Heft 
(1988) 45
Seite
57
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Ach, Herr Baron, wer immer auf seinen Mann wartet, der denkt nicht an andere. Mein Seliger war ja auch Kapitän. Und ich habe immer bloß an ihn gedacht..."

Pentz lachte.Nun, Frau Hansen, was einem die Frauen sagen, das muß man glauben, das geht nicht anders. Und ich will's auch versuchen" (69 f). Erst mit der Hypothese entschlüsselt sich, wie die Textstelle gedeutet sein möchte. Hier zwinkern sich zwei Auguren zu, die sich nicht vorgaukeln müssen, sie glaubten an einen Kapitän Hansen. Die Anwesenheit eines Anhnungslosen macht ihnen, unbeeinträchtigt von Erichsens Mißbilligung, die kleine Komödie zu einem diskreten Gaudium. Man blättere nun zu der Stelle weiter, wo der Ahnungslose selber mit Witwe Hansen über diesen Punkt redet:

(...) Sie können stolz sein, eine so schöne Tochter zu haben, und nur den Ehemann begreif' ich nicht, daß er seine Frau hier in aller Ruhe zurückläßt und zwischen Singapor und Shanghai hin- und herfährt. So nehm' ich wenigstens an, denn da fahren sie so ziemlich alle. Ja, Frau Hansen, solche schöne Frau, mein ich, die nimmt man mit vom Nordpol bis an den Südpol, und wenn man's nicht aus Liebe tut, so tut man's aus Angst und Eifersucht. Und ich für mein' Teil, soviel weiß ich, ich würde mir immer sagen, man muß auch von der Jugend nicht mehr verlangen, als sie leisten kann. Nicht wahr? In diesem Punkte, denk' ich, sind wir einig: Sie denken auch so. Also warum nimmt er sie nicht mit? Warum bringt er sie in Gefahr? Und natürlich sich erst recht." Ach, das ist eine lange Geschichte, Herr Graf.. ." (80).

Ziemlich dieselben Betrachtungen wie bei Pentz, dem er sie natürlich auch abgelauscht hat.Holk, das sind nicht deine Ideen", würde Christine mahnend einwerfen. Es sind aber doch seine, nur seine Ideen, Holk glaubt an den Kapitän Hansen wie ein Kind an den Osterhasen.

IV

In diesem Buch heißt es gut aufpassen, wenn mal jemand lacht. Ein unzeitiges Lachen ist es, womit Fontane einen höchst makabren Umstand aufdeckt, ohne dessen Kenntnis der Leser von den Fredericksborger Gesprächen so gut wie nie das Wesentliche versteht. Im 23. Kapitel sinnt Holk über den Pastor Schleppegrell nach, der mit einer netten, aber bemerkenswert unansehnlichen Frau verheiratet ist:

Er scheint so ruhig und abgeklärt, so ganz in Frieden, aber ist er's? Wenn es wahr ist, daß drei Prinzessinnen hintereinanderweg, oder viel­leicht auch a tempo, sich in ihn verliebten, so will mir solch Idyll, als Ausgang von dem allem, doch ein fragliches Glück erscheinen. Eine Prinzessin zu heiraten ist freilich ein noch viel fraglicheres, aber wenn man's klug unterläßt und als einzigen Lohn seiner Klugheit nichts hat als solche Hilleröder Kleinstädterei, so muß einem doch immer so was wie Sehnsucht bleiben. Eine prächtige Frau, diese kleine dicke Kugel von Pastorin, aber ganz unangetan, einen Mann wie Schleppegrell seine Vergangenheit vergessen zu machen (. ..)" (172).