„Vereine fördern die Bestrebungen ihrer Mitglieder und stören die der anderen", so Robert Musil. Aber diese partikularisierende .Vereinsmeierei', die dann mit Recht zu Spott herausfordert, ist nur die eine Seite des Vereinswesens von 1848. Auf der anderen Seite sind es gerade Vereine, die 1848 zum Träger von Ideen werden die mittels der Erfüllung von Partikularinteressen auf eine Verbesserung der allgemeinen Lage zielen:
Die im medicinischen Club angestellten Debatten führten auf eine Reihe von Fragen über das Unterrichtswesen überhaupt, die Art des medicinischen Unterrichtes, die Verbindung des praktischen Unterrichtes mit dem theoretischen Theile der Wissenschaft, welche über den ursprünglichen Plan der Studirenden hinausgingen. 181
Bei den Lehrern wird beschlossen, „daß Realschul- und Gymnasiallehrer, so wie die Lehrer der höheren Bürgerschulen vereinigt" Zusammenwirken sollen. 182 Am 26. April kommt es zu einer Generalversammlung, an der außer den Berliner Lehrern ca. 300 aus den Provinzen teilnehmen: „die erste freie, preußische Lehrerversammlung". 183 Sie fordert in nicht weniger als zwanzig Punkten u. a. Fortbildung für Volksschulabsolventen, „Klein-Kinder-Bewahr-Anstalten in Verbindung mit der Volksschule", Verwissenschaftlichung der Lehrerausbildung, „Gründung von Bildungs-Anstalten für Lehrerinnen, angelehnt an die höhere Töchterschule", Beginn der Lehrer-„Laufbahn in der untersten Stufe der Volksschule", Umwandlung der Privatschulen in „Staats-Anstalten", „Entfernung der Geistlichen von der Schulaufsicht" und Lehrerfortbildung. 184 Das sind Forderungen, die sich zwar auf ein bestimmtes berufliches Feld beziehen, letztlich jedoch politische Implikationen enthalten. Diesem Feld — der Politik — widmen sich ausdrücklich politische Vereine und Klubs, 185 in denen sich — wie oben angedeutet — auch einzelne „Tunnel"-Mitglieder engagieren.
5. Die Diskussion über eine „Reorganisation" des „Tunnels" ab Oktober 1848
Am 22. Oktober 1848 kommt es endlich wieder zu einer „Tunnel"-Sitzung; die letzte Sitzung hatte am 18. Juni stattgefunden; es war die 29. gewesen. Um so verblüffender wirkt, daß die Sitzung vom 22. Oktober im Protokoll als „Sieben und vierzigste Sitzung" ausgewiesen wird: Merckel, der Protokollant, zählt einfach weiter, als wäre nichts gewesen; obwohl die „lange Unterbrechung" nicht verschwiegen wird:
Anwesend:
Petrarka
Leisewitz
Büsch
Bürger
Schulze
Immermann
Carnot
Tiedge
Tasso
(als Gast: Vitruv)
Sieben u. vierzigste Sitzung
Berlin den 22 ten October 1848
Zehn Mitglieder, und ein auswärtiges Mitglied (Vetruvius) als Gast, hatten sich heute, nachdem schon am 8 ten u. 15 ten Okt. versuchsweise Zusammenkünfte stattgefunden hatten, versammelt, um nach langer Unterbrechung wieder die Rechte des souverainen Schutzpatrons Till anzuerkennen u. zu wahren.
Carnot übernahm, als Cooks Stellvertreter, den Vorsitz, und der Sekretair verlas die Proto-
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