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(01/01/2019) 07
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Line Fahrt auf der Giselabahn.

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allen dreien, daß an demselben Orte ein großes Gut verborgen läge, welches mit Graben genom­men werden müsse. Als sie erwachten, erzählte einer dem andern seinen Traum. Sie machten einander Muth, fingen an zu schürfen und legten das schönste Silber- und Kupfererz bloß.

Durch grüne Landschaft, über welche die grauen Schrofen des Wilden Kaiser herein ragen, erreicht der Zug endlich die saubere Stadt Kitzbühel, um welche er in großem Bogen herumfährt.

Es ist hier uicht der Ort, diese schöne Land­schaft eingehend zu beschreiben. Kitzbühel ist einer

Blick auf Kufstein. Stadt und Beste.

der wenigen Orte, denen die Eigenschaft als klima­tische Station, oder wie immer man einen Sommer- j aufenthalt, der die Gesundheit kräftigen soll, nennen mag, mit allem Recht zukommt. Kitzbühel hat Wälder und kühle Luft. Frische Wasser rinnen und die Berge stehen in aller Herrlichkeit da. Die Gaststätten gehören zu den besten des Alpen­landes.

Am nahen Schwarzensee, aus dessen Tiefe alle diese Berge umgekehrt heraus schauen, hält die Eisenbahn. Dann geht es weiter über Kirchberg in das grüne Brixenthal. Hier kommt die große Curve der Eisenbahn, wo sie sich mitten in einem Tunnel wendet. Aufmerksame Reisende mögen es sich ge­sagt sein lassen, daß ihrer am westlichen Ende des II. 2.

Kehrtunnels eine prächtige Rundschau über das Thal und die Windungen des Schienenweges harrt.

In Hopfgarten, wo die Kohlenmeiler Jahr aus Jahr ein lodern und die Sägemühlen schnarren und die klaren Wellen der Brixenthaler Ache die Wurzeln der Waldbäume bespülen, schauen schon das Sonnwendjoch und andere Berge des Jnnthales herein. Wir nähern uns dem Ende der Gisela­bahn und dem Ziele unserer Reise.

Doch wollen wir an Hopsgarten nicht vorüber reisen, ohne den Wanderer an die Hohe Salve zu erinnern, deren grüne Schieferkuppe über dem Thale

aufragt, eine Ne­benbuhlerin der Schmittenhöhe,des Kitzbüheler Horns und andererGipfel, die sich der Sisen- bahnreisende von seinem Wagenfen­ster aus betrachtet. Es ist ihr noch mit keiner Zahnrad­bahn aus den Leib gerückt worden, doch wird sie an Zahl der Besucher kaum hinter irgend einer jener Neben­buhlerinnen zurückstehen. Besonders die Münchener gehen gern aus die Hohe Salve. Der Weg zieht sich unten durch Wald, oben durch Wiesen hinaus und der Berg selbst ist wohl einer der zahmsten von allen soge­nannten Aussichtsbergen. Sehr schön sind die Tauern, von dort oben betrachtet, die weiten Fels-Einöden des Kaisergebirges und das blaue Stück vom bayrischen Flachland.

Jetzt rasselt der Zug in die große Station Wörgl ein, nachdem er unter den Wäldern des Schlosses Itter vorbeigesahren ist, wo Abbe Liszt oft Gast der Virtuosin Meuter war. Die Giselabahn ist hier zu Ende. Wir haben das große Netz der österreichischen Südbahn erreicht.

Weil wir nun aber schon im Jnnthale sind, so soll uns der Wilde Kaiser nicht entgehen. Wir haben ihn von der Bahn aus in der Ferne schon lange wahrgenommen und wollen ihn uns nun auch aus der Nähe betrachten.

Den Wilden Kaiser sieht man sich am Besten von Söll oder vom Kaiserthal oder von Walchsee und Kössen aus an. Es ist ein ganzes Gebirge für sich. Es hat seine Thäler und Schneefelder, seine Almen und auch ein paar Seen sind um sein Fußgestell herum eingebettet. Den Namen aber muß man nicht mit der Würde eines Imperators

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