Heft 
(1898) 12
Seite
199
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Aeöer Land und Meer.

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Das Msmarck - Denkmal in Kiel und sein Schöpfer.

A. Mömerr.

HAun hat auch Schleswig-Holstein ein Bismarck-Denkmal.

In Kiel ist es errichtet, um für alle Zeiten ein ehernes Zeugnis zu bilden, wie in erster Reihe Bismarcks Staats­kunst das meerumschluugene Landup ewig ungedeelt" dem deutschen Vaterlande Zurückgewonnen hat.

Harro Magnussen war dazu ausersehen, dem Denkmal Gestalt zu geben. In der That giebt es wenige Bild­hauer, die für diese Aufgabe berufener gewesen, nnd kaum einen, der mit größerer Liebe an die Darstellung des alten Recken vom Sachsenwalde herangegangen wäre. Denn gerade Magnussen hat sich immer wieder mächtig angezogen gefühlt von der ausdrucksvollen, lebendigen Kraft, die Bis­marcks Haupt verkörpert. So ist der Altreichskanzler der Lieblingsgegenstand seiner formenden Kunst geworden; in etwa vierzig verschiedenen Darstellungen, in Statuen, Sta­tuetten, Büsten und Reliefs, hat Magnussen sein Vorbild festzuhalten gesucht. Die lebensvolle Büste mit dem Schlapp­hut, die rechts auf dem Atelierbilde hervortritt, ist tausend­fach vervielfältigt worden und in alle Welt gegangen; so schmückt sie znm Beispiel den Park der deutschen Kolonie in Moskau. Die letzte Büste, die überhaupt uach der Natur geschaffen ist, modellierte der Künstler im vergangenen Jahre zu Friedrichsruh; sie steht auf dem Atelierbilde in der Galerie bekannter Persönlichkeiten links an der zweiten Stelle; mehr als in allen andern sind hier in dem Kopse Bismarcks die Spuren des Alters ausgeprägt.

Das Kieler Denkmal hat seinen Platz vor dem Gym­nasium, einem Backsteinbnu; der Blick des ehernen Kanzlers ist aus den Kriegshafen gerichtet. Um den glattgeschliffenen Unterbau des wuchtigen roten Granitsockels schlingt sich als Bronzerelief die schleswig-holsteinische Doppeleiche, deren Geäst auch auf die Seitenflächen übergreift. Der Granitwürfel, der den Hauptteil des Sockels bildet, ist grob behauen und wirkt dadurch Heller; vorn trägt eine schmale Bronzeplatte den NamenBismarck" in römi­schen Majuskeln. Oben umkräuzt den Sockel ein dichtes Lorbeergeflecht. Auf diesem Postament, an dessen Gestaltung der Architekt Frembgen mitgewirkt hat, steht in Erzguß die Kolossalfigur des Reichsbegründers imposant und gewaltig da. Barhäuptig, im Juterimsrock, die Linke am Griff des kräftig aufgestützten Pallasch, ist Bismarck hier etwa so gedacht, wie er vor dem Reichstag in großen Momenten als Redner erscheinen mochte. Wie blitzt da das Ange unter den buschigen Brauen, und hingerissen von be­zwingender Energie ballt sich die rechte Haud zur Faust zusammen. Es ist der thatkräftige, echte, ganze Bismarck, den dieses Standbild vor Auge und Seele führt.

Der Schöpfer des Denkmals, Harro Magnussen, ist am 14. Mai 1861 zu Hamburg geboren; sein Vater war Maler und hat die Holzschnitzschule in Schleswig begründet. Auch der Sohn wollte sich anfangs der Malerei widmen und besuchte während eines Lustrums die Münchener Akademie. Erst vor zehn Jahrei: erwachte sein plastischer Sinn, und Magnussen entwickelte sich nun im Meister­atelier von Reinhold Begas zum Bildhauer. Was er seit­dem in frischer Schaffenslust entworfen und gestaltet hat, davon giebt unser Atelierbikd, das ihn selbst hinter den: Hilssmodell des Kieler Bismarck-Denkmals iin Arbeits­kittel zeigt, einen kleinen Ueberblick. Neben dem gewaltigen Kanzler ist es vorzugsweise die Gestalt Friedrichs des Großen, an der der Künstler seine Charakterisierungsgabe erprobte. Eine lebensgroße Gruppe, der Weise von Sans­souci in seinen letzten Tagen, brachte Magnussen 1892 in Berlin die kleine goldene Medaille ein. Ansehnlich ist die Reihe bekannter und hochgestellter Zeitgenossen, deren äußeres Bild er der Nachwelt überliefert. Neben fürst­lichen Personen erscheinen hier der gemütvolle Klaus Groth, der Marschendichter Allmers, die launigen Poeten Johannes Trojan und Heinrich Seidel, hier Gustav Spangenberg, der denZug des Todes" so ergreifend gemalt hat, dort der scharf markierte Kopf des Kunsthistorikers Zimmermann und die durchgeistigten Züge eines schlichten Gelehrten, des physiologischen Chemikers Hoppe-Seyler. Ein Entwurf zeigt im Talar die Gestalt des Honterus, des Reformators von Siebenbürgen, dessen Denkmal Magnussen für Kronstadt auszuführen hat. Und eine andre Skizze sie steht in der Atelieransicht auf dem Kamin stellt den Grafen Anton Günther von Oldenburg aus einem Pferde dar, dessen Schweif und geflochtene Mähne bis zur Erde hinabreichen. Dem Grafen verdankt Oldenburg, daß es von: Dreißig­jährigen Kriege verschont blieb. Den heranrückenden Heer­führern ritt er entgegen, beschenkte sie mit Pferden und legte ihnen dringend ans Herz, .nun auch Kehrt zu machen. Das Monument dieses Grafen wird eine Aufgabe sein, die den reichbegabten Künstler noch in Zukunft erwartet.

Moderne Dprilr.

Der Karpfen.

Lbristnacht in den Alpen.

Dies Jahr ja zum ersten Male.

Und sie wissen doch von den Geschwistern her,

Dem Sepp und der Liesl, die wonnige Mär Don der Feier im Dorfe da unten.

Es schwebte so oft ihnen nachts durch den Traum Der Engelgesang und der Lichterbaum Mit den Lilien und Rosen, den bunten.

Nun halten sie sich an den bsänden beid',

Die kleinen Lserzen voll Seligkeit Und doch mit geheimem Bangen.

Laut knirscht der Schnee unter jeden: Tritt,

Und im Walde da klingt und rauscht es mit, wie sie schweigend hindurchgegangen.

Die furchtsamen blauen, ein Zauberwald rings! Und sie denken all der Geschichten,

Die abends die Ahne beim Feuerschein Von der heiligen Weihnacht den Kinderlein Aufs neue stets mußte berichten.

Von den Engeln, die mit dem Ehristuskind Unterwegs vom bsimmel zur Erde sind:

Ueber schneeigen Alpenst'rnen.

Die hütet das große Geheimnis der Welt,

Und nichts als ein Lächeln des Mondes fällt Aus die Unschuld der Rinderstirnen. Adelheid Stier.

stumme Liebe.

ir gehn zu Spiel und Tanz wir zwei,

Du lachst wie ein fröhliches Rind dabei.

Du schaust mir sorglos ins Angesicht:

Daß ich dich liebe, ahnst du nicht.

Lenz im Winter.

und Eis bedecken wieder Flur und Wald und Berg und Thal; Scheint die Sonne auch hernieder,

Ghne Macht ist doch ihr Strahl.

Und du kamst! Ich sah dein Lächeln,

Linde Lüste fühlt' ich fächeln,

hier ist Liebe, Lenz und Lust. Kranz Blume.

wer da lebt in Einsamkeit.

da lebt in Einsamkeit,

Den sollst du nicht kränken,

Denn er hat zu viele Zeit,

wolle ihm die kurze Frist

Beim Diner.

saßen festlich in der Tafelrunde,

Ihr liebes Angesicht mir gegenüber.

Nichts sah mein Auge rings im Rreise lieber. An einen heimlich slücht'gen Ruß ich dachte,

Der mich beglückte noch vor einem Stündchen.

Woöert Sohl.

Wls die fünf Exminister des Exkönigs Karls X. nach Ham abgeführt wurden, konnte die Eskorte sie nur mit Mühe vor der Wut des Pöbels schützen, der unauf­hörlich brüllte:Nieder mit den Ministern! Werft Polignac ins Wasser!" Einer der vier andern Minister sagte diesem: Es scheint, daß Sie von uns der populärste sind!" An diese Anekdote muß ich denken, wenn ich von jenem Fische rede, der in diesem Aufsatz behandelt werden soll. Ter Karpfen ist wohl der populärste Fisch Europas, aber der arme Teufel zahlt seine Popularität, die hienieden ja über­haupt teuer erkauft werden muß, mit seinem Leben. Wie heißt es in dem alten G'stanzl vom Busserl?Er schmeckt halt gar so guat!" notabene in den Monaten mit R! Der Karpfen ist die Zierde großer Tafeln, und selbst der holde Weihnachtsabend würde in manchen Gegenden ein wenig von seinem fröhlichen Zauber einbüßen, erschiene auf dem festlich gedeckten Tische nicht auch ein schönes Exemplar von O/xrinus earpio in irgend einer von der sachver­ständigen Hausfrau gewählten Form. Bei der allgemeinen Beliebtheit des Karpfens seit ungefähr zwanzig Jahren hat er sich als Zucht- und Speisefisch auch in Amerika eingebürgert wäre die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß er nach und nach auf den Aussterbe-Etat gesetzt würde. Dem steht nun einerseits die immer ausgedehntere künstliche Zucht in Teichen und Weihern, andrerseits seine ungeheure Vermehrung entgegen, die selbst mit dem Appetit der karpfenspeisenden Menschheit gleichen Schritt hält. Der Naturforscher Vogt erzählt, daß der Rogen des Karpfen oft schwerer wiegt, als der Fisch selbst, und daß er bei manchen über 700 000 Eier enthält. Von dieser Frucht­barkeit stammt auch sein Name, der von dem Worte ^pTroci" (Frucht) abgeleitet wird. Er ist der Patriarch der großen Cyprinoidenfamilie, die gegen achtzig Arten zählt.

Die Karpfen sind leicht zu erkennen an ihrer beweg­lichen runden und stumpfen Schnauze, woran rechts und links je zwei fleischige Bartfäden hängen, an der langen Rückenflosse, den: hoch gewölbten Rücken, dem gesenkten Bauche und den großen, breiten Schuppen. Die Kinnlade ist zahnlos, dagegen der untere Schlundknochen mit dicken Zähnen versorgt; die Zunge Feinschmecker wissen sie als besonderen Leckerbissen zu schätzen ist glatt und der Gaumen mit einer reizbaren, weichen und dicken Substanz ausgefüllt. Ein auffallendes Merkmal besitzt der Karpfen in seinen Flossenstrahlen, die stark gezähnelt sind, und außer­dem in einer Stachelspitze, die je aus dem zweiten Strahle der Rücken- und der Afterflosse hervorragt. Der Karpfen ist ein großer Phlegmatikus, ein die Ruhe über alles liebender Faulpelz, und hält sich aus diesen: Grunde nicht gern in scharf schießenden Strömungen und reißenden Plätzen auf; er bevorzugt stille Tümpel, steheudes oder doch träg fließendes Gewässer und Teiche und Weiher mit lehmigem Untergründe. Dort wühlt er sich gern in den Schlamm hinein oder schleicht gemächlich im Schilfe und aus weichen, verwesenden Wasserkräutern, die den Boden bedecken. Da sucht er seine Nahrung. Man kann nun nicht gerade be­haupten, daß er sehr wählerisch sei; er frißt einfach alles, was ihm vor das Maul kommt, Insekten, Larven, Würmer, Schlamm, faulende pflanzliche und tierische Stoffe, und so muß er es sich gefallen lassen, daß man ihn dasSchwein unter den Süßwasserfischen" benennt. Das stört ihn aller­dings nicht besonders; er wird bei diesem Leben dick und fett, erhält ein Gewicht bis 20 Kilogramm und mehr und kann ein methusalemisches Alter erreichen. Ist doch im Juli 1881 in den Teichen des Schlosses von Fon­tainebleau ein Karpfen Fanny hieß er gestorben, von dev: behauptet wurde, daß er zur Zeit der Regierung Franz I. (15151547) dem Ei entschlüpft sei. Ein dokumentarisch sicher gestelltes Alter besaß aber jener würdige Karpfengreis, der im Jahre 1886 in der Spree gefangen wurde, einen Meter lang und 78 Centimeter breit war, etwas über 18 Kilo wog und am Unterkiefer einen Ring trug, auf dem sich Eingravierungen befanden, die vom Roste zernagt und daher nur unvollständig zu entziffern waren; immerhin konnte so viel festgestellt werden, daß dieser Ring dem Fische im Jahre 1618 in Haselhorst um­gelegt wurde. 268 Jahre lang hat sonach dieser Karpfen des Lebens ungemischte Freude kennen gelernt. Bei der Fischausstellung in Straubing im Jahre 1881 wurden von der Gutsverwaltung des Grafen Preising-Lichtenegg- Moos drei Stück hundertjährige Karpfen in dem Schloß­teiche ausgestellt. Mein Gewährsmann, Herr August Hawlitschek in Wien, entwirft kein besonders verführerisches Bild von ihrer Schönheit.Die Haut war runzelig und aufgesprungen und der Kopf fast so groß wie der eines Kalbes. Länge 1 Meter." Wenn ich noch eines sagen­haften Karpfen Erwähnung thue, der im Jahre 1711 bei Frankfurt a. Oder gefangen wurde, 9 Fuß Länge,

3 Fuß Breite und 70 Pfund an Gewicht gehabt haben soll, so geschieht dies nur der Vollständigkeit halber, ohne daß ich mich für die faktische Existenz dieses kleinen Wal­fisches gerade verbürgen möchte. Notorisch ist eben, daß der Karpfen sehr alt werden kann. Er hat aber nicht nur