Berliner Jahren zuerst literarisches Interesse zusammengeführt, so durchstreiften sie nun gemeinsam die Metropole London, und Faucher machte Fontane mit manchen Institutionen bekannt. Sie besuchten Debating Clubs, die vor allem in den Kneipen der City von London abends tagten, eine interessante Institution des Victorianischen England. Ihr häufiges Zusammentreffen ist auch in Fontanes Tagebüchern belegt. Bei dem deutschen Emigranten Heinrich Beta (ursprünglich Bettziech), dem Korrespondenten der „Gartenlaube", gingen beide ein und aus, wie denn Betas gastfreundliches Haus überhaupt zu einem Zentrum der vielen deutschen Flüchtlinge in London wurde. Fontanes Verhältnis zu Beta und seiner Familie war ein besonders enges. So geschah es also, daß der für die preußische Regierung arbeitende Fontane mit manchen Menschen nicht nur aus dem Kreise der deutschen politischen Emigration, sondern auch mit Emigranten aus anderen europäischen Ländern zusammentraf. Unter den Deutschen ist besonders Edgar Bauer zu erwähnen, ein enger Freund Fauchers. Auch ihn nennt Fontane in seiner Autobiographie. Edgar Bauer sowie sein Bruder Bruno Bauer hatten mit Faucher in den vierziger Jahren zum Kreis um Max Stirner gehört, dem Kreis der berühmten „Sieben Weisen aus dem Hippelschen Keller", von denen Fontane schreibt, Berlin habe kaum jemals interessantere Leute gesehen als diese Sieben. 1
Ob Fontanes Urteil mit dem wohl positiv gemeinten Epitheton interessant' einer Nachprüfung ihrer Lebensläufe standhält, scheint mir sehr fraglich.
Edgar Bauer begann, wie auch sein Bruder Bruno, als Junghegelianer. Er stand in Verbindung mit Arnold Rüge, Marx und Engels und schrieb für deren Zeitschriften, bis es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Brüdern Bauer und Marx und Engels kam, die in deren Schrift „Die Heilige Familie" ihren Niederschlag fand. Doch später muß es zu einer Versöhnung gekommen sein, denn, als Edgar Bauer, um einer Verhaftung und Festungsstrafe zu entgehen, 1849 endgültig Berlin verließ und auf Umwegen schließlich im Oktober 1851 in London eintraf, stellte sich bald wieder ein Kontakt mit dem dort weilenden Marx her, und beide verkehrten miteinander. Marx aber hielt nichts von ihm, und es kam auch später wieder zu Auseinandersetzungen. Marx spricht von ihm immer als von dem „Clown". Durch Edgar Bauer wurde dann auch eine Verbindung zwischen Marx und Faucher hergestellt. 2 Nachdem Bauer Berlin verlassen hatte, befand er sich einige Zeit in Hamburg, wo er erst eine Beziehung zur traditionell demokratischen „Norddeutschen Freien Presse" anknüpfte, die in Altona herausgegeben wurde und das Organ der Fortschrittspartei war, die zur Freiheitsbewegung in Schleswig-Holstein gehörte. Als sich Preußen von der Freiheitsbewegung dort zurückgezogen hatte und diese langsam verebbte, bedeutete dies den Niedergang des Blattes, das Bauer dann 1851 verließ, um eine Anstellung als Redakteur der neuen „Altonaer Zeitung" anzunehmen, die von der dänischen Regierung finanziert wurde, um die Sache Dänemarks in den Herzogtümern zu vertreten.
Die Berliner Polizei, die Bauer seit 1849 suchte, kam ihm auf die Spur und fand ihn, aber es gelang Bauer, über Flensburg nach Kopenhagen zu entfliehen. Professor Peder Hjort, der für die dänische Regierung die Auslandspropaganda leitete und also auch für die „Altonaer Zeitung", für die Bauer gearbeitet hatte, verantwortlich war, verhalf ihm schließlich zur Flucht nach England. Damit begann für Bauer ein neuer Lebensabschnitt, mit einer Verbindung, die bis ans Ende seines Lebens
währte.
Sein Verhältnis zur „Altonaer Zeitung" 3 blieb bestehen, er wurde deren Londoner Korrespondent; er sandte fast täglich Korrespondenzartikel und einmal wöchentlich e inen Leitartikel. In jüngster Zeit, erst 1980, wurde aber die erstaunliche Tatsache
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