt das Gefühl der Unzufriedenheit mit der Gegenwart immer wieder; es durchweht alle politischen Betrachtungen, es durch­zuckt alle poetischen Hervorbringnngen. Kein Wunder, daß in solcher Zeit die literarische Coterie, die politische Clique vor Allem und allein zur Blüthe gelangen und in Samen schießen! Die literarische Coterie, die die Trennung zwischen dem Norden und dem Süden künstlich aufrecht erhalten, die politische Clique, die je nach ihrem Dafürhalten

das Vaterland aus ihre Weise befreien und einigen will, beide sich in unfrucht­baren Erörterungen, mehr aber noch in wüstem Gezänk oder gar in erbitterter Feindschaft verlierend und zersplitternd.

Wer es verstände, über diesem Treiben und außerhalb dieser Coterien einen Brenn­punkt des geistigen Lebens zu schaffen, er könnte wäre er ein Manu der That

ein Werk schaffen von bleibender Be­deutung, das den Jammer und die Wirr- niß dieser Tage überdauern würde! In Vielen mag wohl damals diese Idee Keime getrieben haben, Viele auch haben sich in Anläufen versucht Einer aber hat sie zur Ausführung gebracht, voll und ganz im Sinne der Zeit und doch auch wiederum mit einer Energie und einem Verständniß, das den anderen Mit- strebcnden fehlte.

le Folge, Bd. V! 86.

50