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Tode vollendete er binnen zehn Jahren 1007 englische Meilen mit einem Kostenauswande von 126,000,000 Dollars.
Die erste Bahn, deren Bau durch das Erdbeben von 1868 unterbrochen wurde, führte vom Hafen Mollendo am großen Ozean nach der 2500 Meter hoch gelegenen Stadt Arequipa und wurde im Anfang 1871 mit einem Gepränge eröffnet, welches alles hinter sich znrückläßt, was man bei derartigen Festlichkeiten zu sehen gewöhnt ist. Die goldenen und silbernen Erinnerungsmedaillen, die Meiggs prägen und bei dieser Gelegenheit vertheilen ließ, hatten einen Werth von 100,000 Doll.; Meiggs miethete einen großen Dampfer, die „Panama", ließ mit diesem von Lima 600 der angesehensten Personen abholen und eine Woche lang auf feine Kosten einquartieren und verköstigen; der Präsident der Republik, General Balta, erschien mit einem Gefolge von 1000 Mann, und war mit allen diesen — der Gast des ehemaligen bankerotten Holzhändlers. Für- wahr, ein Aufwand, wie ihn kaum der aegyptische Vizekönig bei der Eröffnung des Suezkanals trieb.
Die großartigste Bahn aber, die Meiggs baute, ist jene von Lima nach Oroya über die westlichen Kordilleren, über enge tiefe Schluchten, himmelhohe steile Felsen und furchtbare Abgründe hinweg. Sie ist unbedingt das gewaltigste Eisenbahnwerk, welches je auf der Welt zur Ausführung gekommen ist, wie schon folgende Zahlen beweisen. Der höchste Punkt
der Semmeringbahn liegt in ... .
. . 907
Nieter
der Gotthardbahn „ ....
. . 1163
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der Montcenisbahn „ ....
. . 1295
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der Brennerbahn „ ....
. . 1396
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der Pacificbahn „ ....
. . 2512
der Oroyabahu „ aber in . .
. . 4769
Hier führt also die Eisenbahn in Montblanchöhe über das Gebirge und alles, was zu ihrem Ban gebraucht wurde, mußte aus den Vereinigten Staaten oder England bezogen werden.
Henry Meiggs, der das vollbracht, war nun der Löwe des Tages und das geworden, was er einst in Californien sich vorgenommen: der reichste Mann am Stillen Ozean. Man ! verzieh ihm seine californischen Sünden, da er neben sich andere ^ nicht vergaß und ein Wohlthäter Limas wurde, wo er in einem - wahrhaft königlichen Palaste wohnte, in welchem stets 70 Frem- s denzimmer bereit standen, um distingnirte Besucher aufznnehmen. Sein sechszig Acker großer Park ist eine Sehenswürdigkeit der Stadt und seine Wohlthätigkeit war großartig. Bittgesuche erhielt er aus allen Erdtheilen. Im Mai des Jahres 1871 lief bei ihm, wie mit jeder Dampserpost, eine unzählige Menge von Zuschriften aller Art ein. Er ließ durch seinen Sekretär die Summen, um welche er an diesem einen Posttage von ihm ganz unbekannten Leuten aus Europa, Amerika und Australien angebettelt wurde, zusammenstellen. Es kam nur der kleine Betrag von 188,000 Dollars heraus!
Meiggs war jedenfalls einer der interessantesten Männer unserer Zeit, ein Mensch von ganz ungeheurer Energie, von einer Rastlosigkeit ohnegleichen und von ausgesucht praktischen: Verstände. Er war Menschenkenner durch und durch, gigantische ! Pläne und Projekte erwog er mit eisiger Kälte und Ruhe, und ^ sobald ein Entschluß bei ihm feststand, führte er ihn rasch und mit äußerstem Nachdrucke aus. Wem: das Verbrechen, welches ! er in Californien sich zu Schulden kommen ließ, der Sühne ! fähig ist, dann hat er dasselbe durch sein späteres ehrenhaftes ! Leben wieder gut gemacht und die schwarze Stelle verdeckt durch ! großartige Thaten. Th. M.
persönliche Erinnerungen aus den Jahren 1848—1850.
VII.
Mit dem weiteren Fortschreiten der Parteisonderung und Neubildung traten allmählich einzelne Personen mehr in den Vordergrund. Man muß hierbei zunächst zweier Männer gedenken, deren Thätigkeit ich ans der Nähe verfolgen konnte und die jeder an seinem Theile der Partei, welche sie ergriffen hatten, mit voller Hingebung die wesentlichsten Dienste leisteten. Es sind dies der Graf Finckenstein, Kammerherr Ihrer Majestät der Königin Elisabeth, und der Baron von Hertefeld, von denen ersterer sein Haus als einen Sammelplatz für alle gleichgesinnten Elemente darbot, und der zweite einen Vereinignngspnnkt etablirte, nm den Abgeordneten ans den Provinzen in der Konfusion von Berlin einen festen Anhalt zu gewähren. Ich weiß es und kann es bezeugen, daß der Baron von Hertefeld damals den namhaftesten Aufwand an Geld und Zeit nicht scheute, um seinem Vaterlande Dienste zu leisten, und dabei setzte er seine Ehre darein, niemals etwas für sich zu begehren.
Außerdem machten sich alsbald einige jüngere Glieder bekannter Familien durch eine hervorragende Thätigkeit bemerkbar und ich glaube hier besonders den Grafen Goltz, gestorben als Gesandter in Paris, den jüngeren von Bethmann-Hollweg, den Herrn von Arnim-Criewen nennen zu sollen, indem von diesen auch die Bildung des „Vereins für König und Vaterland" ansging, welcher Verein als der erste den Muth hatte, der durch die Märzbewegung herrschend gewordenen Richtung in großen öffentlichen Versammlungen zu Frankfurt a. O. und Halle ent- gegenzutreten und insbesondere die Rückkehr des Prinzen von Preußen energisch zu fordern.
Vor allen aber traten schon damals in den Vordergrund der Herr von Bismarck-Schönhanfen und der Herr von Kleist-Retzow, zwei allerdings schon damals an sich sehr verschiedene, aber durch das Band der Freundschaft und, so viel ich weiß, auch der Verwandtschaft eng verbundene Persönlichkeiten.
Es ist mir damals vergönnt gewesen, mit beiden in näheren persönlichen Verkehr zu treten, und ich habe dabei Gelegenheit gehabt, Charaktere zu studiren, welche seitdem einen so entschiedenen Einfluß auf die Entwickelung unseres Vaterlandes ausgeübt haben.
Nachdruck verboten.
Ges. v. 1N/VI. 70.
Es würde der Wahrheit nicht entsprechen, wollte ich die Behauptung aufstellen, daß die Bedeutung der Persönlichkeit des Herrn von Bismarck damals schon bestimmt heransgetreteu und erkannt wäre. Im Gegentheil ist mir bekannt geworden, daß nicht lange zuvor ein Vorschlag, dem Referendarius von Bismarck ein Landrathsamt in der Provinz Posen zu übertragen, erheblichen Bedenken begegnete, die allerdings zn einem nicht geringen Theile davor: hergenommei: waren, daß es ihm sehr schwer werden würde, innerhalb der burean- kratischen Hierarchie die richtige Stellung zu nehmen.*) Es tritt hinzu, daß das erste parlamentarische Auftreten des Herrn von Bismarck offenbar das eines preußischen Junkers war, wenngleich auch schon damals bei ihn: das Adjektivum stärker war als das Substantiv:::::.
Alle, die ihm näher traten, überraschte indes schon beim Beginn seiner Laufbahn die Fülle von Witz und Humor, welche ihn: zu Gebote stand, die praktische Energie in seinen: ganzen Auftreten und die eigenthümliche geistreiche Auffassung der Verhältnisse, welche das Original nicht vcrkeiiiien ließ.
Daß ein Charakter dieser Art der Märzbewegung und deren Konsequenzen mit voller unbedingter Opposition gegenübertrat, kam: nicht überraschen und zwar um so weniger wenn man dabei auf die sozialen und politischen Traditionen sowie darauf Rücksicht nimmt, daß der praktische Staatsmann überhaupt allein durch die Schule des Lebens gebildet werden kann, weshalb auch die eigenartige Entwickelung des Herrn von Bismarck erst von da an datirt, wo seine Sendung nach Frankfurt a. M. ihn ins praktische Leben einführte.
Dagegen hat Herr von Kleist, welcher anfangs seinen:
*) Es kursirte damals aus der Zeit seiner Beschäftigung bei der Regierung in Potsdam eine Anekdote, deren Richtigkeit ich indes persönlich nicht verbürgen kann. Man erzählte nämlich, Herr von Bismarck habe als Referendarius dem Oberpräsidenten von Meding seinen Besuch gemacht, dieser aber den Besuch nicht erwidert. Später habe Herr von Meding ihn eingeladen, Bismarck jedoch dieser Einladung keine Folge geleistet und auf die einigermaßen verwunderte Frage des Oberpräsidenten, warum er nicht gekommen, die Antwort ertheilt: „Wenn Sie mich nur als Referendarius behandeln wollen, so habe ich keinen Gegenbesuch zu verlangen; wollen Sie aber Umgang mit mir haben, so erwarte ich zunächst Ihren Gegenbesuch."