Heft 
(1988) 45
Seite
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MÄRKISCH-HISTORISCHES

Ilse Nitsche (Mellensee)

Theodor Fontane und Wilhelm Hensel

1987 beging das kleine märkische Städtchen Trebbin seine 775-Jahr-Feier. Das ist auch ein willkommener Anlaß, sich der berühmten Söhne der Stadt zu erinnern, und zwar um so mehr, wenn sich ein Theodor Fontane in den Treb­bin-Kapiteln seinerWanderungen durch die Mark Brandenburg" mit dem Leben und Schaffen eines solchen Trebbiners ausführlich beschäftigte und dem einen Kapitel als Überschrift dessen Namen gab: Wilhelm Hensel. Schon 1863 wollte Fontane in seinenWanderungen" über diesen schreiben. Aber erst am 13.5. 1870 teilte er seiner Frau mit, daß die Trebbin-Kapitel fertig wären. Unter dem TitelTrebbin und Wilhelm Hensel" wurden sie in derVossischen Zeitung" vom 2., 9. und 23. Juni 1872 veröffentlicht, bevor sie 1873 in der Erstausgabe vonHavelland",Ost-Havelland" erschienen. 1 Diese Zeitspanne von 10 Jahren beweist, wie sehr Fontane daran gelegen war, Hensel zu wür­digen, dessen er sich auch in seiner autobiographischen SchriftVon Zwanzig bis Dreißig" erinnerte.

VomCercle intime" derKreuz-Zeitung" kannte Fontane den Maler und schätzte diesen, dessen Begabung ereine eminent gesellschaftliche" nannte, was den heiteren und gesprächigen Künstler zu einem gern gesehenen Gast machte. 2Von gesellschaftlicher Bedeutung war auch seine Kunstweise, . . Was er i n der Gesellschaft und für die Gesellschaft schuf, das wird unter allem, was er künstlerisch' geleistet, das Dauerndste sein. Es sind dies seine während eines Zeitraums von vierzig Jahren entstandenen Portraits, die, soweit meine Kenntnis reicht, eine in ihrer Art einzig dastehende Sammlung bilden. .. . Diese 47 Mappen nun, die von 1815 bis 1861 reichen . . ., enthalten nicht weniger als 1027 Portraitköpfe. Man darf sagen, alles oder doch fast alles, was in diesem langen Zeitabschnitt in ganz Mitteleuropa zu Ruhm und An­sehen gelangte, das gibt sich hier ein Rendezvous. ... Hensel hatte keine Feinde, aber er hatte gerade was diese Portraits anging, Zweifler. . . . Aber sehr mit Unrecht. Alle diese Portraitköpfe sind nicht Phantasieschöpfungen, laufen auch nicht auf ein bequemes .corriger la nature' hinaus; sie verraten vielmehr, abgesehen von einer meisterhaften, unserem Hensel ganz eigen­tümlichen Technik, vor allem auch eine eminente Begabung für das Charakte­ristische. .. . der größte Teil dieser Sammlung gibt doch Aufschluß über eine vor -lichtbildliche Zeit und wird über kurz oder lang einen Wert repräsen­tieren, ähnlich den Initialenbüchern des Mittelalters, aus denen oft Städte, Stände, Persönlichkeiten allein noch zu uns sprechen. Die Mappen Wilhelm Hensels werden dann ein Bibliothekenschatz sein ..., eine Quelle voll histo­rischer Bedeutung, und der Name des Predigersohns aus Trebbin wird zu neuen Ehren erblühen." 3, 4 Wie recht Fontane mit seiner Voraussage einer späteren Wiederentdeckung des Malers Wilhelm Hensel hat, beweisen Ausstel-

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