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Schranken. Nnr Übergänge nnd Brücken sind die steten Sparen ihres unendlichen Schaffens im Weltall; sie kennt kein Sterben, nur ein ewiges Werden.*
* Schlußanmerkunp. Wenn in dem Aufsatz des vorigen Heftes von dem Mißverhältnis zwischen Nahrungsaufnahme und Nahrungsbedarf und dessen Ausgleichung durch Teilung die Rede ist, so soll damit nicht gesagt sein, daß dieses Mißverhältnis die einzige Ursache des Auseinandergehens zweier Neuzellen sein müsse. Es ist leicht ersichtlich, daß auch andere Gründe erheblich hierbei mitspielen können. Bei starker Vergrößerung müßte zum Beispiel schon die Schwere Ähnliches bewirken, wenn nicht besondere Vorkehrungen gegen ihre Einwirkung getroffen werden. Man kann das an jedem Quecksilberkügelchen sehen, das sich etwa beim Abgießen von einer größeren Masse ablöst. Das Quecksilber zeichnet sich durch hvhen inneren Zusammenhalt seiner Urbestandteile aus, daher es ein ausgezeichnetes Beispiel der Tropfenbildung liefert. Schütten nur aber eine größere Menge dieses Stoffes in einem Gusse auf eine glatte, etwa verglaste Fläche, so wird der entstehende große Tropfen durch seine hohe Eigcnschwere stark abgeplattet; und fügen'wir mehr und inehr Quecksilber hinzu, so genügt die geringste Unebenheit der Unterlage, um ihn zur Trennung in größere und kleinere, sich abermals sofort kugelig zusammenbaltende Einzeltropfen zu veranlassen. So gestattet auch bei den höheren Wesen nicht jeder Bauplan und nicht jedst Lebensweise eine Vergrößerung des Einzelkörpers in gleichem Grade. Es hat seinen guten Grund, daß es nicht Krebse von Elefantengröße giebt, daß unter den Vögeln die Nichtflieger die größten sind, daß wir mehr Riesen im ruhig dahinlebenden Pflanzenreiche treffen als in der beweglicheren Tierwelt, und daß unter den Tieren die gewaltigsten im Wasser leben.
Andererseits braucht die Abhilfe gegen die aus verschiedenen Ursachen eintretenden Mißverhältnisse nicht unbedingt durch Teilung zu geschehen. Unter den Pflanzen giebt es einzellige Vertreter von ganz bedeutender Ausdehnung und Formsonderung, die sogenannten Rottange oder Florideen. Aber sie sind wenigstens vielkernig und außerdem von zahlreichen eigentümlich verteilten Keimstvsfsträngen festerer Beschaffenheit durchzogen, welche ein förmliches Gerüst zu bilden scheinen. Teilwände fehlen allerdings, aber die Gewächse dieser Gruppe leben im Meere und werden vom Wasser flutend getragen, indem ihr Eigengewicht nach Archimedes' Gesetz verringert wird. Indem sie sich aber (wenn auch nach ganz anderen Wachstnmsgesetzen als die Hauptvertreter der Landpflanzen) in Scheinwurzel, Scheinblütter und Scheinzweige verästeln, hasten sie im Meeresgründe fest und erreichen auch ohne Kammerteilung eine namhafte Vergrößerung der verdauenden Qberflache, die bei ihnen, wie bei allen Pflanzen, außen liegt. Sv vergrößern sich auch die Wurzeln der Landpflanzen durch fortdauernde Verzweigung im Erdboden stets entsprechend dein Wachstum des gesamten Pflanzenkörpers und der Gesamt- vberfläche der Lanbmasse, und erfüllen so den doppelten Zweck der ausreichenden Bodenfestigung und der genügenden Versorgung mit Wasser und Näbrsalzen zu jeder Zeit des Lebens. Eine Anwendung davon macht die Gärtnerei, indem sie beim Versetzen von Bäumen, deren gar zu weit anslaufende Wurzeln gestutzt werden müssen, auch zugleich die Äste und Zweige kürzt, um das Gleichgewicht wieder herznstellen nnd die Blattfülle nicht in schadenbringender Weise überwiegen zu lassen.
Bei den höheren Tieren liegt die Verdauungsfläche stets innen, aber auch hier finden wir mit einer Vergrößerung des Gesamtkörpers stets eure solche der echteren Hand in Hand gehend. Dieselbe wird dann eben bei den größeren Vertretern durch Ein- und Ausstülpung oder Faltung erreicht, zumal wenn es sich um Pflanzenfresser handelt, deren Nahrung sich ihrer schweren Verdaulichkeit halber länger im Magen und den Darmwegen anfhalten muß, um entsprechend ausgenutzt zu werden. — Ein Beispiel' der Möglichkeit starken Wachstums bei Einzelligkeit oder wenigstens geringzähliger Zellscheidung bietet schließlich das Ei wilder Tiere, besonders der Vögel, bei welchem derartige Ausbildung durch die allseitig geschützte Lage und ausgiebige Ernährung im Mutterkörper herstellbar wird.
Die Gemehrfrnge.
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Hauptmatt!! ZK. Lrmcnr.
c^n noch höherem Maße als die neulich an dieser Stelle besprochene Pulverfrage muß die Gewehrfrage nicht nur OD olle militärischen, sondern auch die berufenen Laienkreise beschäftigen, zumal wir wiederum vor der Einführung eines neuen Gewehres stehen. Da es Thatsache ist, daß das jetzige Gewehr erst vor ganz kurzer Zeit eine wesentliche Umänderung erfuhr, indem es mit einem Magazin versehen wurde, so wird sicher die Frage nicht unberechtigt scheinen, welche zwingenden Gründe uns veranlassen, bereits nach so kurzer Frist ein neues Gewehr einzuführen. Um diese Frage eingehend beantworten zu können, werden wir uns klar zu machen versuchen müssen,
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welche Anforderungen früher und jetzt an die Leistungsfähigkeit der Infanteriewaffe gestellt werden, und wie weit das jetzige Gewehr diesen Anforderungen entspricht.
Es sei zunächst gestattet, einen historischen Rückblick auf die Entwickelung des gezogenen Hinterladergewehres überhaupt zu werfen. Wir rhnn dies an der Hand der bekannten vorzüglichen Schriften über dieses Thema, von Plönnies und Weygand, bekanntlich zweier hervorragender Autoritäten ans diesem Gebiete.
Sobald in Preußen die Frage nach Erhöhung der Wirkung des Gewehres zur Sprache kam, also schon zu Zeiten des Vorderladungsgewehres, war man sich klar, daß die Erhöhung der Schnßleistung hauptsächlich in zwei Richtungen anzustreben sei. Dies war erstens die Einzelschußleistung, also Treffgenauigkeit und Geschoßwirkung, nnd zweitens die Massen- oder Schnellfeuerschnßleistung, d. h. die Feuerschnelligkcit der Waffe und die Patronenansrüstnng des Mannes. In hervorragenden! Maße erfüllte diese Anforderung der gezogene Hinterlader des großen Kalibers mit Papiereinheitspatrone — das Zündnadelgewehr FI 41. Die Treffleistnng wurde später durch Einführung des Langblei mit Zündspiegelführnng, dann durch das erleichterte Lnngblei gesteigert: die Fenerschnelligkeit der Waffen wurde vergrößert durch den gasdichten Verschluß mit Kantschnkpuffer. Nach dem Kriege 1866, in welchem die preußische Armee mit ihrem Hinterlader so großartige Erfolge errang, wurde dieses System allgemein eingeführt. Jetzt, nach dem Kriege 1870/71, der die Überlegenheit des französischen Chassepotgewehres gezeigt hatte, wurde die Infanterie mit einem Hinterlader des kleinen Kalibers, 11 Millimeter, mit Metalleinheitspatrone, dem Jnsanteriegewchr FI 71. ausgerüstet. Bayern folgte 1876 mit der Annahme des gleichen Gewehres. Weygand sagt in seinem Werk über die neue deutsche Gewehrsrage sehr richtig, „eine ans der Höhe der Wissenschaft befindliche Heeresleitung sollte stets außer der Bewaffnung der Armee eine ans der Höhe der Zeit stehende neue verbesserte Waffe zur Verfügung haben, um gegebenen Falles überraschend mit derselben hervortreten zu können." Nach diesem Gesichtspunkte hatte man in Deutschland bis zum Jahre 1885 ein Magazingewehr (Jnsanteriegewchr Fl 71/84 resp. 84) derartig vorbereitet, daß dasselbe kurz darauf in Gebrauch genommen werden konnte. Das Bestreben, die Leistung der Infanterie im Sinne der Massen- oder Schnellfeuerschnßleistung zu steigern nnd damit die taktische Leistung derselben zu vermehren, war die Veranlassung, daß der Frage des für die Handfeuerwaffe noch kriegsbranchbaren kleinsten Kalibers energisch näher getreten wurde. Erscheint es hierbei wunderbar, daß diese Frage schon vor Einführung des Magazingewehres Fl 71/84 ventiliert wurde und inan doch zur Einführung dieses Gewehres noch schritt, so war dies doch wohl begründet. Fl 71 konnte infolge seiner Beschaffenheit nicht in ein kleineres Kaliber nmgewandelt werden, man mußte aber, wäre es im Jahre 1886 zu einem Kriege mit Frankreich gekommen, ans einen solchen auch mit dem Gewehre vorbereitet sein, und die Umänderung des Gewehres Fl 71 bot in dem Sinne, wie sie geschah, die einfachste nnd praktischste Lösung. Ganz Europa blickte bewundernd auf Deutschland, das damals durch die plötzliche Bewaffnung seiner Armee mit dein Magazingewehr wesentlich dazu beitrug, jenen ehrgeizigen General, der damals in der That die Wage des europäischen Friedens in der Hand hielt, davon abznhalten, die beiden Länder in das Unglück eines neuen Krieges zu stürzen.
Die Verminderung des Kalibers gewährt außerordentliche Vorteile, indem sie zunächst die Einzeltreffleistnng durch vermehrte Treffgenauigkeit erhöht nnd eine größere Rasanz d. h. eine größere Spannung der Flugbahn herbeiführt. Letzterer Umstand vergrößert wesentlich die Schußweite des Standvisiers, den Kernschnß, und erhöht die zufällige Trefs- leistnng — diese bildet nämlich den größten Teil der Gefechts- trefsleistnng. Es ist nnr nötig, die Waffe in annähernd wage rechter Richtung anznschlagen, um den ungedeckt sich nähernden
Deutschland.