Heft 
(1898) 26
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Weber Land und Meer.

Anfahrt.

Iie -euWe MWMjWl i,l der Hegemviut.

Mit acht Abbildungen.

^in glänzendes Beispiel des mächtigen Aufschwunges unsrer Land- ZW Wirtschaft und ihrer großen technischen Vervollkommnung zeigt uns die deutsche Milchwirtschaft. Vor etwas mehr als zwei Jahr­zehnten lag dieser wichtige Wirtschaftszweig noch tief danieder, während er heute bereits einen Grad der Entwicklung erreicht hat, der die kühnsten Erwartungen von früher weit hinter sich läßt. In vielen und großen Gebieten Deutschlands lieferte die Milchwirtschaft bis vor etwa fünfundzwanzig Jahren nur sehr unbedeutende Reinerträge im Vergleich zu dem allgemeinen Ertrag der Landwirtschaft. Sie

Aber diese erstaunlichen Fortschritte auf einem bisher arg vernachlässigten Wirt­schaftsgebiete in so kurzer Zeit waren nur möglich durch die thatkräftige, zielbewusste Arbeit tüchtiger Männer der Wissenschaft und Praxis. Männer wie Benno Mar- tiny, vr. Fleischmann, vr. Julius Kühn, Oekonomierat Petersen und andre haben ihre Namen unauslöschlich mit der Ge­schichte der deutschen Milchwirtschaft ver­knüpft. Doch auch dem Auslande, ins­besondere dein auf diesem Gebiete weit vorgeschrittenen Dänemark, ist was nicht verschwiegen werden darf manche bedeutungsvolle Neuerung und manche wertvolle Anregung zu danken.

von früher vergegenwärtigen und mit dem der Jetztzeit vergleichen, so muß

uen Satten längere Zeit je nach der Jahreszeit 24 bis 48 Stunden stehen gelassen und der inzwischen nach oben abgeschiedene Rahm dann mittels Schöpflöffel abgenommen, eine Arbeit, die mit der Hand geschehen mußte, bei einem größeren Betriebe erklärlicherweise viel Zeit in Anspruch nahm und auch nur ein recht unvollständiges Resultat er­geben konnte.

Verschiedene Versuche, das Ausrahmverfahren zu ver­einfachen, wie zum Beispiel von Destinon und andre sie unternahmen, waren nur wenig erfolgreich. Erst das so­genannte Swartzsche Aufrahmverfahreu, das schon seit 1864 in Schweden und Norwegen zur Anwendung kam, aber erst im Jahre 1875 über Dänemark Eingang in Schleswig-Holstein und Norddeutschland fand, konnte man als einen nennenswerten Fortschritt betrachten. Es bestand darin, daß man statt der breiten und flachen Satten schmälere und bedeutend tiefere Gefäße aus verzinntein Eisenblech be­nutzte und die zur Ausrahmung bestimmte Milch in diesen in mit kaltem Wasser oder Eis gefüllte Behälter gestellt

man die damaligen Einrich­tungen zur Verarbeitung der Milch und Herstellung der Butter geradezu kläglich nen­nen. Von der Erzeugung feiner Produkte und voller Aus­beutung der Milch konnte niemals die Rede sein. Ueberall war, wenn auch in der Form verschieden, das alte Satten- aufrahmverfahren üblich. Die gewonnene Milch wurde in flachen hölzernen oder blecher-

ist jetzt sogar vielfach zum Stütz­punkt der ganzen Landwirtschaft geworden und gleicht die enorme Einbuße aus, die der Ertrag aus dem Getreidebau durch deu Rückgaug der Kornpreise erlitten. Eine natürliche Folge hiervon war die verbesserte Rindvieh­haltung und überhaupt ein Auf­blühen der Viehzucht, wie wir es jetzt überall konstatieren können.

Durch eine rationellere Be­wirtschaftung des Wiesen- und Weidelandes, verbunden mit einer reichlicheren Ernährung des Milch­viehes, wird jetzt eine ungleich größere und bessere Milchmenge erzielt als früher. Auch die Zahl des Milchviehes ist, wie die Ergebnisse der periodisch statt- sindenden staatlichen Viehzählung zeigen , in dem Zeitraum der letzten zwanzig Jahre in Deutsch­land um fast eine Million ge­stiegen, nämlich von 8 961221 im Jahre 1873 auf 9 946164 im Jahre 1893, abgesehen von Kälbern, Jungvieh und Stierem

wurde. Die dadurch hervorgerufene Temperaturherabsetzung förderte die Ausscheidung des Rahmes ganz erheblich, so daß die Dauer des Verfahrens wesentlich verkürzt wurde und das erzielte Produkt sich auch durchweg von etwas feinerer Beschaffenheit erwies als nach dein alten Satten- verfahren.

Eine totale Umwälzung des Molkereibetriebes brachte erst die allerdings schon früher versuchte, aber bis dahin noch immer mißlungene Verwirklichung des Gedankens, durch die Zentrifugalkraft eine schnelle und vollständige Trennung des Rahmes von der Milch zu bewirken. Im Jahre 1876 gelang es dem bekannten Ingenieur Lefeldt, dieses große Problem zu lösen und die erste Milchzentrifuge zu bauen. Doch hafteten der­selben noch mancherlei Mängel an, deren Beseitigung erst nach und nach möglich wurde. So gelang es dem Schweden de Laval zuerst, die Milchzeutrisuge konti­nuierlich arbeiten zu lassen, und damit erst war das größte Hindernis ihrer allgemeinen Ein­führung beseitigt. Weitere be­deutende Verbesserungen an dieser für die gesamte Milchwirtschaft epochemachenden Erfindung, sowie an andern wichtigen Hilfsmitteln und Einrichtungen des Molkerei­betriebes haben dann das Ihre dazu beigetragen, denselben auf die jetzige Höhe zu bringen. Wo nicht etwa ein allgemeiner Milch- versand nach größeren Städten oder Judustriebezirken stattfindet, dürfte es heute kaum noch ein Dorf oder ein größeres Gut

durch Dampfkraft oder elektrische Energie getriebenen Milchent­rahmungsmaschinen besäße oder an einem mit denselben aus­gestatteten Molkereibetriebe in der Nachbarschaft beteiligt wäre.