eine große Zärtlichkeit, und wohin es ging, und wenn es eine gelbe Fiebergegend war, immer war sie mit ihm an Bord" (81), und nie, möchte man ergänzen, war sie mit ihm an Land. .Und wenn sie wieder hier in Kopenhagen zurück war" (nicht: waren), — kehrte sie dann wieder bei den Eltern ein? Nichts läge doch näher. Doch nun sagt Frau Hansen, in punktierter Parenthese: .... sie hatte aber damals eine selbständige Wohnung, denn mein alter Hansen, dessen sich der Herr Graf ja wohl noch von Glücksburg her erinnern werden, lebte damals noch . .." (81). Merkwürdiges Faktum, noch merkwürdiger die Begründung, die nichts begründet. Gab es nicht Platz genug für drei Leute im Haus der Frau Hansen? Keine Rede davon, sie hatte „Überfluß an Raum" (47). So bleibt vorläufig ungeklärt, weshalb Brigitte zu Lebzeiten des Vaters das Elternhaus mied oder meiden mußte. Merkwürdig ferner, wie wenig der schönen Brigitte die Mühen der Seefahrt anzuspüren sind. Bedenkt man die langen, langen Reisen der Zärtlichkeitszeit vor 1854 und jene überlange letzte von 1854, so muß sie auf rauher See unter rauhen Männern Jahre zugebracht haben, junge Jahre, in denen ein Mensch durch das Leben, das er führt, noch geprägt wird. Eine ungezierte Frau von odysse- ischer Berichtlust, von einem Teint, der das Erlebnis von Salzwind und Sonne bezeugt, das ist es doch, was der Leser erwarten müßte. Doch ihm begegnet eine alabasterne Venus, „eine merkwürdige Mischung von Frou- frou und Lady Macbeth" (78), die .mit ihrem Rotblond und der Welljacke, die nirgends schließt" (120), mit ihrem „ewig müden Augenaufschlag" (119) — ihrem Schlafzimmerblick, wie wir das heute unzart nennen — einen Frauentyp verkörpert, der sich auf Fahrten in gelbe Fiebergegenden nur selten herausbildet. Merkwürdig auch, daß nichts sie drängt, von den Fahrten zu erzählen, daß sie nie von ihrer Weltkundigkeit etwas durchblicken läßt. Für die Exotika scheint allein die Mutter zuständig zu sein. Was Brigitte gesprächig macht, sind höfische und recht weibliche Dinge, der Liebeszauber der Danner etwa oder wie Ebba bei der Rettung aus dem Brand wohl bekleidet gewesen sein mochte (vgl. 205). .Die Hansens, und speziell die junge, wissen mehr von der Gräfin Danner als die Danner selbst", hat Pentz früh verraten (77). Wieder sehr merkwürdig, denn Brigitte ist ja ein gesellschaftlicher Neuling. Zwei Jahre vorher noch nicht da, weiß sie nun alles und mehr. Reichen dazu die Nachtbesuche eines Sicherheitsbeamten?
Der Liebeszauber der Danner entpuppt sich als diejenige Merkwürdigkeit, durch deren Enträtselung sämtliche anderen sich ebenfalls erhellen. „Die Danner weiß ihn (den König, W. S.) zu halten und muß einen Charme haben, den der Rest der Menschheit noch nicht entdecken konnte" (119), erzählt Pentz über die 1815 geborene Gräfin, die vor der morganatischen Ehe mit Friedrich VII. Putzmacherin war und Rasmussen hieß. Aber wieder verhehlt er nur, daß er in die Bewandtnisse dieses Liebeszaubers nicht minder eingeweiht ist als die Prinzessin, die sich ihrerseits über Holk lustig macht, wenn sie sagt: „Sie sehen, lieber Holk, in dem Behextsein etwas wie etwa das intermittierende Fieber und glauben an freie Tage. Das leuchtet mir aber nicht ein. Ein richtiger Zauber pausiert nicht und setzt nicht aus" (179). Nur Holk also weiß nichts Näheres, es wiederholt sich eine schon bekannte Konstellation. Man ahnt, daß mit „Liebeszauber" etwas umschrieben wird, was mit den welkenden Reizen der Danner nichts zu tun hat, doch Holk sieht nicht recht.
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