Heft 
(1898) 25
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Ueber <Land und Meer.

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Im Ärööner Lochthale.

Text und Abbildungen

Gnril Terrsrl7lrk.

LMie mir wenige Bewohner einsamer Hochgebirgsthäler hangt der Grödner an seiner alten Tracht, an seinen alten, von den Vätern übernommenen Sitten und Gebräuchen; hat sich anch im Laufe der Jahre manches abgeschliffen und dem Zwange der Zeit weichen müssen, so ist doch vieles Interessante geblieben. Die Natur dort oben, in dem von wilden Dolomitriesen eingeschlossenen Hochthale, ist eigenartig und ungemein charakteristisch, nnd die Menschen, die dort leben, tragen eben­falls den Stempel des Originellen. Trotz­dem die Tracht der Grödner mehr Wand­lungen dnrchgemacht hat wie die meisten Trachten andrer Tiroler Gebirgsbewohner, hat sie sich dennoch ihre Eigenart bewahrt, was um so bemerkenswerter ist, als der Grödner dem Wechsel der Mode keines­wegs abgeneigt erscheint. Bezüglich der Seidenschürzen, die an hohen Festtagen, znm Beispiel Fronleichnam, getragen wer­den, wird geradezu Luxus getrieben; jede Frau nnd jedes Mädchen will gleichsam eineOriginalschürze" besitzen, die nur sie allein trügt. Bei Prozessionen sieht man oft Zwanzig nnd noch mehr Frauen, jede mit einen:Origiualschurz"; es funkelt nnd leuchtet in der Sonne, die Seide rauscht und knistert, nnd je schöner der Schurz, desto stolzer die Trägerin. Zehn bis zwanzig Gulden, vielleicht noch mehr, werden für einen recht schönen Original­schurz bezahlt. Warum sollte man übrigens der fleißigen, sonst außerordentlich sparsamen Grödnerin die Freude nicht gönnen?

Franz Moroder schreibt in seinem Buche Das Grödner Thal": Schon in der Kopf-

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bedeckung dürfte wohl kaum eine zweite Gebirgstracht so viele Wandlungen durch­gemacht habeu wie jene Grödens, und

blicken, so treffen wir von Ende des acht­zehnten bis zu Ende der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts die weiße, weiche, gestrickte hohe Baumwollmütze, oben mit einer rotseidenen Masche, bei Männern und Frauen wie auch bei der Schuljugend an; gleichzeitig war auch schon zur Festtracht der Knödelhut bei den Frauen üblich. Derselbe behauptete sich bis in die vier­ziger Jahre. Die weiße Baumwollmütze wurde dann höher und steifer gemacht, später auf kurze Zeit die untere Hälfte blau und nur noch die obere Hälfte weiß, und nachdem sie bei den Männern ganz

derzeitige dunkelblaues gestrickte hohe Mütze in Form und Größe eines Zuckerhutes, oben mit einer lichtblauen Seidenmasche geziert, ein, die zuerst bei jedem Aus­gange, mitunter sogar im Hause und in etwas niedrigerer Form von den Schul­mädchen, dann nur noch an Sonn- und Festtagen und jetzt wohl nur noch an hohen Feiertagen getragen wird und voraus­sichtlich in Kürze verschwinden dürfte. Gleichzeitig mit der Spitzhaube trat auch eine niedere, oben mit grünem Sammet und in Kreuz gelegter Goldborte verzierte Pelzmütze von Fischotter, sowie bei der sogenannten Stadtkleidung ein hoher, oben breit ausgeschweifter, haariger Cylinderhut auf kurze Zeit bei den Franeu auf. Die Kranzljungfer trug bis in die vierziger Jahre den großen grünen Hut.

Die Männer trugen, wie schon erwähnt, seinerzeit gleich den Frauen die hohe, weiße, weiche Baumwollhaube, dann anfangs dieses Jahrhunderts große, breitkrempige, rote, gelbe, grüne und schwarze Hüte, gleichwie in vielen andern Gegenden Tirols, dann mitunter eine Fischottermütze; später kam

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