Erwähnung verdient noch die Reaktion einer Zuhörerin bei einem Vortrag in Erkner im Jahre 1980. Helga Tayert, Leiterin des Ferienheims „Kranichsberg" an der Woltersdorfer Schleuse, berichtete von einer mündlichen Überlieferung, wonach Fontane auch in ihrem Haus, einem früheren Hotel mit Gaststätte, gewesen sein sollte. Fontane in Woltersdorf? In den „Wanderungen" stand nichts davon. Aber in der Bibliographie des Potsdamer Fontane- Archivs, „Literatur von und über Theodor Fontane", 2. Auflage 1965, ist ein Aufsatz „Fontane als Sommergast in Seebad Rüdersdorf" verzeichnet, erschienen 1929 im Kreiskalender Niederbarnim. Darin wird aus Briefen Fontanes zitiert, di^ er schrieb, als er 1887 im Gasthaus „Seebad Rüdersdorf", am Kalksee eine halbe Stunde Fußweg nördlich der Woltersdorfer Schleuse gelegen, einen vierwöchigen Sommerurlaub verbrachte. Inzwischen wurden die erhaltenen Briefe an seine Frau vollständig veröffentlicht, in denen er herrlich unverblümt — sie waren ja nicht für den Druck bestimmt — von seinen Freuden und Leiden in diesem bescheidenen Logis erzählt, auch von einem Spaziergang am 10. Juli zur Woltersdorfer Schleuse, wo er im „Gasthaus zum Kranichsberg" einen Gilka und eine Flasche Sodawasser genoß, „beides zusammen kostete zwanzig Pfennige . ..". Zitate aus diesen Briefen und einige Erkundigungen an Ort und Stelle erbrachten genügend Material für einen Beitrag „Sommergast am Kalksee", der diese wenig bekannte Episode aus Fontanes Leben behandelt und als zehntes Kapitel in die zweite, 1985 erschienene Auflage des Buches eingefügt werden konnte — dank des Hinweises einer aufmerksamen Zuhörerin.
Aus dieser Verbindung ergab sich wieder eine Reihe von Veranstaltungen, diesmal für Werktätige des VEB Leipziger Baumwollspinnerei, die im Haus „Kranichsberg" ihren Urlaub verbringen, auch über das Thema „Mein Leipzig lob ich mir — Ein heiteres Kapitel aus Fontanes Erinnerungen", denn in Leipzig erinnert eine kleine Gedenktafel an dem Haus Hainstraße 9 neben der „Adler-Apotheke" daran, daß Fontane 1841/1842 in dieser Apotheke tätig war. Davon hat er in „Von Zwanzig bis Dreißig" auf immerhin siebzig Seiten amüsant berichtet — Grund genug, wiederum den Leipziger Urlaubern von heute auch davon zu berichten.
Es bleibt noch festzustellen, daß Theodor Fontane mit seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg" zum Begründer der erwanderten Heimatgeschichte in der näheren und weiteren Umgebung Berlins geworden ist, indem er bereits mehrere Lesergenerationen zum Suchen und Finden der Werte unserer Heimat angeregt hat. Damit ist von diesen Bänden eine Wirkung ausgegangen, die alles übertrifft, was jemals ein literarisches Werk für eine unserer Landschaften geleistet hat, und es ist schon ein ebenso erstaunliches wie erfreuliches Phänomen, daß diese Wirkung bis heute unvermindert anhält.
98