Heft 
(1990) 50
Seite
71
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midenkoloß, das aus SpezialVereinsQuadern sich systematisch bis zum Gene- ralQuader auf der Spitze, mit Namen Berlin, erhebt; für den Märkischen Sand fast nicht tragbar.

Das alte Gefühl macht sich geltend: Das ist zu breit, zu hoch und zu schwer! Die Frage: wo will das hinaus?, ist klar durch die Sache selbst beantwortet. Aber die Frage: wo soll das herkommen? ist gleichsam der Namensruf, der den Nachtwandler umwirft.

Hic haeret aqua!

Das Ganze erscheint wie das ägyptische Labyrinth, ein unendlicher Bau, ein Haus, wie eine Stadt aber todtenstill ohne Bewohner!

Wer will in diese Läger Heere sammeln!

Ergo: Man bewundert die Größe,- man schaut hinauf zu den Spitzen, hinunter die Terassen, wo Alles schweigt; und dann denkt man an sein enges hei­misches Stübchen, wo Leben und Gegenwart webt und wirkt!

Cartesius selbst, der Baumeister, fühlt, was Alle fühlen.

»Zuviel und zu wing Ist immer en Ding! 237 Die Sitzung wird aufgehoben und es wird gedeckt.

Das Theater verwandelt tief.

Heute werden zu Ehren des Belagerungszustandes keine Toaste ausgebracht u. der Becher bleibt im Schranke, und auf Ex. v. Wrangels Wunsch unterbleibt auch die bisher üblicheIllumination".

Man ißt stärker, als man trinkt. Es wird sehr viel u. gut, aber sehr leise ge­sprochen; und man geht gegen 11 Uhr, wie die Funken auf einem Fidibus, stillknisternd, aus einander.

Gesammelt wurde Nichts. 238

Das Protokoll hält die Hilflosigkeit, mit der man der neuen Situation gegenüber­steht, deutlich fest; allerdings eher implizit. Denn die Klimax der Ratlosigkeit steht noch bevor: die letzte Sitzung dieses denkwürdigen Jahres 1848, die an dessen letz­tem Tage stattfindet und an der teilzunehmen Merckeldurch Unpäßlichkeit' 239 ver­hindert ist. Deswegen protokolliert Werner Hahn <Cartesius> :2 40

4s te (: Sitzung des Sonntagsverein Sonntag den 31. December 1848.

Tunnel vom 31. December kommen - Gott sei Dank - nur selten vor. Der Sekretair fehlte; die Tunnelglieder sparsam vorhanden. Nach langem Zögern setzte sich das Vicehaupt; ihm folgten die Anwesenden. Sonst der heitere An­knüpfungspunkt, das Protokoll fehlte. Der Verein fühlte sich außer Ordnung u Gesetz. Nur in diesem Augenblick konnte Leisewitz, das Haupt, fragen: ob der Tunnel die Wahlangelegenheit zu den bevorstehenden Kammern betreiben wolle? Der Tunnel war in seiner ganzen Rechts würde verletzt; er vermißte die Beaufsichtigung durch eine Polizei- oder Magistratsperson. Leisewitz fragte weiter: ob überhaupt getagt werden sollte oder nicht? Man tagte schon lange u fragte erst, ob getagt werden solle? So weit war es mit dem Tunnel gekom­men: es war der letzte Dezember des Jahres 48, welches, wie man erzählt, alle Gemüther verwirrt hat. Leisewitz wollte die Sitzung nicht fallen lassen: er riß ein Thema nach dem andern vom Zaun; fragte, warum man bloß lyrische Gedichte in den Sonntagsverein brächte. Bürger versprach einen historischen Roman ohne dergleichen Intermezzi. Das genügte nicht. Leisewitz wollte durch­aus Kritik. Man warf ihm die Frage zurück, er mußte sie beschämt einstecken.