Heft 
(1889) 34
Seite
569
Einzelbild herunterladen

Deutschland.

Seite 569.

34.

Rebekka. Setz' Dich drauf,

Sag' Deinen Spruch und flugs Haft Du die Luft ge­wonnen!

Marie (an den Herd tretend). Hinweg, Ihr Schändlichen! (Besprengt sie heftig.)

Beide Hexen (schreiend). Hör' auf! Hör' auf!

Marie. Fort! sag' ich.

Rebekka. Au!

Theresia. Verbrenn' uns nicht die Glieder!

Rebekka. Wir sliehn ja schon!

Theresia. Und kehren niemals wieder!

Kob ns (während die beiden ans den Steinen hackend durch den Scharnstein ansfahren).

Das glaub' ich Euch. Ihr kommt dem Hexenfang Nie mehr zu nah', und stund' er hundert Jahre lang.

12. Krene.*

Marie. Albertus. Kobns. Einbrechendes Volk, das, kaum daß die Hexen ausgefahren sind, auf Leitern durch das Fenster steigt, die Thür von innen entriegelt und andere einläßt.

Stimmen des Volkes. Wo sind die Leute

Giebt es auch Beute?

Wo sind die Hexen, wo?

Mordio! Feuerjo!

Gin Strolch. Nur frisch hinein!

Gin anderer. Wo ist der Schuft?

Erster Strolch (erstaunt). Die Luft ist rein!

Der andere (ebenso). Rein ist die Luft!

Kobns. Was wollt Ihr hier?

Strolche. Wir seh'n nach Dir.

Student (mit gesetztein Bürger vorkommend, vor Albertus be­wundernd).

Ganz alleine sitzt das Genie Zwischen dem Famulus und Marie!

Burger (den Finger in der Luft). Sind das hier nicht ver­dächtige Wellen?

Student. Eitel Weihrauch wie in Gottes Kapellen. Strolch. Das ist sein Glück!

Marie. Nun, Leute, geht zurück!

Ihr seht, daß nichts Unheiligs hier zu spüren.

Strolch. Ter brave Mann!

Albertus. Ade!

Kobns. Dort sind die Thüren!

Strolch (sich nmguckend). So schnell vorbei?

Wie schade!

Da liegt so mancherlei,

Das Gnade

Vor meinen Augen fände!

Kobns. Weg die Hände!

Strolch (im Abgehen). Ein feines Haus!

Kobns (die Leute hinausdrängend). Schon gut! Hinaus! Hinaus! Student (im Abgehen noch einmal vor Albertus stehen bleibend).

O großer Alaun, für den (vir schwärmen!

Bürger (den Student mit sich fortnehmend). Schade! 's war wieder mal nur blindes Lärmen!

Und freute mich schon sehr auf Hexenleichen.

Student (den Finger vor der Stirn, mitleidig). Hexen?! Es giebt gar nichts dergleichen! (Ab, den andern nach.)*

* Die zwischen Sternchen stehende ^veene bleibt bei der Auf führung ans demBerliner Theater" fort.

13. Srene.

Die Vorigen ohne Volk.

Marie. Nun flugs Dein Heim und jegliches Gerät Gereinigt und geweiht, was geht und steht!

Dann soll, all böse Reste zu verjagen,

Vom alten Herd in goldner Majestät

Zum Himmel auf die fromme Flamme schlagen!

(Sie inacht sich diesen Worten entsprechend während des folgenden Zwiegesprächs zu schaffen in der Stube und am Herde und trägt, was sie vom Herde genommen, vor die Thür.)

Kobns (zu Albertus, der, an seinem Pulte lehnend, im Vorder­gründe steht). Mein weiser Meister, stehst ja wie gelähmt!

Albertus. Ich fühle mich erniedrigt und beschämt.

O Eitelkeit!

Kobns. Erleicht're Deine Brust!

War's denn nicht Deine Kunst und Weisheit just, Davor die Satansbrut Reißaus genommen?

Albertus. Vor Kunst und Weisheit, die ganz unbewußt Die reine Thorheit in die Hand bekommen!

Welch bitt're Lehr' in dieser Ironie!

Kobns (altklug). Das ist nichts Neu's. Experiment mißlingt, Und leiden muß das forschende Genie.

Wenn's nur dem Allgemeinen Nutzen bringt,

Und es zum Vorteil dient der Wissenschaft!

Albertus. Ich dank'!

K obns (hält ihn neugierig zurück). Wie war's heut' nacht denn?... Albertus. Ekelhaft!

Kobns (höchstes Erstaunen). All der satanische Genuß? Albertus Ein Wahn!

Der Teufel schafft kein anderes Organ,

Als Gott Dir schon beim Eintritt in das Leben In seiner Güt' und Weisheit mitgegeben,

Er lehrt Dich's nur mißbrauchen und dabei Den Trug, daß Übersättigung Wonne sei.

Was Hab' ich heute nacht an Raserei,

Von sogenannten Freuden und Genüssen Nicht alles sehen, alles hören müssen,

Davor dem Teufel selber graut! ...

Die tollen Weiber aber hat's erbaut.

Marie (neben dem Herde, feierlich, vom Glanz der lodernden Flamme bestrahlt). Gereinigt Hab' ich Hans und Feuerstelle. Geb's Gott, daß Du Dich wieder eingewöhnst! Albertus. Sei mir gegrüßt in heiliger Flammenhelle,

Die Dich verherrlicht, wie Dn sie verschönst!

Hab' Dank für Deinen Acut!

Marie. Dn machst mich unbescheiden.

Für all das Gute, was Du uns gethan,

Was that ich viel! Ich haßte jene beiden,

Und was man haßt, greift man leicht mutig an.

Doch willst mir durchaus danken, bitt' ich Dich,

Komm mit zu meiner lieben Kranken,

Der Du geholfen.

Albert n s. Williglich!

Marie. Sie fühlt sich wohl und will Dir selber danken. Albertus. Auch ich möcht' ihr zu Dank verpflichtet sein. Marie. Dn? . . . Ihr? . . . Wofür?

Albertus. Für Deine Hand, Marie.

Doch fürcht' ich, Mütterchen versagt mir sie.

Marie. Wer weiß!

(Albertus deutet nach dem Hexenfaug hinauf. Marie fährt lächelnd

fort.)'

Es heißt im Volke, so ein Kenner,

Der mit dem Tenfel schon zu Nacht gespeist,

Gab' oft den besten aller Ehemänner.

Kobns. Wie unser Fall einst sicherlich beweist.