Ueöer Land und Meer.
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Eine Riesenarbeit verursacht dein Post - Zeitungsamte auch noch alle Quartale die Herstellung der Zeitungspreisliste, die in einer Auflage von 7500 Exemplaren jedes -Quartal erscheint und für 11000 Zeitungen die Angaben betreffs des Namens, Preises, des Ursprnngsortes, des Erscheinens und so weiter giebt. Nirgends giebt es so viel „Leben und Sterben" wie ans dem Gebiete lles Zeitungswesens. Innerhalb eines Quartals gehen Hunderte von
Alle Veränderungen müssen natürlich immer wieder in die Zeitungsliste eingetragen und, wenn eine Anzahl von Veränderungen vorhanden ist, durch Nachträge den Postanstalten mitgeteilt werden, und so erfordert allein diese Preisliste eine ununterbrochene Arbeit das ganze Jahr hindurch, die uoch dadurch gesteigert wird, daß das Bureau der Preisliste mit den Verlegern der bestehenden, der neu hinzukommenden und wieder aussterbenden Zeitungen in beständigem Briefwechsel stehen muß.
Vorsteher dieses originellen und so leistungsfähigen Amtes ist seit 1892 der Postdirektor Weberstedt, dem das Verdienst gebührt, in den fünf Jahren seiner Thätigkeit die Leistungsfähigkeit des ihm unterstellten Amtes vermehrt zu haben und es immer wieder fertig zu bekommen, die neu herantretenden schwierigen Aufgaben doch zu lösen, obgleich
„Fünfhundert ,Berliner Tageblatts" ruft zum Beispiel der Zeitungsangestellte, der einen Stoß mit Stricken zu- sammengebnndener Zeitungen in das Vestibül hineinschleppt und ans den eisernen Tisch wirst. Während einige der Beamten den Stapel ergreifen, die Stricke herabreißen und ihre Finger mit einer Geschwindigkeit, daß man ihnen kaum zu folgen vermag, über den Stapel gleiten lassen, um nach- znzählen, ob die Exemplare richtig sind, ruft die Stentorstimme des Vorstehers der Verteilnngsstelle schon das Kommando: „Liste eins 150, Liste drei 200" und so weiter.
In demselben Augenblick sind anch schon die Zeitungen an die Schaffner verteilt, und im Laufschritt eilen diese nach ihren Listen, um dort wieder ans einen großen Tisch die Stapel abzulegen. Ans mächtigen Büchern, in denen die Namen der Stationen und die Anordentlicher Geschwindigkeit die Exemplare in die einzelnen Fächer. Das alles muß in rastloser Hast geschehen, denn schon schrillen die elektrischen Klingeln, die den „Schluß der Listen" anzeigen, weil die Karriolen nach den Bahnhöfen abfahren müssen. Jetzt werden ans den Fächern derjenigen Poststationen, die zu dem betreffenden Kurs gehören, für den Schluß gemacht wird, alle Exemplare mitsamt dem unterliegenden Streifen, aus dem die Ortsbezeich- nung steht, herausgezogen, der Streifen wird um die Zeitungen geschlagen, Bindfaden wird mit staunenswerter Geschicklichkeit und Geschwindigkeit um jedes Paket geschlungen, dann eilen die Beamten mit den Stößen von Zeitnngspaketen nach der Sammelstelle, wo sie die Pakete abliefern, damit sie hier in die Säcke, die für den betreffenden Kurs bestimmt sind, gepackt werden. Die Säcke werden verschlossen und durch andre Beamte zur Verladestelle gebracht, wo die Karriolwagen mit offenen Thüren stehen. Die anfsichtsführen- den Beamten haben ihre Angen überall, Sack auf Sack
hinein, die Thüren werden geschlossen. „Fort!" lautet das Kommando, und drei, vier Karriolen jagen in schnellster Gangart ans dem inneren Hof durch eine lange Durchfahrt bis in den Vorhof und von
Weg nach den verschiedenen Bahnhöfen zu nehmen.
So wird mit fieberhafter Hast im Erdgeschoß und in der ersten Etage gearbeitet.
Wie bereits erwähnt, gehen die Exemplare, die für die Listen der oberen Etage bestimmt sind, im Fahrstuhl hiuauf, und die fertig gepackten Säcke, die unteu verladen werden sollen, kommen von der oberen Etage auf einer mit Blech überzogenen Gleitbahn hernntergerutscht.
Das ist das Leben und Treiben im Post- Zeitnngsamt, wie es sich äußerlich dem Besucher zu erkennen giebt. Tie Bureau - Arbeit dieses einzig in der Welt dastehenden Postinstitutes ist aber mindestens ebenso riesenhaft wie die Arbeit in den Speditions-
natnrgemäß um die Zeit der Qnartalsersten durch das Eingehen der Tausende und Abertausende von Zeitungsbestellungen ans dem In- und Auslande die Arbeit auf wenige Tage konzentriert. Es muß dann Tag und Nacht ununterbrochen gearbeitet werden, nicht nur in den Speditionsränmen, uw im Laufe des Jahres niemals die Arbeit ruht, sondern auch oben in den Bureauräumlichkeiten. Hat doch das Post-Zeitnngs- amt in seinen Bureaus jährlich ungefähr
der Zeitungen Zn besorgen. Ungefähr sieben Millionen Mark zahlt das Post-Zeitnngsamt allein an die Berliner Zeitungsverleger, für die es das Geld von den viertausend Postanstalten des Reiches, mit denen es arbeitet,
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dies manchmal nicht mehr im Bereich der Menschenmöglichkeit zu liegen scheint. Für alle auswärtigen, zu Studienzwecken nach Deutschland kommenden Postbeamten und Sachverständigen ist das Post-Zeitungsamt eines der interessantesten Studienobjekte und eine Sehenswürdigkeit, die sich niemand von ihnen entgehen läßt. Wenn der Leser aber das Vergnügen hat, stets pünktlich morgens oder abends die in Berlin erscheinenden Zeitungen, seien es politische, seien es Fachzeitschriften, zu erhalten, so verdankt er es dem rastlosen Eifer, mit dem im Post-Zeitungsamt jahraus, jahreiu, Wochentags und Sonntags, Tag und Nacht gearbeitet wird.
1898 sBd 79).
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