Heft 
(1898) 10
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Etwa eine Woche danach, um die Mittagsstunde, saß Hubert grü­belnd und ver­stimmt bei seiner Arbeit. Sie wollte nicht recht vom Fleck. Die Stim­mung fehlte. Und je mehr er sich zwang und quälte, desto weniger wurde es das, was ihm vorschwebte.

Hart, nüchtern, trocken folgten die Sätze aufeinander, ohne Leben und Wärme.

Das Früh­stücksgeschirr stand noch aus dem Tisch.

Das Zimmer war nicht aufgeräumt.

Er hatte seine Wirtin, die heut etwas später ge­kommen war, als ihn: paßte, heftig ungefähren und sie hinausgejagt.

Zwischen Thür und Angel hatte sie ihm noch zugernsen, für die lumpige Miete könne er nicht

Aeöer Land und Weer.

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beanspruchen, daß den ganzen Tag jemand zu seinen Diensten sei. Das hatte ihn heftig gereizt.

Und nun saß er da, aus seiner warmen, frucht­baren Stimmung herausgescheucht, ganz verzweifelt

und so stumpf, daß er nicht ein­mal zu lesen im stände war.

In solchen Stunden war ihm das Leben eine Qual. Er wäre zufrieden gewesen in irgend einer Thätigkeit, die ihn von seinen Ge­danken abzog, seine Hände, seine Mus­kelkraft, sein Ge­dächtnis beschäf­tigte. Seine einzige Rettung war dann, daß er sich drau­ßen im Freien müde lies.

Auch heut blieb ihm nichts andres übrig. Er­zog sich eilig und doch mit der Sorg­falt an, die er, aus Selbst­achtung, stets aus seinen äußern Menschen verwendete. Da klopfte es.

Karl Wedekind! dachte er erfreut. Der gute Kerl hatte sich seither nicht blicken lassen, und Hubert

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