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Deutschland.
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Gegner in, ganzer Mannshöhe unter Feuer zu haben. Die geringere Übung im Distancenschätzeit, der lmvorschriftsiitäßige Gebrauch des Gewehres, die Einflüsse der Witterung ans die Pulverladnng der Patrone werden hierdurch zum großen Teile ausgeglichen. Das geringe Kaliber erlaubt ferner eine wesentliche Erhöhung der Fenerschnelligkeit, indem es eine entsprechende Vermehrung der Patronenansrnstnng des einzelnen Mannes, der sogenannten Taschenmnnition, der Ausrüstung der Patronenwagen und Alunitionskolonnen gestattet. „Das Bewußtsein dieser höheren Feuerbereitschast zur Fortsetzung des Feuers steigert aber an sich den moralischen Wert der Truppe und hiermit die Wahrscheinlichkeit des Erfolges." Das Kaliber darf jedoch nicht so klein werden, daß die genügende Trefffühigkeit und Schußweite darunter leidet. Während man dieselbe früher steigernd ans Entfernungen bis 400 resp. «100 resp. 800 und 1200 Meter verlangte, beansprucht man jetzt eine solche bis zu der Grenze, ans welcher inan lebende Ziele von anderen überhaupt unterscheiden kann, d. h. 1600 bis 2000 Meter. Diese ist nur zu erreichen durch große Rasanz und geringe Streuung, für welche Faktoren wiederum das kleine Kaliber Sicherheit bietet. Dieses ermöglicht die erwähnte Trefffähigkeit ans Entfernungen bis 3000 Meter. Durch die bei dem geringeren Gewicht ermöglichte leichtere Handhabung der Waffe werden die Streuungen vermindert. Die Ballistik lehrt uns, daß ein Bleigeschoß von bestimmtem Gewicht, je mehr man es in die Länge zieht, desto günstigere Querschnittsbelastnng und desto günstigere Form für Überwindung des Luftwiderstandes erhält. Da sich hieraus aber, wie Oberst Witte in seiner Waffenlehre sagt, größere Schußweiten, bessere Durchschlagskraft auf größere Entfernung n. s. w. ergebet«, so wird man mit einem geringeren Bleigewicht scholl dasselbe leisten. Dann erhält man bei Beibehaltung der Ladung wieder ein günstigeres Ladnngsverhältnis, mithin größere Allfangsgeschwindigkeit und also wiederum Steigerung der ballistischen Leistung der Waffe. Man gewinnt aber bei kleinem Kaliber nicht nur an Rasanz infolge der größeren Anfangsgeschwindigkeit, sondern auch bei dem verlängerten Führnngsteil des Geschosses durch die mehr gesicherte Führung an Treffsicherheit. Die Rasanz ist abhängig von der Anfangsgeschwindigkeit und guter Überwindung des Luftwiderstandes. Diese bedingen einen großen Ladnngsquotienten und „günstige" Ge- schoßkonstrnktion. Letztere verlangt wiederum eine genügende Querschnittsbelastnltg, welche dem Verhältnis der Gewichtseinheiteil des Geschosses zu den Flächeneinheiten seines Querschnitts entspricht. Hierdurch wird für das Geschoß schweres Material, also Blei, Hartblei oder llmmnntelnng verlangt. Als natürliche Forderung tritt noch die günstige Form des Geschosses — meist Cylinder mit ogivaler Bogenspitze — hinzu. Die Pnlverladnng darf nicht 4,05 bis 5 Gramm, weil sonst der Rückstoß zu bedeutend würde, übersteigen. Die erhöhte Bleibelastung des Geschosses wird durch die Zunahme seiner Länge bis zn vier bis fünf Kaliber mit der gleichzeitigen Abnahme seines Durchmessers bis 7,05 Millimeter und feines Gewichtes bis zn 14 Gramm herbeigeführt. Die Regelmäßigkeit der Flugbahn wird durch die schärfer gewundenen Züge des Laufes bei genügender Umschwnngsfestigkeit für die ganze Länge der Bahn gesichert.
Ein weiterer Gesichtspunkt lag in der Erzielung einer genügenden Geschoßwirkung, daß diese nur durch die Perknssions- kraft des Geschosses herbeigeführt werden soll. Die Anwendung von Sprenggeschossen mit kleinem Kaliber ist bekanntlich durch die Petersburger Konvention verboteil. Um genügende Schwere der Geschosse zu erzielen, sind, wie wir erwähnten,, außer dein Blei sogenannte Mantelgeschosse versucht resp. bei fremden Armeen bereits eingeführt worden. Diese Mantelgeschosse haben den doppelten Zweck, daß zunächst das schwerere Metall des Mantels die Qnerschnittsbelastnng des Geschosses vergrößern, daß ferner der Mantel die Führung des Geschosses im Lauf gewährleisten soll. Besteht es nur ans dem weichen Blei, so würde es bei seiner großen Anfangsgeschwindigkeit
und dem notwendigen steilen Drall der Züge diese leicht überspringen und so an Treffwahrscheinlichkeit wesentlich einbüßen.
Eilte weitere Anforderung an das Gewehr liegt in einer genügenden Feuergeschwindigkeit. Setzt sich die Einzel- leistnng der Waffe ans Trefffühigkeit und Geschoßwirkung zusammen, so erfordert die Gesamtleistung doch noch eilt gewisses Maß an Feuergeschwindigkeit. Für dieses Maß kommt wiederum iir Betracht die zweckmäßige Einrichtung des Verschlusses, welcher nur wenige Ladetempos verlangen darf, also Selbst- spanner sein soll und sicheres Funktionieren und gutes Auswerfen gestatten muß. Ferner muß bei guter Schwerpnnkts- lage möglichst jeder Rückstoß vermieden sein.
Auch darf der Lauf beim Schießen nicht glühend werden. Werndl, Remington und Werder leisteten zehn Schuß, das Chassepot sieben und einen halben, das aptierte Zündnadelgewehr siedelt Schuß in der Minute. Die Möglichkeit der leichten Handhabung der Waffe ist gleichzeitig mit einer möglichst großen Wirkung zn verbindeil. Ein großes Kaliber verlangt eine große Pnlverladnng, somit starke Lanswünde; die Waffe wird zn schwer, der Rückstoß zn groß. Wird das Kaliber andererseits zu klein, so würden sich die Läufe, abgesehen von der ballistischen Wirkung, falls man sie nicht unverhältnismäßig stark herstellt, leicht verbiegeil, und die Reinigung lind Anfertigung derselben würde zn schwierig werden. Für die leichte Handhabung ist auch das Gewicht der Munition wichtig. Man rechnet, daß der Mann «licht mehr als 3,5 Kilo Mu- nitionsgewicht trageil soll. In Parenthese sei hier gleich erwähnt, daß das 11 Millimeter-Gewehr bei dem Patronen gewicht von 42,8 Gramm ans 3 Kilo die Ausrüstung mit 70, das 8 Millimeter- resp. 7,5 Millimeter-Gewehr bei 35,2 Gramm und 28,5 Gramm Patronengewicht die Ausrüstung mit 85 resp. 105 Patronen gestattet. (4 Kilo geben 93 resp. 126 resp. 140 Patroneil.) Bei der Besprechung der Forderung der leichten Handhabung der Waffe ist naturgemäß zn verlangen, daß das Gewehr sich in jeder Lage des Schützen gleichmäßig gebraucheil läßt, d. h. die Treffsicherheit und Leichtigkeit der Bedienung dieselbe bleibt.
Durch Forderung der Einfachheit ist ansgedrückt, daß sowohl im ganzen System dieselbe Munition für die Waffen der verschiedenen Truppengattungen anznwenden ist, als auch daß die Konstruktion der Waffe selbst möglichst einfach sei. Dies ist schon deshalb unbedingt notwendig, damit auch der weniger intelligente Ersatz der Armee Verständnis für die Waffe habe, und auch die Revision, Instandhaltung und Anfertigung derselben möglichst wenig Schwierigkeitelt biete. In Bezug ans Dauerhaftigkeit geht der Wunsch dahin, daß die Waffe in allen ihren einzelnen Teileil möglichst lange dem Einflüsse der Schüsse, wie überhaupt jeder Abnutzung Widerstand leiste. Deshalb muß der Lauf von bestellt Material (Gnßstahl) und ebenso die Schäfte von gutem, «licht leicht spaltendem Holze (Nußbanm, Ahorn) sein.
Nachdem man die ersten Hinterladergewehre als Nadelgewehre konstruiert hatte, fand bald die Ilmwandlnng derselben in Stiftgewehre statt, bei bellen eilt Schlagbolzelt die Zündpille der Metallpatrone zur Entzündung brachte. Derselbe wurde ebenso, wie vorher die Zündnadel, als Bestandteil des Ey- linderverschlusses verwendet. Mit diesem System konkurrierte das System der Charnierverschlüsse, von denen Dosen-, Klappen- und Fallblockverschlüsse zur Verwendung kamen.
Eine Beschreibung dieser Verschlüsse hier zn geben, erscheint übrig, da der Name das Prinzip derselben zur Genüge andeutet, und andererseits specielle Belehrung in jeder Wafsen- lehre resp. jedem Militürhandwörterbuch, wie in dem sehr guten Potenschen, zu erlangen ist. Im allgemeinen sei nur gesagt, daß bei den Dosenverschlüssen hl in tulmtim-o) die Drehachse parallel, bei den Klappenverschlüsselt senkrecht zur Lanfachse liegt, während bei den,,Fallblvckverschlüsseit das Berschlnßstück durch eilte Feder znm Offnen des Verschlusses nach abwärts geschnellt wird. Die Dosenverschlüsse lernten wir in Frankreich bei den Franktireurs kennen, die Engländer wandten sie bei