iette
Deutschland.
14.
Alles das taugt nicht für einen Kaufmann, und Du mußt es Dir wieder abgewöhnen, — verstanden? Zn eben diesem Zwecke schicke ich Dich irr die Fremde. In London kennst Du niemanden, und Mr. Crooking wird Sorge dafür tragen, daß Du nur solide, respektable Bekanntschaften machst. In dieser Hinsicht kann ich mich ans ihn verlassen."
„Daran zweifele ich nicht," sprach Paul mit einem leisen Seufzer. „Ich werde natürlich auch in seinem Hanse wohnen?"
„Natürlich!" antwortete sein Vater lind sah ihn strenge an. „Junge Leute Deines Schlages kann man nicht genau genug überwachen."
Als die Tafel aufgehoben war und Paul sich mit einem Handkusse von seinen: Vater verabschieden wollte, hielt dieser ihn zurück.
„Apropos . . . Die Geschichte mit jenem Ladenmädchen . . . ist sie endgültig ans?"
„Ja, Papa."
„Du hast der Person nichts versprochen? Etwa ihr dann und wann zu schreiben, oder sonst etwas dergleichen?"
„Ich habe ihr gelobt, für sie und das Kind Sorge zu tragen."
Herr Anselm Bergmann schluckte ein paarmal - wahrscheinlich an dem „Kinde."
„Bilde Dir nicht etwa ein, daß dieses Kind in: Ernste das Deine sei," sprach er verächtlich. „Von solchen Kindern läßt sich das niemals mit Bestimmtheit behaupten. Diese Mädchen sind klug. Sie wolle!: eben: inaner den: reichsten ihrer Liebhaber die Sorge nn: ihre Rangen ansbürden . . . man kennt das. Ich werde den: Mädel ein für allemal eine Abferti- gungssnmme schicken, und dann sei sie tot sür Dich. Hast Du mich verstanden?"
„Ja, Papa," sagte Paul, die Fingerspitzen des Vaters, welche dieser ihn: hinhielt, küssend.
Am anderen Tage emppng Fanny einen mit vielen Siegeln versehenen Geldbrief. Sie riß ihn ans und prüfte seinen Inhalt.
„Dreihundert Gulden!" ries sie mit bitteren: Lachen. „Das ist alles! Ans eine Fortsetzung darf ich nicht hoffen."
„Das schundige Pack!" sagte Frau Schulz. „Soviel also ist ihnen die Ehre und die Liebe eines Mädchens wert! . . . Aber mach Dir nichts daraus, Fanny. Diese lumpigen dreihundert Gulden werden gerade ansreichen, Dich ein wenig sür die Bühne ansznbilden. Wir wollen sie einstweilen beiseite legen."
„Aber das Kind . . . ?" fragte Fanny zögernd. „DnS Geld gehört doch sür das Kind!"
„Laß mich zufrieden mit dein Kinde! Das giebt man irgendwohin in die Kost, zahlt die ersten Monate ein paar Gulden sür seine Erhaltung und kümmert sich dann nicht weiter darum ..."
„O nein, Frau Schulz, das thue ich nimmermehr."
„Du wirst es thnn. Machen es doch die wenigsten anders. Solche Kinder liebt man nicht, glaube es nur."
(Fm'tsctziiiig fvlgt.)
Tod und Unsterblichkeit.
Betrachtungen in: Lichte der heutigen Natnrfvrschnng.
Lcm
vr. Theodor Icrensch. (Schluß.)
Diese Einkapselnng nun, bezw. die dabei eintretende Unterbrechung des Lebens, ist Vvn Götte Weismann gegenüber als Tod gedeutet worden. Götte hält znn: Begriffe des Todes den einer Leiche nicht für notwendig und sieht ihn einfach in dem Aufhören aller Lebensänßernngen des Gesamtwesens; das eingekapselte Urtier ist nach seiner Auffassung nicht mehr lebendig, sondern nur noch lebensfähig durch „Verjüngung:" „organisch," aber nicht „organisiert." Sein Einzeldasein hat ansgehört. Es enthält gewisserinaßen die zu einen: lebenden Wesen notwendige!: Stoffe, aber sie müssen in ihren feinsten Teilen erst neu geordnet, in ihren Urbestandteilcn erst so gelagert werden, daß sich Lebensänßernngen zeigen können. Das ans der Kapsel nach der Ruhezeit hervvrgehende Tier ist nicht inehr dasselbe Wesen: es ist sein Kind." Ter unmittelbare Zusammenhang des Lebens war durch die Einkapselnng unterbrochen; das alte Tier ist tot; ein neues fängt sein Dasein an. Und die Ursache dieses Todes liegt eben in der stattgehabten Verjüngung, also in der Fortpflanzung. Tie Fortpslan zung ist nach Götte überhaupt die allgemeine Ursache des Todes in der Welt, und eben darum faßt er auch den einfachen Zerfall eines Lebewesens in weiterlebende Teile als Tod des erstvorhandenen ans. Weil die Vermehrung stattfinden soll, so muß die Verjüngung vorhergehen, und weil die Verjüngung hierzu Vorbedingung ist, so muß das alte Lebewesen in nerlich in seine Teile zerfallen, nn: den Stofs znn> Ansban eines neuen, des Weiterlebens fähigen, herzngeben.
Hiergegen lassen sich gewichtige Einwendungen machen, und die meisten Forscher haben sich gegen diese Anschauung erklärt. Wollte man aber wirklich die hier in Rede stehenden Fülle anders beurteilen als die ii: diesen: Anssatze zuerst in Betracht gezogenen, so bliebe nichts übrig, als die bei der Verjüngung znrückgelassene Kapsel, den einzigen Rückstand des vorher vorhandene!: Wesens, als dessen Leiche, als das Tote, Gestorbene zu erklären. Tann wäre allerdings das neue Wesen - oder die neuen, wenn eine Teilung dabei stattgefnnden hat -- ein Nachkomme des alten nun verstorbenen, und dessen Leiche wäre geringer an Umsang als das eben erst znm Leben erwachte Kind. Wir könnten dann den landläufigen Begriff des Todes aus diese Fälle anwenden, während allerdings der landläufige Begriff der Leiche hier entschieden zu kurz kommt. Wir müßten dann nämlich, nn: folgerecht zu bleiben, auch den Pnppenznstand eines Schmetterlings als Tod, die beim Ans- schlüpsen des Falters znrückgelassene Pnppenhant als Leiche anerkennen; ja das Gleiche ließe sich von jeder Häutung eines Gliedertieres sagen, und der Zusammenhang des Lebens wäre jedesmal aufgehoben, wenn ein sogenannter Häntnngsschlaf stattsünde: denn jeder wäre einem Tode gleich zu achten. Die verschiedenen „Entwickelnngsznstände" eines Küfers oder Schmetterlings einschließlich der mehrfachen Häntnngsvorgünge in: Larven- oder Ranpenstande müßten wir als ebenso viele Ge- schlechtssolgen oder Generationen betrachten, und die alte Ran penhaut wäre die Mutter der frisch gehäuteten, daraus hervorgehenden Raupe. Das Bewußtsein müßten wir als völlig unterbrochen ansehen, so oft eine Häutung stattfindet, und keine Spur einer Erinnerung könnte der Raupe verraten, welcherlei Nahrung sie vor ihrer letzten Häutung gefressen hat. Auch findet ja wirklich in: Puppenznstande eine völlige Auslösung der Gewebe, eine Umbildung und Neuordnung statt, bis ans der alten Form sich das geflügelte Tier entwickeln kann: wenn
" Es sei hervorgehollen, das; es auch Fälle (pellt, wo llei einer solchen „Verjüngung" leine Vermehrung eintritt, sondern nur ein einziges Wesen das Dasein des alteil fortsellt.