schlechten werden einem berechnet und abgezogen, und die Streiterei nimmt kein Ende."
Kurz vor elf brach das Gespräch ab, und man zog sich Zurück. Der alte Dubslav ließ es sich nicht nehmen, die Damen persönlich treppauf bis an ihre Zimmer Zu führen und sich da unter Handkuß von ihnen zn verabschieden. Es waren dieselben zwei Räume, die vor gerad' eiueni Vierteljahr Rex und Ezako bewohnt hatten, das größere Zimmer jetzt für Melusine, das kleinere für Armgard bestimmt. Aber als nun beide vor ihren Reise- ! laschen standen und sich oberflächlich daran zn thun ! machten, sagte Melusine: „Dies Himmelbett ist also ^ für mich. Wenn es dir gleich ist, beziehe du lieber dies Ehrenlager und lasse mir das kleine Schlafzimmer. Zusammen sind wir ja doch; die Thür steht auf."
„Ja Melusine, wenn du's durchaus wünscht, daun natürlich. Aber ich verstehe dich nicht recht. Man will dich auszeichnen, und wenn du das ablehnst, so kann es aufsallen. Man muß doch in einem Hause, wo man noch halb fremd ist, alles so thun, wie's gewünscht wird."
Melusine ging aus die Schwester zu, sah sie halb verlegen, halb schelmisch an und sagte: „Natürlich hast du recht. Aber ich bitte dich trotzdem darum. Und es braucht es ja auch keiner zu merken. Direkte Kontrolle wird ja wohl ausgeschlossen sein, und ich mache keine tiefere Kute wie du."
„Gut, gut," lachte Armgard. „Aber sage, was soll das alles? Du bist doch sonst so leichtlebig. Und wenn es dir hier in dem ersten Zimmer, weil es so nah' an der scharfen Flurecke liegt, wirklich etwas äugstlich zu Mute sein sollte, nun so können wir ja zuriegeln."
„Das Hilst nichts, Armgard. In solchen alten Schlossern giebt es immer Tapetenthüren. Und was das hier angeht," und sie wies aus das Bett, „alle Spukgeschichten sind immer gerad' in Himmelbetten passiert; ich habe noch nie gehört, daß Gespenster an eine Birkenmaserbettstelle herangetreten wären. Und hast du nicht unten den mUtle-too gefehlt? Mistelbusch ist auch noch so Ueberbleibsel aus heidnischer Zeit her, bei den alten Deutschen gewiß und bei den Wenden wohl anch, für den Fall, daß die Stechlins wirkliche Wenden sind. Wenn ich Tante Adelheid ansehe, glaub' ich es beinah'. Und wie sie von den Hühnern sprach und den Eiern. Alles so wendisch. Ich glaube ja nicht eigentlich an Gespenster, wiewohl ich anch nicht ganz dagegen bin, aber wie dem auch sein möge, wenn ich mir denke, Tante Adelheid erschiene mir hier und brächte nur eine Erdbeere, die die Schnecken schon angeknabbert haben, so wäre das mein Tod."
Armgard lachte.
„Ja, du lachst, aber hast du denn die Augen von ihr gesehn? Und hast du ihre Stimme gehört? Und die Stimme, wie du weißt, ist doch die Seele."
„Gewiß. Aber, Seele oder nicht, sie kann dir doch nichts thun mit ihrer Stimme und dir auch nicht erscheinen. Und wenn sie doch kommt, so kannst du mich ja rufen."
„Am liebsten war' es mir, du bliebst gleich bei mir."
„ Aber Melusine..."
„Null gut, nun gut. Ich sehe wohl ein, daß das nicht gut geht. Aber was andres! Ich habe da vorhin eine Bibel oder vielleicht auch bloß ein Gesangbuch liegen sehn, da aus dem Brettchen, wo die kleine Puppe steht. Beiläufig auch was Sonderbares, diese Puppe. Bitte, nimm die Bibel von der Etagere fort und lege sie mir hier aus den Nachttisch. Und das Licht laß brennen. Und wenn du im Bett liegst, sprich immer zu, bis ich entschlafe."
XXVIII.
Am andern Morgen traf man sich beim Frühstück. Es war ziemlich spät geworden, ohne daß Dubslav, wie das sonst wohl auf dem Lande Gewohnheit ist, ungeduldig geworden wäre. Nicht dasselbe ließ sich von Tante Adelheid sagen. „Ich finde das lange Wartenlassen nicht gerade passend, am wenigsten Personen gegenüber, denen man Respekt bezeigen will. Oder geh' ich vielleicht Zu weit, wenn ich hier von Respektbezeigung spreche?" So hatte sich Adelheid zu Dubslav geäußert. Als nun aber die Barbyschen Damen wirklich erschienen, bezwang sich die Domina und stellte all die Fragen, die man an solchem Begrüßungsmorgen zu stellen pflegt. In aller Unbefangenheit antworteten die Schwestern, am unbefangensten Melusine, die bei der Gelegenheit dem alten Dubslav denn auch erzählte, daß sie nicht umhin gekonnt Hütte, sich die Bibel an ihr Bett zu legen."
„lind mit der Absicht, drin zu lesen?"
„Beinah'. Aber es wurde nichts daraus. Armgard plauderte so viel, freilich aus nieinen Wunsch. Ich hörte von der Treppe her immer die Uhr schlagen und las dabei Museunü. Aber das war natürlich schon im Traum. Ich schlief schon ganz fest. Und heute früh bin ich wie der Fisch im Wasser."
Dubslav hätte dies gern bestätigt, dabei nach einem Spezialsisch suchend, der so recht zum Vergleich für Melusine gepaßt hätte. Die Blicke seiner Schwester aber, die zu fragen schienen „hast du gehört?", ließen ihn wieder davon abstehn, und nachdem noch einiges über den großen Oberflur uud seine Bilder und Schränke gesprochen worden war, wurde, genau wie vor einem Vierteljahr, wo Rex und Ezako Zu Besuch da waren, ein Programm verabredet, das dem damaligen sehr ähnlich sah: Aussichtsturm, See, Globsow; daun auf dem Rückwege die Kirche, vielleicht auch Krippenstapel. Und zuletzt das „Museum". Aber manches davon war unsicher und hing vom Wetter ab. Engelke wurde beauftragt, mit Plaids und Decken vorauszugehn und ein paar Leute zum Wegschaufelu des Schnees mitzunehmen, lediglich für den Fall, daß die Damen vielleicht Lust bezeigen sollten, die Sprudel- und Trichterstelle genauer zu studieren. „Und wenn wir auf unserm Hofe keine Leute haben, so geh ins Schulzenamt und bitte Rolf Krake, daß er aushilft."
Melusine, die dieser Befehlserteilung zugehört hatte, war überrascht, in einem märkischen Dorfe dem Namen „Rolf Krake" zu begegnen, und erfuhr denn auch alsbald den Zusammenhang der Dinge. Sie war ganz enchantierr davon und sagte: „Das