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Zieber chLaird und Meer.
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klobig; da giebt es nur ein Ja und Nein. Nhetorische Eleganz eignet seinen Auslassungen kaum, aber der Freiherr legt ans solche Nebensächlichkeiten auch wenig Gewicht. Sein Freund Kar- dorff führt eine wesentlich feinere Klinge, biegsam und blinkend, wie ans Damascenerstahl geschmiedet. Ein Meister der parlamentarischen Fechtknnst wäre ihr Besitzer zu nennen, ein prickelnder Causeur,'.der doch tödlich zu verwunden weis;, wenn er nicht auch an der Krankheit der letzten Dekade des neunzehnten Jahrhunderts, der Nervosität, litte. Die unterstreicht noch dick seine temperamentvolle Art und läßt den Pfeil mitunter auf den so zielsicheren Schutzen znrückspringen.
Unter den Freischärlern des Hauses, den Meistern der „persönlichen Bemerkungen" — die fast nie persönlich verletzend
mann v. Sonnenberg, der Obmann der Teutschsozialen, hervor. Es ist keiner, der ihn an Schlagfertigkeit übertrüfe, und an wirklichem, gesundem Mutterwitz über- trifft er. alle. Dieser Eigenschaft verdankt er seine sehr bevorzugte Position — wie Eugen Richter, den er bei jeder sich bietenden Gelegenheit am Schopfe zaust, ist er es selbst, nicht die Partei, die ihm Einfluß schafft. Seine Gewandtheit, die Situation zu erfassen, die Empfindungen der Rechten zu einem kraftvollen oder humoristischen Schlagwort zu verdichten, hat ihn oft in wichtigen, manchmal selbst in historischen Augenblicken zu ihrem Wortführer gemacht. Der gerade Alaun versteht sich nicht daraus, ein nävoentus cUndoli zu sein, und seine Reden sind ausfallend schwach, wenn sie einer schwachen
Sache gelten; fühlt er sich aber im richtigen Fahrwasser, darf ersieh ganz und gar gehen lassen, dann, macht er ans seinen Hörern, was er null. Im Reichstage, wo wie in einem wiWmchastlichen Laboratorium die Ideen kühl zergliedert, die Meinungen sorgsam abgewogen werden, vermag er darum bloß dann zu wirken, wenn ausnahmsweise einmal heftige Erregung alle Gemüter bewegt, wenn der urkräftige Volksversammlnngston, die goldene Rücksichtslosigkeit eine Erlösung und Erfrischung scheint.
Nur die hellsten Sterne sind in dieser Aufzählung genannt, nur die Geweihten, die gewohnheitsmäßig in allen großen Schlachten die Fahne tragen oder die Trompeten blasen. Zweifellos wimmelt es neben ihnen von glänzenden Begabungen, deren ganze Bedeutung erst in Zukunft Zn Tage treten wird. Wenn sich die öffentliche Aufmerksamkeit noch nicht in dem Grade auf sie gelenkt hat, wie sie es nach ihrer festen Ueberzengung verdienen, so mag sie die Erwägung trösten, daß sie zumeist erst am Anfänge einer Laufbahn stehen, die die Vielgenannten zum größerer; Teile bald beendet haben werden. Aber auch denen, die den Marschallstab nicht im Tornister fühlen, die ewig ewig heißt hier immer zunächst ans siinf Jahre — einfache Abgeordnete sein werden,
gebliebene Befriedigung des persönlichen Ehrgeizes das Bewußtsein bieten, an wichtiger Stelle mit Einsetzung des ganzen Könnens znm Heile des Vaterlandes entscheidend mitgewirkt zu haben.
köstlicher als der papierne Lorbeer Ciceros.
Modernes Turnier. Griginalzeichnung von Zygmund Ajdnkiewicz. Aus dem Prachtwerk: „Radieret!" (Verlag von Gerlach L Schenk in Wien).
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Dachse, verendetes wild annehmend. Griginalzeichnung von I. Schmitzberger.
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1898 (Bd. 79).
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