sprachlich mitkonstituiert und damit zum diskursiven Ereignis gemacht hatte: Während „die anderen Organe mühsam nach Umschreibungen dieser Bezeichnung" gesucht hatten, hatten die „ersten censurfreien Worte" der „Berliner Zeitungshalle" gelautet: „Revolution in Berlin “. 110
Mit einer Extra-Beilage sorgt G. Julius, der Redakteur des Blattes, dann am Donnerstag, dem 23. März, für Aufsehen, indem er diejenige Institution attackiert, auf die Merckel baut: gegen die Soldaten, „die das tödtliche Blei auf unsere um Freiheit klopfende Brust gerichtet, die wüthend und mordend in unsere Häuser gedrungen", könne es keinen Haß geben, da „jene armen Bauern, die wie eine Meute Hunde, nacheem [!] sie Tage lang gereizt und gehetzt waren, gegen uns losgelassen wurden", nur „Werkzeug" gewesen seien; Haß aber müsse es gegen das „Soldatenthum" geben. 111 Im übrigen meint Julius, es sei „der Bruch zwischen der Bürgerklasse und Arbeiterklasse schon vollendet", und deswegen zögen sich die Bürger von der Revolution zurück; doch das sei der falsche Weg; es komme darauf an, „vorwärts" zu gehen, und zwar unter der Führung eines Königs, der „mit der bisherigen Denkweise, mit dem bisherigen Systeme ganz und ernst" brechen und ein Ministerium „für die Untersuchung und Regelung der Arbeitsverhältnisse" einsetzen müsse. 112
Daraufhin werden in der Redaktion u. a. Deputationen der Bürgerwehr, der Studentenwehr, Minister Graf Schwerin und der Fabrikbesitzer Borsig vorstellig, um Erkundigungen über die Meinung des Redakteurs einzuziehen; während die Kaufmannschaft auf der Börse den Boykott des Blattes beschließt, erscheinen in Julius' Wohnung „Meister mit ihren Gesellen“, um „ihr einträchtiges Leben" zu demonstrieren .. , 113 In der „Spenerschen Zeitung" schließlich mahnt ein Herr Zeller den Redakteur Julius, er solle nicht vergessen, „daß fast an allen Straßenecken politisirende Frauen stehen, welche den unschuldigsten Worten, die sie von Vorbeigehenden hören, häufig eine ganz entgegengesetzte Deutung geben, als sie wirklich haben." 114
Ende März hatte dann die „Berliner Zeitungshalle" die Berliner Theaterintendantur wegen ihres apolitischen Spielplans kritisiert und Aufführungen von Schillers „Fiesco" und Goethes „Götz" gefordert. Während Blätter des alten Systems ihr Erscheinen einstellen müssen — der „Rheinische Beobachter" erklärt sich für „besiegt", 115 „Janus" tritt vor den „ganz neuen Verhältnissen [...) zurück" 116 —, hatte sich die „Berliner Zeitungshalle" vor Zuschriften kaum retten können: Anfang April hatte das Blatt „in den letzten Tagen allein zwischen 60 bis 70 größere Aufsätze erhalten", 117 hatte aber dennoch mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen. 118
In diesem Blatt also — dem Publikationsorgan des „Zentralausschusses der deutschen Demokraten",n 119 dessen „treffliche" Artikel und „nachhaltige Derbheit" Varnhage immer wieder lobt 126 und dessen Redakteur Julius er empfängt — 121 schreibt Fontane am 31. August seinen Artikel „Preußens Zukunft", der sogleich Beachtung findet: 123 Preußen müsse in „der großen deutschen Republik" aufgehen. „Preußen war eine Lüge, das Licht der Wahrheit bricht an und gibt der Lüge den Tod." 123 Und am 13. September geht Fontane in seinem Artikel „Das Preußische Volk und seine Vertreter" mit der preußischen Nationalversammlung ins Gericht, weil sie das „Volk" als „noch jung und unerfahren" betrachte und auf „Begeisterung" mit „Mittelmäßigkeit“ reagiere. 124
Inzwischen kommt der König der Reaktion zu Hilfe: Friedrich Wilhelm IV. ernennt General Wrangel zum „Oberbefehlshaber in den Marken" 125 und am 21. September jenen General von Pfuel, der am 18. März die Truppen kommandiert hatte, zum Ministerpräsidenten und Kriegsminister. 126 Am selben Tag schreibt Fontane an seinen „Tunnel"-Freumd von Lepel:
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