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Acker Land und Weer.
auch durch Maschinen von eigenartiger Konstruktion. Die Anbringung von Tüll ist geboten, um dem Strumpfe einen festeren Teil zn verleihen, an dem er so widerstandsfähig ist, daß er die Aufhängevorrichtung aushalten kann. Damit haben die Vorbereitungen ihr Ende erreicht, und das Gewebe geht nun dein wichtigsten Prozesse entgegen: es wird imprägniert.
Die für die Beleuchtung wichtigsten seltenen Erden, von denen wir bereits oben sprachen, sind Thorium, Lanthan, Nttrium, Zirkon und Cer. Sie haben eine außerordentlich I
Eines unsrer Bilder zeigt einen Saal, in dem sich das „Veraschen" der Strümpfe vollzieht. Vor jeder Arbeiterin befindet sich ein drehbares Gestell, auf dein eine große Anzahl eigentümlich gearteter Brenner angebracht ist. Die Flammen, die aus ihnen heranstreten, brennen nicht nach oben, sondern nach unten. Das wird dadurch bewirkt, daß in die Leitungen nicht nur Gas, sondern auch Preßluft eintritt, die die Flamme zwingt, sich zu neigen. Ein großes Preßluft-Reservoir im Veraschungssaale führt fortdauernd den Brennern neues Material zu.
»me mrvenenn stülpt oen an seinem Tüllende fest vernähten Strumpf über ein Gestell und setzt ihn dem Einflüsse der Flamme aus. Das Baumwollgewebe verkohlt. Die imprägnierten seltenen Erden aber verbinden sich mit dem Sauerstoff der Luft und bilden ein unverbrennbares Produkt: das Oxyd der seltenen Erden. Uni die Arbeiterinnen vor der Wärmestrahlung der heißen Flamme zn schützen, sind in Gesichtshöhe Glasscheiben ausgestellt, durch die sie ihre Handhabung beobachten können.
In jedem industriellen Betriebe giebt es gewisse Dinge, die einer ganz besonders kunstvollen Behandlung bedürfen, und zu deren Durchführung ein Elitestamm von Arbeitern herangebildet werden muß. Die „Künstlerinnen" in der Anerlichtfabrikation vollführen
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Veraschen der Glühstrümpfe
hohe Leuchtfähigkeit, die aber nur dann energisch hervortritt, wenn man sie nicht einzeln, sondern in bestimmten Mischungen verwendet. Die Strümpfe der Auer-Gesellschaft empfangen eine Mischung von Thorium mit höchstens drei Prozent Cer. Besonders auf dieses letzte Verhältnis ist die Vortrefflichkeit des Auerlichtes begründet.
Die Arbeiterin, welche die Imprägnierung des Gewebes ausführt, muß^ ihre Hände und Arme beim Durchziehen des Gewebes durch die Flüssigkeit mit langen Handschuhen schützen; und so erscheint die Versammlung dieser Arbeiterinnen gleichsam als eine Parodie auf das seinerzeit vielgenannte Herkomersche Porträt der Miß Grant. Der Strumpf wird dann getrocknet und empfängt an der Stelle, wo der Tüll ihn, Festigkeit verleiht, einen Asbestfaden zur Aufhängung.
Härten
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Die Fabrikation der Luerschen Hasglühlampe.
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das Härten und Formen des Strumpfes. Jede dieser Arbeiterinnen sitzt vor einem mit Schirmen umstellten Teile des Arbeitstisches. In ihm befindet sich ein Brenner, aus dem die Flamme unter hohem Druck heraustritt, der durch ein Manometer reguliert werden kann. Während die Arbeiterin mittels eines Stabes dem Strumpfe die richtige Form giebt, erhält er zugleich durch die hohe Temperatur der Flamme einen bedeutenden Grad von Festigkeit. Das ist auch ein wesentlicher Fortschritt der neuesten Zeit, daß sich die Strümpfe jetzt widerstandsfähiger zeigen als früher.
Nachdem der Strumpf Form und Festigkeit empfangen hat, ist fein Werdegang vollendet. Er gelangt in den Montierraum, wo er über den Brenner aufgehängt wird, und ivo auch die ganze Vorrichtung den schützenden Cylinder empfängt.
Kein gewissenhafter Fabrikherr sendet heutzutage seine Erzeugnisse ohne weiteres in die weite Welt.
Um im Wettkampf bestehen zn können, muß eine sorgfältige Prüfung voransgehen. Da an manchen Tagen etwa 25 000 Glühstrümpfe in den Fabrikräumen der Auer-Gesellschaft hergestellt werden, so ist es notwendig, durch Stichproben sich ein Urteil über ihre Güte zu bilden. Die Untersuchung im Photometerzimmer examiniert die Glühkörper daraufhin, ob ihre Lichtstärke und Lichtart vor dem Urteile des Publikums bestehen kann.
Der Zeichner läßt uns auch einen Blick in das Laboratorium thun. Jeder Stillstand in der modernen Industrie bedeutet Tod. Jede Neuerung, jede Erfindung im weiten Gebiete der Gastechnik ist daher auf ihren Wert zu prüfen. ^ Der Mann der Praxis muß mit dem Mann der Wissenschaft Hand in Hand arbeiten.
Wir wollen nach diesen Betrachtungen noch in Kürze die Vorteile schildern, die das Auerlicht den älteren
Beleuchtungsmethoden gegenüber besitzt. Nach den Angaben des Professors Renk
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Montierraum.
an der Universität Halle erspart man zum Beispiel mit
Glühlicht im Verhältnis zum Schnitt- und Argandbrenner etwa fünfzig Prozent Leuchtgas. Neben diesem wirtschaftlichen Vorteile ergiebt sich dabei natürlich auch der hygieinifche, daß die giftige Kohlensäure und die unerwünschte Wärme, die die gewöhnlichen Gasflammen entwickeln, in weit geringerem Maße erzeugt werden.
Trotzdem entwickelt das Glühlicht eine doppelt so große Helligkeit wie der weit verbreitete Argandbrenner und übertrifft den alten Schnittbrenner gar um das Vierfache. In Betracht muß man ferner die Ruhe ziehen, mit dem sich das Glühlicht entwickelt; das Flackern oder gar das Qualinen der älteren Beleuchtungskörper ist bei ihm ausgeschlossen. Gute Erfolge hat man seit einigen Jahren, ganz wider Erwarten, auch bei der Straßenbeleuchtung und bei der Beleuchtung freier Plätze mit Auerlicht erzielt. Die Befürchtung, daß der Strumpf den Einflüssen der Witterung nicht widerstehen könne, hat sich nicht bewahrheitet. Nachdem namentlich die Versuche in Wiesbaden sehr gute Resultate ergeben haben, beginnt man jetzt vielerorts», auch in der Reichshauptstadt, die öffentliche Straßenbeleuchtung durch Glühlicht zu bewirken. Es hat sich herausgestellt, daß der Preis der Beleuchtung in dieser Weise sich sogar niedriger stellt als mit den alten offenen Brennern.
Die (He und die Frauenbewegung.
Von
Wchard Wnkckoiv (Darmstadt).
einiger Zeit hat sich in den führenden Kreisen der Frauenbewegung die Diskussion der Frage zugewandt, ob die verheiratete Frau oder das Mädchen als die wertvollere Mitwirkerin bei dem Ringen nach ausgedehnterer Bethätigung und neuen Zielen zu gelten habe. Auch die Versammlung des