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Deutschland.
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mehren und neue Rosenkränze bilden. Natürlich muß sich die Gallerthülle erst verflüssigen, bevor die Kriechfäden sich hin- durchschlüngeln können. Dergestalt bleiben von der ursprünglichen Ansiedelung schließlich nur die Grenzzellen übrig; alles andere hat sich in Bewegung gesetzt und auf die Wanderschaft begeben.
Dieses Verhalten giebt denn auch den Fingerzeig dafür, wie die Gallertalge in die Höhlungen des Schwimmsarns hineingelangt. Außer in diesen findet sie sich nämlich noch außen; aber nur dicht unter dem wachsenden Ende jeder Verzweigung, wo die jungen, eben erst angelegten Blätter sitzen. Diese haben noch keine ausgebildeten Höhlungen; aber an der betreffenden Stelle zeigen sie bald eine wulstartige Erhebung, die in der Mitte wieder vertieft ist. Hier nun lauern förmlich schon die Kriechfüden der Alge, um ihr Quartier zu beziehen, sobald es nur fertig gestellt ist. Sie siedeln sich in der Vertiefung an; der Ringwulst wird größer; er schließt sich oben bis auf eine enge Öffnung, und die Höhle ist fertig. Ein Teil der Alge ist dabei aber mit eingeschlossen worden, und bleibt, wo er ist. Er wächst dann in der Höhle weiter, sowie diese selbst an Geräumigkeit zunimmt. Der übrige, draußen gebliebene Teil wandert weiter, teils selbstkriechend, teils mitgenommen; denn durch die Streckung des Stengels weichen die Blätter der Azolla bald beträchtlich auseinander, und die Alge macht den Umzug mit.
Wo sich auch die Azolla gezeigt hat, überall hat sich in ihren Blatthöhlungen die Rosenkranzalge gefunden, und es scheint, als ob thatsächlich die eine nicht ohne die andere leben kann. Daß die Alge dem Schwimmfarn nicht schädlich ist, geht allein schon hieraus hervor; denn sonst könnte man sie eben nicht immer bei ihm zu Gaste findeu. Ob sie ihm aber auch geradezu einen Nutzen bringen mag, mittelbar oder unmittelbar, ist einstweilen nicht abznsehen; wenigstens haben wir vorläufig noch keinerlei Anhaltspunkte dafür. Immerhin ist es auffallend, daß die Höhlungen der Azolla überhaupt da sind: denn wozu sie dieser selbst dienen sollten, ist ebenso unklar. Jedoch erscheint die Azolla hinsichtlich ihres Leibesbaues und ihrer gesamten Ausrüstung durchaus fähig, ihren Lebensweg allein zu gehen. Den Beweis hierfür durch den Versuch zu führen, ist freilich kaum denkbar, da es schwerlich gelingen dürfte, auch nur bei einem einzigen Pflänzchen den fremden Gast aus jeder Blatthöhluug zu entfernen, ohne daß eine vermehrungsfähige Spur von ihm hinterbleibt; auch setzt jede solche Entfernung, bei der Enge der Eingangsöffnung, eine gewaltsame Verletzung der Hohlraumwünde voraus. Ferner müßte, bei der Kleinheit des Gegenstandes, alles unter dem Mikroskope vorgenommen werden, und schließlich würde selbst die Neueinwanderung von Perlschnuralgen nur schwer zu verhindern seiu; denn diese sind keine fremden Gäste bei uns. Überall in Gewässern, auf feuchter Erde und unter anderen noch zu besprechenden Verhältnissen, finden sich Anabaena- oder Nostok-Arten, oftmals weithin sichtbare Gallertklumpen bildend. Damit schwindet also sogar die Aussicht, die Azolla aus Sporeu algenfrei zu erziehen; allerdings ist ein Versuch in dieser Richtung meines Wissens bisher noch nicht gemacht
worden. ' (Fortsetzung folgt.)
Der Angriff ans eine moderne Le-nng.
Voll
Hauptmann a. D. McrX Limcrn.
m Festnngskriege sind es folgende Faktoren, welche Handlungsweise und Kampffvrm bedingen: zunächst die vorhandenen personellen und materiellen Mittel, dann die Beschaffenheit der Kampfobjekte, der Zweck des Kampfes und die allgemeine strategische und taktische Lage der kämpfenden Parteien.
Der Belagerer muß dem Verteidiger iu der Zahl des Menschenmaterials stets überlegen sein, wenn überhaupt eine Belagerung denkbar sein soll, und außerdem liegt es in der Natur der Sache, daß auch die moralische Überlegenheit sich auf seiner Seite befinden wird. Die augenblickliche Organisation der europäischen Heere und die Entwicklung der Festungssysteme werden keinem Belagerer gestatten, den großen neueren Festungen, die in späteren Kriegen mit 1000 bis 1500 Geschützen auf- treten werden, anfangs eine Überlegenheit in der Geschützzahl gegenüber zu stellen. Von der Entwicklung des nach der belagerten Festung führenden Eisenbahnnetzes wird es zunächst abhängen, ob sich die Verhältnisse in der Anzahl der materiellen Kampfmittel früher oder später zu Gunsten des Angreifers ändern. Der Transport eines Ingenieur- und Artillerie- Belagerungstrains, dessen riesig umfangreiches Material im Detail hier aufzuführen zu weit ginge, erfordert einen ebenso großen Aufwand an Transportmitteln wie an Zeit und Menschen. Die Belagernngsarmee wird aus Teilen der Feldarmee und aus besonderen Feldforuiationcu gebildet, deren Zusammensetzung die orckro äo llntnillo unter möglichster Festhaltung der Verbände und Gliederung der Feldtruppen bestimmt. Ihre Stärke ist abhängig von der Größe und Bedeutung des Kampfobjektes, von den örtlichen Verhältnissen und der allgemeinen Kriegslage. Der rapide Verlauf der Operationen im freien Felde während eines modernen Feldzuges verlangt einen entsprechend schnellen Gang jeder Belagerung. Hierzu ist aber zunächst ein geordnetes Verfahren bei Mobilmachung und Transport Haupterfordernis. Dasselbe verlangt nicht nur genaue Feststellungen über die Zahl der nötig werdenden Züge, sondern auch eingehende Erwägungen über die Reihenfolge des zu versendenden Materials, die Begleitkommandos, die Entladestation, das Entladen, den Transport von der Entladestation in den Park, Erfordernis an Transportmitteln u. s. w.
Bevor der Angreifer die ultiina rntio, d. h. den förmlichen Angriff in Thätigkeit treten läßt, wird er nach genauer Rekognoszierung der feindlichen Festung und Erwägung sämtlicher einschlägiger Verhältnisse sich klar zu machen haben, ob er die feindliche Festung nicht durch eine andere Angriffsart erobern kann. Im speciellen kann er dies eventuell durch den Überfall oder den gewaltsamen Angriff der Festung erreichen. Diese beiden Arten sind in den letzten Kriegen kleineren Festungen gegenüber mehrfach mit Erfolg iu Auweuduug gekommen. Der Überfall charakterisiert sich durch überraschendes und heimliches Überschreiten der noch intakten Enceinte der Festung, um iu das Innere vorzudringen, ehe der Verteidiger zur Abwehr vorbereitet ist! Bei dem gewaltsamen Angriff dagegen wird das Überschreiten der durch vorhergegangenes Artilleriefeuer teilweise zerstörten Enceinte unter Verzicht auf deckende Jngenieur- arbeiten überraschend und mit offener Gewalt durchgeführt. Ermöglicht wird sein Gelingen nur, wenn die Sturmfreiheit der Werke bereits zerstört ist und ungenügende Wachsamkeit, Sorglosigkeit, physische Übermüdung oder Verrätern auf der Seite des Verteidigers und genaue Kenntnis der örtlichen Verhältnisse und Übermacht an guten Truppen mit der nötigen Initiative beim Angreifer sich vereinigen. Die isolierte Lage der französischen Sperrforts und die dadurch mögliche Umfassung derselben von allen Seiten wird voraussichtlich die Veranlassung sein, daß diese Angriffsart gegen sie in Anwendung gebracht werden dürfte. Hat der Angreifer erkannt, daß diese beiden Arten des Angriffs ihn nicht znm Ziele führen werden, so wird er in den meisten Füllen seinen Zweck durch das Bombardement zu erreichen suchen. Die Tendenz desselben besteht darin, mittels des Gebrauchs der Artillerie durch Verheerung und Brand den Gegner so zu schädigen oder seine moralische Widerstandskraft derartig zu brechen, daß dadurch die Übergabe herbeigeführt wird. Dieses wird sich jedoch nur durch eine massenhafte und überwältigende Artilleriewirkuug und Aufwendung eines großen Munitionsquantums auf seiten des Angreifers, bei Mangel an Hvhlbauten, bei Energielosigkeit des Kommandanten und unzuverlässigen Truppen auf seiten