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Weber Land und Meer.
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Töne im Bilde nebeneinander. Der Glanz wird hier — noch über die Gelatinebilder hinaus — bis zum höchsten denkbaren Grade gesteigert. Dem, was schon im Materiale
zu^Hilfe.
Um nun nicht aus dem Positivverfahren vollständig verbannt zu werdeu, hat hinwiederum die Gelatine sich mit dem Bromsilber verbündet, mit dem sie im Negativprozesse die Oberhand bekommen hat: es werden ebenso wie die bisher ausschließlich betrachteten Chlorsilberpapiere auch Bromsilberpapiere fabrikmäßig hergestellt und den Photographen völlig gebrauchsfertig dargeboten. Damit treten zweierlei sehr wichtige Veränderungen im Positivverfahren ein: Erstlich werden die langen Belichtungen erspart; das Bromsilber bedarf hier wie bei den Aufnahmen nur einer in des Wortes eigenster Bedeutung „momentanen" Belichtung, die bei nachfolgender Entwicklung ein vollkommen durchmodelliertes Bild ergiebt. Dadurch sind namentlich die Vergrößerungen auf eine früher nie geahnte Stufe der Vollkommenheit gehoben. Zweitens aber erscheinen diese Bilder in einem tadellos schönen, tiefschwarzen Tone, der jede weitere Tönung überflüssig macht und daher von der Unzuverlässigkeit jedes „Ton"-Verfahrens befreit. Auch in der Haltbarkeit scheint das ans Bromsilber redu-
herstammenden überlegen'zu sein.
Schwarze Töne — und auch alle möglichen andern, die bei besonderen Aufgaben erwünscht sein könnten — hat man aber längst gelernt, auch auf anderm Wege, ganz ohne Silber, aus photographischem Wege zu erzeugen. Hier kommen zwei Verfahren in Betracht: der Platinprozeß und der „Kohle "-Druck.
Vor deren Betrachtung aber sei einschaltungsweise erwähnt, daß auch die Verbindung der Photographie mit den ge-
ergeben hat, wenigstens im „Lichtdruck" und in der „Heliogravüre". Von beiden wird hier abgesehen. Sie erfordern die vorgängige Herstellung einer besonderen Druckplatte und können daher nur für solche Mengen von Abdrücken in Frage kommen, wie sie im landläufigen Verkehre der Porträtphotographie nicht verlangt werden. Auch stellen sich die Abdrücke erst bei sehr hohen Auflagen billiger oder auch nur ebenso teuer wie die hier nur ins Auge gefaßten „rein" photographischen.
Vielleicht bietet sich später einmal Gelegenheit, auch auf diese Abdrucksgattungen photographisch aufgenommener Bilder eingehender zurückzukommen.
Platin- wie Kohledruck haben den un- bezweifelbaren Vorzug absoluter Haltbarkeit; worunter zu verstehen ist, daß ihre Erzeugnisse - genau wie etwa gedruckte Bücher oder Kupferstiche — nur mit der Unterlage zu Grunde gehen, auf der sie hergestellt sind, auch sonst ihr Aussehen nicht verändern. Beide werden in der Feinheit der Wiedergabe aller Details einer Aufnahme von keinem andern Verfahren erreicht oder gar übertroffen. Beide geben völlig glanzlose Bilder (wenn man nicht künstlich einen Glanz erzeugt), und das Platin erscheint sammetschwarz; der (nur von den: wichtigsten unter den bei ihm benutzten Farbstoffen so genannte) Kohledruck liefert außer dem schönsten Schwarz jede Farbe, die man irgend wünscht; man hat nur das betreffend präparierte Papier für die Arbeit zu wählen. Die Töne sind also auch nicht das Ergebnis eines unsicheren und Heikeln Tonverfahrens, sondern unabänderlich und unzweifelhaft mit dein Grundmateriale gegeben.
In diesen beiden Verfahren ist daher die ideale Spitze der Entwicklung des photographischen Positivprozesses erreicht. Leider ist ihre allgemeine Einführung kaum möglich. Das eine ist schon wegen seines Materials, beide sind wegen der Schwierigkeit der Bearbeitung kostspielig. Wo nicht alle Bedingungen zun: Gelingen erfüllt sind, zu denen auch nicht allzu gewöhnliche persönliche gehören, wird nichts Brauchbares mit beiden erzielt. Man könnte sie daher vielleicht treffend die Aristokraten unter den photographischen Positivverfahren nennen.
Natürlich hat man gesucht, für sie Surrogate zu schaffen. Es giebt Silberpapiere, die mit Platin- oder mit Gold- und Platintönung einen ziemlich ähnlichen Eindruck erreichen; aber das ist „Talmi". Es fehlen alle wesentlichen, tiefer liegenden Vorzüge des Platinverfahrens. Zudem ist die Behandlung umständlich und heikel, mithin unsicher und — gar nicht billig. Es lohnt also kaun: der Mühe, sich des Surrogates zu bedienen.
Aber auch die Silberpapiere insgemeiu, sowohl Gelatine-
wie Celloidinpapiere, haben den Wettkampf wenigstens in einem Punkte aufzuuehmen versucht, und nicht ohne Erfolg: Mai: hat sie so präpariert, daß sie Bilder mit matter Oberfläche ergeben. Die betreffenden Fabriken wetteifern darin, solche Papiere auf den Markt zu bringen, und fast alle sind gut brauchbar. Aber leider! — schon ihre Fabrikation ist enorm schwierig, so daß sie nicht mit der wünschenswerten Sicherheit gleichmäßig geliefert werden können; und dazu hat die Verarbeitung dieselben Bedenklichkeiten, wie sie eben bei den „Talmi"-Pkatinpapiereu gekennzeichnet worden sind. Als vor Jahren einmal eii: namhafter Preis in einem Wettbewerbe für Bilder auf einem solchen Papiere ausgeschrieben worden war, beteiligte sich nur ein auf dieses Material besonders eiugearbeiteter, ausgezeichnet tüchtiger, zu den allerhervorrageudften in Deutschland gehörender Photograph; und der erklärte, nachdem ihm der Preis Anerkannt war (es war allerdings eine namhafte Anzahl ziemlich großer Bilder von den Bewerber,: verlangt): Material und Arbeit zusammeugerechnet, die zu Bewerbuugs- bilderu verbraucht worden, hätte er sich den Preis kaufen können. Was müssen also solche Bilder kosten!
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Der Bwpfenmarkt in Nürnberg.
Und warum quälen sich die Photographen mit so verzweifelten Arbeiten? Warum überstürzen und überbieten — ii: gewissem Sinne auch unterbiete,: — sich die Fabriken in dem Angebot dieser Papiere? Weil das Publikum die matten Bilder trotz ihres hohen Preises verlangt! Und warum verlangt es dieselben? Nun einfach: weil es dauernd erfreuliche Bilder von wahrhaft künstlerischem Eindruck haben will. Dafür gelten aber schon längst bei dein nicht ganz gewöhnlichen Publikum nicht mehr die speckartig glänzenden Albuinin- und Gelatinebilder, beinahe noch weniger die wie Lackstiefel blitzenden Celloidinbilder, sondern dem entsprechen nur matte Bilder von möglichst rein schwarzem (wenn nicht einem andern frei ausgewählten, nicht durch eine zufällige Technik oktroyierten) Tone. Die Befriedigung dieses künstlerischen Bedürfnisses konnten sich aber bis jetzt nur die Wohlhabenden verschaffen, die auf einen hohen Preis der bestellten Bilder nicht zu sehen brauchten; und im allgemeinen wird darin auch schwerlich so bald Wandel ein- treten, wenigstens soweit der einzelne in Frage steht. Nur eine massenhafte Benutzung besonders günstig zusammentreffender Umstände, wie sie die Voraussetzung des von „Ueber Land und Meer" gemachten Anerbietens bildet, kann vorläufig und auf absehbare Zeit hinaus auch bescheidenen, ja geradezu geringen Mitteln die Möglichkeit eröffnen, einem gewählteren Geschmack ohne große Opfer Rechnung zu tragen.
Auch die Bromsilberpapierfabriken sind nämlich dem
allgemeinen Zuge gefolgt und haben Mattpapiere angefertigt. Von diesen gilt ganz dasselbe, was bezüglich der andern
noch andre Mängel gezeigt, wie zum Beispiel allgemeine Flauheit der Bilder, wie wenn sie mit Mehlstaub bestreut wären. Einer der größten derartigen Fabriken aber ist nach langwierigen Versuchen ein hervorragend schönes Mattpapier geraten, das satte Schwärzen, zarteste Modellierung in den Lichtern und ein tadelloses Matt vereinigt und dabei außerordentlich verläßlich ist. Dieselbe Fabrik aber ist zugleich im Besitze einzig dastehender Einrichtungen für Massenherstellung (Belichtung, Entwicklung und Montierung) von Abdrücken, auch bei mäßiger Stückzahl der von jeden: einzelnen Negative gewünschten Exemplare, so daß hier, wo alles — von der Papierbereitung au — in einer Hand liegt und unvergleichliche Arbeitsbedingungen gegeben sind, so günstige Verhältnisse obwalten, wie sie kaum noch einmal angetroffen werden dürften, und technisch vorzügliche Leistungen um ein unverhältnismäßig Billiges geliefert werden können, wenn so viele Besteller sich vereinigen, wie dazu gehören, um die Vorteile der Massenherstellung in Wirksamkeit treten zu lassen. Auch diese letzte Bedingung ist, wie wir zu unsrer Freude nochmals konstatieren wollen, erfüllt. B.
Zu unfern Mildern.
Aus der soeben geschlossenen VII. Internationalen Kunstausstellung in München führen wir heute noch drei hervorragende Werke vor. Mit seinem neuesten Porträt des Fürsten Bismarck hat Meister Franz v. Lenbach seine berühmte Galerie von Bildnissen des ehernen Kanzlers um ein prächtiges Stück bereichert. Das Gemälde, das den Fürsten in der Uniform seiner Halberstüdter Kürassiere darstellt, bildete nebst zwei andern Werken den Hauptgewinn der Ausstellung, und wird sich bald in den Händen des glücklichen Gewinners befinden. Ebenso erhebt sich auf dem Wiener Zentralfriedhofe bereits das von Johann Scherpe geformte, für das Ehrengrab des Dichters bestimmte Anzengruber-Denkmal. Es hat die Form eines Bildstöckks, an den: mit dem Ausdruck tiefsten Leides eine junge Bauerudirne lehnt, in der Linken den Rosenkranz, die Rechte vor die Augen gepreßt, um die Thräneu zu verbergen. Das Ganze wirkt poetisch und ergreifend. Ferner gebe:: wir aus der großen Münchener Schau das effektvolle Gemälde „Verlassen" von Professor Adolf Echtker wieder. Un- gemein packend hat der Künstler den verzehrenden Schmerz, die hoffnungslose Verzweiflung der um ihr Glück Betrogenen zum Ausdruck gebracht.
Alljährlich findet Ende September auf dem Wasen, einer weitgestreckten Ebene an: rechte:: Neckarufer, das Cannstatt er
Volksfest statt, so nach der Stadt be-
liegt. In Wahrheit aber ist es ein allgemeines schwäbisches Volksfest (ähnlich dem Oktoberfest in München), zu dem mehrere Tage hindurch ungeheure Menschenmengen herbeiströmen, und ein besonders starkes Kontingent stellt hierzu das mit seiner Vorstadt Berg bis zum linken Neckarufer reichende Stuttgart. In diesen: Jahre nun erhielt das Cannstatter Volksfest einen besonderen Reiz durch den Radfahrer-Blumen- korso am 28. September. Neben der Aufstellung der Radfahrer vor der prächtig geschmückten, zugleich als Ehrenpforte dienenden großen Tribüne veranschaulichen wir zwei durch geschmackvolle Anordnung hervorragende Gruppen, hiervon besonders anziehend diejenige des Radfahrvereins Stuttgart, die den Zug beschloß. Auf dem von vier Rädern getragenen, von Laub und Blumen umwundenen Baldachin erhob sich die Büste des Königs Wilhelm II. von Württemberg, und zu Füßen der schönen Mädchengestält, welche die „Göttin der Radfahrkunst" darstellte, gewahrte man eine zierliche, in Blumen gebettete Kleine mit einem Miniaturrad.
Wie eine Umkehrung von Goethes „Fischer" mutet uns der „Strandräuber" von L. Neuhoff an. Nicht die Nixe ist's, die den Jüngling in die Tiefe zieht, sondern ein kecker Fischer hat sich einer jungen Meerfrau bemächtigt und sucht die Sträubende an Land zu tragen.
Der Hopfenmarkt in Nürnberg ist der bedeutendste in der ganzen Welt. Nach der alten Reichsstadt gelangt der getrocknete Hopfen in ungeheuren Quantitäten, um alsdann weiter seinen Weg nach allen Himmelsrichtungen zu nehmen. Der Bahnversand von Nürnberg aus beträgt an 13 Millionen Kilo in der Saison.