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Weber Land und Meer.
Prinz von Wales, der britische Thronfolger, seinen Schwiegervater persönlich beglückwünschen wird. So findet in Kopenhagen am 8. April ein „Fürstenkongreß" statt, wie ihn seit Kaiser Wilhelms des Großen Zeiten Europa nicht gesehen hat.
König Christian war einst ein Feind Deutschlands, denn im Widerspruch mit andern schleswig-holsteinischen Prinzen stellte er sich, als es sich darum handelte, die meernmschlnngenen Lande wieder fest ans Reich anzugliedern, auf die dänische Seite, und bald nach seinem Antritt der Regierung (15. November 1863) traten jene politischen Verwicklungen ein, die in der Folge zur Niederlage Dänemarks führten. Die Dänen haben uns Deutschen lange gegrollt, weil wir nahinen, was uns gehörte, aber allmählich stellte sich doch eine Versöhnung der Gemüter ein, und heute kann in Dänemark nicht mehr die Rede sein von eine>n „Deutschenhaß", wie er leider in Frankreich noch immer mal wieder aus der Asche halb verloderten Grimms emporflammt.
An dieser versöhnlichen Stimmung hatte ohne Frage König Christian einen hervorragenden Anteil. Ist er doch ein Fürst von deutschem Blut und vermählt mit einer deutschen Frau, der Prinzessin Luise von Hessen-Kassel, die er am 26. Mai 1842 heimführte. Einen besonderen Rang unter den Herrschern Europas räumen dein König Christian die verwandtschaftlichen Beziehungen ein. Sein ältester Sohn, der Kronprinz Friedrich, ist vermählt mit der Prinzessin Luise von Schweden, dessen Sohn Karl mit der Prinzessin Aland von Großbritannien; Prinzessin Alexandra mit dem Prinzen von Wales, dem britischen Thronfolger; Prinz Wilhelm ist als „Georg I." König von Griechenland, sein ältester Sohn Konstantin vermählt mit Sophie, der Schwester des Deutschen Kaisers; Prinzessin Dagmar wurde Gemahlin des russischen Thronfolgers, der als Zar Alexander III. den Thron bestieg; Prinzessin Thyra heiratete den Herzog von Cumberland, Prinz Waldemar die Prinzessin Marie von Orleans. Durch diese verwandtschaftlichen Beziehungen nimmt das dänische Königspaar in den Herrscherfamilien eine Stellung ein, die unter den Fürstenhäusern einzig dasteht.
ZreL Tage aus Zoös Leöen.
Von
Kerimee Kanouin.
war eines der niedlichsten schlanken Griechenmädchen, E die jemals die Straßen Konstantinopels mit leichten Schritten durcheilten, kokett aus dem „Jaschmack", mit dem eigentlich nur die Türkinnen ihr Gesicht verhüllen, nach den Efendis ansschauend, die nicht ohne Wohlgefallen in Zoes blitzende Augen und auf die Reize des frischen, jugendlichen Gesichtes blickten, die dann und wann der wie zufällig herabfallende Schleier zeigte. Zoe hatte seit einigen Wochen die Dienste ihrer geschickten kleinen Hände der Herrin in einem der ausländischen Gesandtschaftshotels anbieten müssen, da das Glück — in ihren Augen gleichbedeutend mit einer guten Heirat — ihr nicht so schnell in den Schoß hatte fallen wollen, wie sie es bei ihrer Abreise von der kleinen Jnselheimat, wo sie bisher gelebt, erhofft hatte.
Nun war sie die bevorzugte Dienerin ihrer Lady geworden, schmückte sich mit deren Kleidern, sobald es unbemerkt geschehen konnte, brachte ihr eignes krauslockiges Haar mit den Schildpattkämmen ihrer Herrin vor deren Toilettenspiegel in Ordnung und hielt sich trotzdem für das treueste, zuverlässigste Kammerzöfchen.
„Hus voul6n-vou8, NaäamsF erwiderte sie mit einer kleinen, geringschätzigen Achselbewegung, wenn hie und da ein zu weit gehender Uebergriff leise gerügt ward, „liegt nicht
alles wieder pünktlich an seinem Platz, wenn Madame es gebraucht? Nehme ich jemals ein Stück von Madames Eigentum, um es zu behalten? 0'68k plus ciu'ou pauk äii'6 (las untres!"
Die Herrin wußte, daß Zoä mit der letzteren Bemerkung recht hatte, und schwieg.
Eines Tages aber war Zoä weder im Toilettenzimmer der Herrin noch in ihrer Arbeitsstube zu finden, auch nicht in den Bazars, wo sie so gern die Einkäufe für Mylady besorgte. Zoä war da, wo die ganze denn inoncle Stam- buls und Perus versammelt war, an den süßen Wässern Europas. Der erste köstliche Frühlingstag, da die Sonne heiß herniederbrannte und alles duftete, blühte, glühte in der Natur, hatte alles hinausgelockt nach dem herrlichen Platz an den süßen Wässern, jenen: mit so verschwenderischem Liebreiz geschmückten Thal am Ende des Goldenei: Horns.
Ter Wasserstreifen selbst, der das alte Stambul von dem Frankenstadtteile trennt, war wie besät mit Fahrzeugen aller Art, mit Kaiks, Mönchen und großen Booten, die demselben Ziele znstrebten wie die Equipagen und Wagen jeder Gattung von der andern Seite auf den: Landwege.
Freitag war's, der „Sonntag" der Muselmanen. An dei: süßen Wassern traf und sah sich alles, das sich frei machen konnte vom Stadtleben; alles, was zum „Selnmlik", dem Snltanritt zur Moschee, gekommen war, zog zu Pferde, zu Boot oder zu Wagen hinab ins schattige Thal, wo die Wiesen so hellgrün schimmerten, die Sonne so hell leuchtete.
Seit Menschengedenken haben sich an den süßen Wässern Tausende von kleinen Romanen abgespielt. Mancher Efendi, der gleichgültig heruntergeritten war, hatte doch hinter den Gardinen ihres Coupes in die schönen Augen einer Türkin zu schauen vermocht, und Begehren nach dem Besitz der seltenen Menschenblume zog in sein Herz ein. Auch Zoäs verlangende Blicke flogen hin und her; sie hoffte hier auf Erfüllung ihrer Wünsche, sie wollte nicht zurück auf ihre Insel zu Arbeit und Zwang; hinaus wollte sie flattern in die schöne Gotteswelt, und dazu mußte und wollte sie auch heiraten, — dann allein blühte, wie sie meinte, ihr vollständige Freiheit.
So saß sie denn in einem schmalen, nur zwei Personen fassenden Kaik. Das Fahrzeug schaukelte sich auf den hell schimmernden Wogen; doch sie hatte keine Augen für diese strahlende Farbenpracht des Elements, dem sie sich anvertraut hatte, noch für die Schönheiten der Ufer, die, mit Platanen besetzt, tiefe Schatten auf das Wasser warfen; sie war versunken in das leise Geflüster eines jungen Mannes, der neben ihr auf den niedrigen Polstern ruhte, in der halb liegenden Stellung, die durch die Bauart jener kleinen Fahrzeuge bedingt wird. Ihre biegsame, zierliche Gestalt nahm sich in dem eng anschließenden schwarzen Seidenkleide besonders vorteilhaft aus, die Spitze ihres Pariser Schuhes lugte ebenso kokett darunter hervor, wie hinter dem -Ohr die rote Nelke, mit der die Spitzenmantille malerisch auf dem Kopf drapiert war.
Unter all den tief verschleierten Haremsdamen, die in weite Seidenmäutel von bunten Farben gehüllt und mit Gold und Schmucksachen übersät waren, fiel die gesuchte. Einfachheit der Toilette und das frei und keck umherschanende Gesicht unsrer Zoä doppelt auf. Heute hatte sie den „Jaschmack" verschmäht; Bartolo, der junge Italiener, der seit kurzem Portier im Gesandtschaftshotel war, und der sie zu der Fahrt eingeladen hatte, sollte bezaubert werden, ganz gefangen genommen und nicht eher den Kaik verlassen, als bis er ihr seine Hand angeboten! Ob mit oder ohne sein Herz, darauf kam es der kleinen Kokette nicht an.
Bartolo hatte bisher seine Schuldigkeit gethan. Die Bonbonniere niit Süßigkeiten, die fast in keinen: der Fahrzeuge ringsum fehlte, war besonders groß und kostbar, als