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Ueöer Land und Meer.
„Sehr gut!"
Die Billette werden ausgefertigt, und der Weltreisende legt sechzehn Hundertmarkscheine und einige Goldstücke auf den Tisch.
Das Geschäft ist im Handumdrehen erledigt. Man sieht eben, was ein Weltreisender ist.
„Was sind denn Luxuszüge?" frage ich.
„Das sind Züge, die, von der Schlafwagengesellschaft eingerichtet, auf den internationalen Routen verkehren und dem Publikum die größte Bequemlichkeit bieten. Ein solcher Zug besteht nur aus zwei Schlafwagen, die bei Tage als gewöhnliche Personenwagen dienen, aus einein Salonwagen, einein Speisewagen und einem Gepäckwagen. Der Passagier hat ein Billet erster Klasse zu lösen und einen Zuschlag von zwanzig bis dreißig Prozent zu zahlen, dafür aber kann er sich in dem Zuge bewegen, wie er will; er findet die beste Gesellschaft, Lektüre, eine stets gedeckte Tafel, vortreffliche Verpflegung und für die Nacht ein gutes, bequemes Bett."
„Werden denn die Züge häufig benützt?"
„Sehr stark sogar! Es fahren nicht nur Vergnügungs- reiseude mit ihnen, sondern auch viele Geschäftsreisende. Wenii es sich um ein großes Geschäft handelt, kommt es auf hundert Mark nicht an. Die Hauptsache ist, daß der Reisende, der das Geschäft abzuschließen hat, selbst nach tagelanger Fahrt frisch an: Bestimmungsorte ankommt. Die Möglichkeit bietet ihm der Luxuszug. Hier haben Sie gleich eine Depesche aus Hamburg: ,Einen Platz für heute abend im Nordexpreß/ Der Zug geht von Ostende über Berlin bis Petersburg, und der Hamburger Herr will nach Petersburg. Er löst ein Billet in Hamburg bei der Schlafwagengesellschaft, und nur sorgen hier dafür, daß er abends feinen Platz sicher hat. . . Was giebt es da drüben?"
„Der Herr möchte ein Billet nach Madrid, will aber auch nach Lissabon; es entscheidet sich erst in Paris, wo er zuerst hin soll."
„Geben Sie dem Herrn ein Billet nach Paris, eine Platzkarte Berlin-Köln, eine Schlafwagenkarte Köln-Paris. Ferner ein Billet für den Südexpreß von Paris über Bordeaux nach Medina del Campo. Dort kann sich der Herr entscheiden. In Medina teilt sich der Luxuszug so wie so und geht einerseits die wenigen Stationen noch bis Madrid und ein andrer Zug über Salamanca nach Lissabon."
Das Telephon klingelt. Ein Beamter eilt an dasselbe.
„Herr Banquier L. will noch heute abend über Vlis- singen nach London. Ob noch ein Platz frei ist?"
„Jawohl!"
„Das Gepäck soll um acht Uhr abgeholt werden, und unsre Leute sollen ihm die Billette mitbriugen."
„Ist gut, wird besorgt!"
„Sehen Sie, wie bequem es der Herr hat! Er beschloß soeben, nach London zu fahren, und da wir ihn schon kennen und er ein alter Kunde von uns ist, braucht er uns nur einige Worte zu telephonieren, und er ist fertig für die Reise. Wenn unsre Leute heute abend sein Gepäck holen, bringen sie ihm das dreißig Tage gültige Retourbillet für London über Vlissingen-Queensborough, eine Schlafwagenkarte bis Vlissingen, das Dampferzuschlags- billet hin und zurück von Vlissingen bis Queensborough. Herr L. kann heute abend noch in Gesellschaft oder ins Theater gehen, dann geht er zum Bahnhof und setzt sich im Zuge auf seinen reservierten Platz. Er braucht sich bis Viktoria-Station in London, wo er ankommt und wo sein Gepäck erst zollamtlich revidiert wird, um nichts zu kümmern. . . Was ist Ihnen gefällig, gnädige Frau?"
„Am 2. Juli beginnen die großen Schulferien in Berlin. Ich möchte für den Zug, der am 2. Juli abends
nach München geht, drei Schlafwagenbillette für mich und meine beiden Töchter haben."
„Bitte, gnädige Frau, um Ihren Namen; wir werden Sie notieren."
. „Ich komme dies Jahr so früh mit der Meldung, weil wir voriges Jahr vier Tage laug keinen Schlafwagen bekommen konnten."
„Der Andrang, gnädige Frau, war beim Ferienbeginn eben zu groß; wir fuhren jede Nacht mit drei Schlafwagen nach München und konnten doch nicht genug Plätze schaffen."
„Nun, dies Jahr habe ich wenigstens meine Plätze schon jetzt im März angemeldet- Ich bin wohl die Erste?"
„Sie irren, gnädige Frau. Wie Sie sehen, haben Sie für die Vormerkung für den Münchener Zug an jenem Tage schon die Nummer achtzehn, so viele Anmeldungen waren schon vor Ihnen."
Das Telephon klingelt. Ein Beamter eilt herzu. „Hannover wünscht zu sprechen," meldet er.
Unser Informator eilt au das Telephon.
„Ein Schlafwagenbillet für heute abend nach Wien über Oderberg!" ruft er nach kurzer telephonischer Unterhaltung.
„Sie arbeiten viel mit dem Telephon. Wie ich sehe, haben Sie drei Apparate!"
„Wir haben eine direkte Leitung nach unsrer Filiale im Hotel Kaiserhof, eine direkte Leitung nach der Billet- kaffe Nr. 7 auf Bahnhof Friedrichstraße, dann das gewöhnliche Telephon, mit dem wir sowohl in der Stadt als nach außerhalb arbeiten. Als vorhin der Herr das Billet nach Hongkong löste, wurde in aller Eile bei der Direktion des Norddeutschen Lloyd in Bremen angefragt, ob noch ein Kajütenplatz erster Klasse von Neapel ab frei war."
„Hat Ihr Bureau auch Nachtdienst?"
„Nein, es ist von neun Uhr morgens bis sieben Uhr abends für das Publikum geöffnet. Unsre Hauptgeschäftszeit ist von zehneinhalb bis ein Uhr. . . Herr Gott, da ist ja Frau Direktor M. schon wieder!"
„Ich fahre doch nach Montreux. Ich war soeben bei meiner Schwester und habe erfahren, daß es sich nur um ein ganz leichtes Unwohlsein handelt. Bitte, geben Sie mir meine Billette wieder!"
„Ich will uachsehen, ob sie noch zu haben sind . . . Gnädige Frau, über die Billette, gerade über das Schlafwagenbillet, haben wir bereits anderweitig disponiert. Sie müssen sich entschließen, einen Tag später zu reisen, denn auch der Nachtzug-Schlafwagen morgen abend nach Frankfurt ist bereits besetzt. Es thut mir leid, gnädige Frau!"
„Nun, dann für übermorgen früh, aber sicher; ich hole mir morgen vormittag die Billette."
Fran Direktor M. rauscht hinaus.
„Ich wette, die Dame fährt morgen auch noch nicht und ändert noch mindestens dreimal ihre Dispositionen. Es muß eben auch solche Reisende geben!"
Das dänische Körngspaar.
W^roßartige Feiern bereiten sich in Kopenhagen zu Ehren (I) des Königs Christian IX. von Dänemark vor, der am 8. April 1898 sein achtzigstes Lebensjahr beginnt. Eine große Anzahl fürstlicher Besucher, wie sie ähnlich in gleicher Höhe sich nur zum neunzigsten Geburtstage Kaiser- Wilhelms I. in Berlin zusammenfand, steht zu erwarten, und viele der gekrönten Häupter werden persönlich dem Monarchen ihre Glückwünsche darbringen. Nach den bisherigen Bestimmungen haben neben dem russischen Kaiserpaare, das dem Hause Dänemark eng verwandt ist, die Kaiser Wilhelm II. und Franz Joseph ihre Gegenwart zugesagt, und es unterliegt keinem Zweifel, daß auch der