Heft 
(1898) 26
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Aeber ^Land und Weer.

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des Knetens wird, insbesondere der gleichmäßigen Verteilung des Salzes wegen, am selben Tage nochmals vorgenommen, worauf die Butter über Nacht ruht. Am nächsten Morgen wird sie dann abermals geknetet, bis die letzte Spur von Salz­wasser entfernt ist. Geschäftige Meierinnen besorgen dann gleich das Abwiegen der Butter in einzelne Pfundstücke, die, durch eine Formmaschine in Backsteinform geformt, so­dann in sauberes Pergamentpapier eingeschlagen und, ent­sprechend den Anforderungen der Konsumenten, in Post- kistchen von je acht Pfund Inhalt verpackt werden.

In dieser Gestalt geht die Butter in die Versand­abteilung oder Expedition über, um noch am selben Tage durch die Post befördert zu werden.

Es ist erklärlich, daß ein Molkereibetrieb, der so alle denkbaren Vorbedingungen zur Erzeugung eines notwendigen Produktes erfüllt und durch die erzielte gänzliche Ausscheidung aller Krankheitserreger in gesundheitlicher Beziehung den denk­bar höchsten Anforderungen entspricht, um den guten Absatz der Butter nicht verlegen zu sein braucht. Fast die gesamte Butter­produktion wird im Postversand direkt an die Konsumenten abgeführt. Wie wir hörten, hat die Molkerei im vorigen Jahre 4550000 Postkisten Butter versandt. Ueberhaupt

letzten Jahren allgemein eine so bedeutende Ausdehnung gewonnen, daß die Molkereien diesem Umstande durch.be­sondere, zweckdienliche Einrichtungen in jeder Weise Rech­nung zu tragen schon im eignen Interesse sich veranlaßt sehen.

Von den übrigen Räumen der Molkerei ist noch der Kesselraum mit zwei horizontalen Flammrohrdampfkesseln von zusammen 63 Quadratmeter Heizfläche zu erwähnen und ferner der Maschinenraum, in dem zwei Dampfmaschinen von zusammen 68 Pferdekräften, sowie zwei Elektromotoren von je einer Pferdekraft aufgestellt sind. Für die not­wendige Krafterzeugung ist somit in hinreichendem Maße gesorgt. Die gesamten Betriebs- und Wohnräume des mächtigen Baues sind überdies mit elektrischer Beleuchtung und Dampfheizung ausgestattet. zs. M.

Äoöerne Dxrik. Frühlings Einzug.

ch h g s M-s!-r!chmidt.

Oie Genesene.

Frühling naht, die linden Lüfte wehen, Befreiungsodein sprengt des winters Macht, V, könnt' ich jetzt der Vögel Lied verstehen,

wetterleuchten.

Molken schimmern hell; Matt funkeln vereinzelte Sterne.

Margit.

Von wo es keine Rückkehr giebt.

Drum wenn die Nachtigallen schlagen Bei Mondenschein und Fliederdust, Ringt sich ein sehnsuchtsvolles Klagen Empor aus deiner frischen Gruft.

Die Molin-Ktavier-Zonaie.

G. Witting- Dresden.

enn eine Richtung ihre den gegebenen Verhältnissen gemäß höchste Stufe erreicht hat, so stellt sich natürlicherweise ein Stillstand ein. Das war auch nach Tartinis Wirksamkeit der Fall. Seine zahlreichen Schüler haben sich zwar um die Ausbreitung und weitere Entwick­lung des Violinspiels sehr verdient gemacht, allein die Ent­wicklung der Violinsonate als Gattung war mit des Meisters Werken wie abgeschlossen, denn die vereinzelten Erscheinungen dieser Art von seinen Nachfolgern erreichten im besten Falle kaum die Schöpfungen des genialen Mannes. Das hohe Ziel, das er durch seine immerwährende Beharrlichkeit, fein geniales Denken und fruchtbares Schaffen erreicht hatte, mußte noch lange für seine Nachfolger als Mittel zu ihrer eignen Bildung dienen. Dazu kam die allmähliche Aus­breitung der Klaviersonate, wodurch die Violinsonate von ihrem herrschenden Einfluß etwas einbüßte; bis dann end­lich beide Instrumente einen Bund miteinander schlossen, womit der Mnsikwelt dieViolin-Klavier-Sonate" gegeben ward. Daß diese letztere schon vor Tartinis ruhmvoller Erscheinung einen großmächtigen Vorläufer hatte, der leider wenig bekannt wurde, ist am Schlüsse der vorigen Be­sprechung mitgeteilt worden. Doch muß dabei erwähnt werden, daß die deutschen Verhältnisse damaliger Zeit der Verbreitung derartiger Erscheinungen durchaus ungünstige waren. Um so bereitwilliger nahm man aber fremde Er­scheinungen auf und vergaß dabei den eignen Reichtum. Indes die Klavier-Violin-Sonate sollte noch nicht gleich als vollendete Thatsache ihren Einzug halten. Die Violine hatte ja so lange als Herrin geglänzt und das Klavier nur als begleitende Dienerin betrachtet. Jetzt begann das Klavier einen Aufschwung zu nehmen und sich als Herrin der Geige gegenüberzustellen.

Einer der ersten oder vielleicht der erste, der seine KlavierstückeSonate" benannte, war der Deutsche Johann Kuhnau (16671722), der Vorgänger Sebastian Bachs an der Thomasschule in Leipzig. Auch gab er seinen Sonaten erklärende Worte bei, wodurch sie als Tonmalereien erschienen, zum BeispielBiblische Historie: Der Streit zwischen David und Goliath in sieben Stücken oder Sonaten, a bis Z; a) Pochen und Trotzen Goliaths, b) Zittern der Israeliten und ihr Gebet zu Gott bei dem Anblick dieses abscheulichen Feindes"*) und andres mehr.

Ein bedeutender Klaviersonatenkomponist und zugleich zu jener Zeit auch sehr bekannt war Domenico Scarlatti (16831757). Seine Sonaten bestehen nur aus einem Satze: der Tonumfang konnte, den damaligen Instrumenten entsprechend, nur ein geringer sein. Die Themen sind meist kleinlich und zopfig. Der Satz ist sehr oft nur ein zweistimmiger Kontrapunkt; Nachahmung und Umkehrung der kleinen Phrasen sind das eigentlich Treibende in diesen Sonaten, doch sind sie noch immer sehr interessant, denn alles darin hat Leben und ist nicht ohne Geist. Sämtliche Sonaten Scarlattis, auch eine Auswahl derselben, sind bei Breitkopf L Härtel, ausgewählte noch bei Peters und Stein­gräber erschienen.

Indes sollte die Klaviersonate durch deutsche Künstler zu einer gedeihlichen Entwicklung gebracht werden.

Zunächst war es PH. Emanuel Bach (17141788), der Sohn des großen Seb. Bach, der die Klaviersonate vom kontrapunktischen Zopf befreite und sie mit formgewandter Geschicklichkeit anmutiger gestaltete. Somit legte er den Grund, auf dem besonders Haydn, dann Mozart weiter­bauen konnten. In den bekannten billigen Ausgaben sind Sonaten von ihm zu haben. Ein sehr bedeutendes Werk von ihm darf hier nicht unerwähnt bleiben, nämlich: Versuch über die wahre Kunst, das Klavier zu spielen." Hierin findet sich auch eine planmäßige Abhandlung der vielen damals gebräuchlichen Verzierungen, die eigentlich durch die Klangarmut des Clavichords sich allmählich ge­bildet hatten; denn um das Fortklingen eines einzelnen Tones zu ermöglichen, wandte man die Bebung, den Vor­schlag, den Pralltriller, den Triller und andres mehr an. (H. Germer,Die musikalische Ornamentik", Leede, Leipzig.) Doch ist hier noch zu bemerken, daß der Gesamteindruck derjenigen Sonaten, die bis tief in das achtzehnte Jahr­hundert hinein geschaffen wurden, trotz so mancher echt musikalischen Vorzüge doch den Mangel an Steigerung, an Gegensätzen empfinden läßt. Diese Eigenschaften, die heute sich so oft ins Uebertriebene verlieren, konnten erst dann zum Bewußtsein, zur Entfaltung gelangen, als die Sonaten­form sich derart entwickelt hatte, daß man zu ihrem Auf­bau ein erstes und ein zweites Hauptthema als feste Regel annahm, um die sich dann die Nebensätze und Passagen als deren abhängige Glieder gruppierten. Mit dieser An­nahme stellte sich dann auch eine Modulationsbewegung in­sofern fest, als das zweite Hauptthema in der Tonart der Oberdominante der Haupttonart erklingen mußte, wodurch eine harmonische Steigerung im Mittelpunkt des Satzes erreicht war. Kommt dann hinzu, daß das zweite Haupt­thema rhythmisch in einem scharfen, abstechenden Gegensatz zum ersten Hauptthema erscheint, dann ist auch eine Mannig­faltigkeit in der Steigerung sowohl melodisch wie rhythmisch als gesichert zu betrachten, wodurch nun das Interesse lebendig erhalten bleibt. Schon die Nachfolger Corellis leitete ein dunkles Gefühl des Aufstrebens, den Schluß des ersten Teiles einer Sonate in der Oberdominante zu machen. Von all diesen Mitteln, durch Grundsätze dem Musikstück eine Fähigkeit des Aufstrebens zu geben, hatte die Tartinische Zeit noch keine Ahnung. Erst dem Beethovenschen Genius war es gegeben, diesem natürlichen Steigerungsgesetz die letzte bestimmende Weihe zu geben; denn noch Haydn (17321809), der die Entwicklung der Klaviersonate mit großem Erfolge anstrebte, hat meistens nur ein Hauptthema für seine Sätze, obgleich er den Mittelsatz zweites Haupt­thema, den er fast immer dem Hauptthema entlehnte, in die Oberdominante der Haupttonart versetzte,*) so in Nr. 2 (Litolffs Bibliothek, Haydn, Sonaten), L-rnoU, sechs Achtel (Mittelsatz d-äur), worin der ganze Satz sich aus dem einfachsten Dreiklangsmotiv entwickelt und damit den Beweis eines starken und geistvollen Musikdenkens giebt; so in der großen Sonate Nr. 9, L8-äur (Mittelsatz L-äur). Auch beschenkte Haydn die Liebhaber mit Klaviersonaten, denen er eine Violinbegleitung hinzufügte. Allein das Klavier hat hierin alles zu sagen und die Violine geht fast immer gehorsam nebenher, bald die Melodie, bald die Harmonie verstärkend; nur sehr selten darf sie einige Schritte selb­ständig wagen. Erst Mozart (17561791), der für seine Zeit ein eigenartiger und bahnbrechender Sonatenkomponist und Klaviervirtuos war, hob diese Vormundschaft auf und gab der Violine in seinen Sonaten ihre Selbständigkeit zurück, indem sie mit dem Klavier wechselweise als melodie- führende Stimme auftritt. Unter diesen Sonaten befinden sich mehrere, die die höchsten virtuosen Ansprüche eines ge­bildeten Konzertpublikums noch heute genußreich befriedigen dürften.

Auch die kleinen Sonaten haben einen mehr als nur gewöhnlichen künstlerischen Wert. Die in L-moll (Nr. 4 in der Peters-Ausgabe) ist sogar ein Meisterwerk in Bezug auf thematische Behandlung und Geschlossenheit der Formen. Dabei ist sie, was die Technik betrifft, nicht schwer. Die einzige Stelle mit den Trillern im ersten Satze des zweiten Teiles die französischen Geiger nennen eine solche Stelle easseeou" (Halsbrecher) verliert ihre scheinbare Schwie­rigkeit, sobald der Triller als Sechzehntelfigur ausgeführt wird. Ueberhaupt verlieren die Triller an Schwierigkeit und gewinnen an Reiz und Schönheit, wenn sie in einem richtigen Taktverhältnis zu Gehör kommen.

Hier mögen nun einige analysierende Bemerkungen über die wichtigsten Sonaten folgen. Von den großen Sonaten Mozarts sind die Nr. 3, 10, 11, 12, 15 und 17 zum Studium sehr zu empfehlen, besonders für Klavierspielende, da hierin die Bindung, die doch eine Haupteigenschaft der Melodie ist, in hervorragender Weise zu Tage tritt. Eine Melodie, ohne Bindung vorgetragen, bleibt als solche un­verständlich, erst durch eine entsprechende Bindung bekommt sie Leben. Am Klavier kann die Bindung nur durch Studium, auf künstliche Weise, zu Tage treten. Das musi­kalische Empfinden allein von der Notwendigkeit des Bindens kann hier zum Richtigen hinleiten, und die Geige, deren

1. SatzDie Tonleiter als Motiv", in Nr. 14 vonDer Klavier­lehrer", 1879; sowie: Mozarts ^.-inoII-Sonate, 1. Satz in Nr. 22, von 1883, in derselben musikpädagogischen Zeitschrift.