aufgedeckt, daß er — Emigrant unter Emigranten — von 1852 an geheime Berichte über die politische Emigration in London, nicht nur die deutsche, sondern die ganze europäische Emigration nach Kopenhagen lieferte.
Diese Berichte erschienen 1989 im Druck, unter Mitarbeit von Margret Dietzen und Elisabeth Neu, herausgegeben von Erik Gamby, der bereits 1985 eine biographische Studie über Edgar Bauer veröffentlicht und auf die Berichte hingewiesen hatte. 4 Es ist eine komplizierte Angelegenheit.
Die polizeilichen Nachforschungen über die Aktivitäten der politischen Opposition innerhalb der deutschen Länder sowie im Ausland erstreckten sich auch auf Schleswig- Holstein; beide in Personalunion mit der dänischen Krone verbunden, Holstein aber auch zum Deutschen Bund gehörig. Die politische Opposition dort wurde schon lange von Kopenhagen aus überwacht, aber es bestand auch eine Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidenten in Hannover. Man glaubte auf dänischer und deutscher Seite, daß die revolutionäre Bewegung von London aus geleitet würde, wo sich die Mehrzahl der europäischen Flüchtlinge niedergelassen hatte. So kam es, daß der Kopenhagener Polizeidirektor Cosmus Braestrup 1852 von Edgar Bauer, dem Korrespondenten der „Altonaer Zeitung", die ja die dänische Sache vertrat, einen Bericht über die politische Emigration in England erbat, die Bauer in einem Manuskript von 160 Seiten lieferte. Dies führte schließlich nach einiger Unterbrechung zu regelmäßigen Konfidentenberichten, die Bauer bis 1861 nach Kopenhagen sandte und die 1980 im Reichsarchiv Kopenhagen aufgefunden wurden. Ein Teil dieser Berichte ging auch in Abschrift an die Polizeibehörden in Dresden, Hannover und Wien.
Edgar Bauers Berichte betreffen nicht nur die deutschen Flüchtlinge und ihre Organisationen, sondern auch die anderer europäischer Staaten. Bauer, ein intelligenter, geselliger Mensch, verkehrte in allen Gruppen, kannte sich überall aus, in den Aktivitäten sowie privaten Angelegenheiten derer, mit denen er Umgang pflegte, er kannte auch jeden Klatsch, aber wieweit alles, was er berichtet, auf Wahrheit beruht oder auch nur Klatsch ist, wird schwer festzustellen sein.
Obwohl Fontane nicht der zu überwachenden Emigration angehörte, wurde er in diese Berichte mit einbezogen. Wahrscheinlich spielte dabei die schleswig-holsteinische Frage, die auch nach dem Londoner Protokoll von 1852 Preußen weiter beschäftigte, eine Rolle. Bauer ist sicherlich durch Faucher mit Fontane bekannt geworden und des öfteren mit ihm zusammengetroffen. Aber Bauers Kenntnisse sind so detailliert, daß man annehmen muß, daß ihm vieles durch Faucher zugetragen wurde, mit dem Fontane häufig verkehrte. Wieweit Faucher von Bauers geheimer Agententätigkeit wußte, ist dagegen schwer zu sagen. Es ist aber belegt, daß Fauchers und Bauers Verhältnis ein recht intimes war. ln den Berichten wird Faucher nicht ein einziges Mal erwähnt, was auffällt; auch nicht etwa als Zeuge oder Quelle einer berichteten Tatsache. Dagegen wird er in einem dem Bericht vom 14. Juni 1861 beigelegten Brief an Bauer erwähnt, aus dem Bauers enge Beziehung zu Faucher und seiner Frau hervorgeht. 5
Über Fontane berichtet Bauer in acht Rapporten vom 13. Juli 1857 an bis zum 30. Oktober 1858. Er wird dann noch einmal in einem Brief an Braestrup vom 20. Oktober 1859, als Fontane längst nicht mehr in London weilte, im Zusammenhang mit Heinrich Beta erwähnt. 6
Bauer bezeichnet Fontane gewöhnlich als den „Preußischen Agenten Fontane" und hält im übrigen sehr wenig von ihm und seiner Tätigkeit. Dabei ist der arrogante, verächtliche Ton Bauers typisch für ihn. Es kommt keine einzige Persönlichkeit, auch nicht die bedeutenden italienischen oder ungarischen Revolutionäre wie Mazzini oder Kossuth, die beim englischen Publikum ein gewisses Ansehen hatten, gut bei
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