Heft 
(1993) 55
Seite
15
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Die Entstehungsgeschichte von Text VI vermittelt eine Vorstellung von Fonta­nes Nöten bei der Recherche für die Kriegsbücher. Als Pequin " 15, als militärwissenschaftlichem Laien, waren ihm die offiziellen Generalstabsquellen in der Regel nicht zugänglich. Vor allem an zuverlässiges Kartenmaterial war schwer zu kommen. DieSchlachtenreliefs", die ihm der Bildhauer Heinrich Walger für die Arbeit an den Kapiteln über Königgrätz und Königinhof zur Verfügung stellte, scheinen ihm deshalb eine sehr brauchbare Hilfe gewesen zu sein. FontanesGegenleistung" war einkleiner freundlicher Artikel", der dem Absatz der Walgerschen Reliefkarten ein wenig nachhelfen sollte - heute würde man sagen: ein Werbetext.

Text VII ist gewissermaßen ein Nachzügler; er stammt nicht aus derKreuzzei­tung", sondern aus derVossischen Zeitung", für die Fontane seit 1870 als Theaterkritiker tätig war. Gegenstand des Artikels ist der damals sehr berühm- te Wiener Schauspieler Joseph Lewinsky, ein loser Bekannter Fontanes, der im J uli 1875 im Berliner Wallner-Theater ein Gastspiel gab. Fontane war in den 70er Jahren eigentlich nur für die Berichterstattung aus dem Königlichen Sc hauspielhaus zuständig; das Wallner-Theater fiel in das Ressort seines Kolle- g e n Max Remy. Als dieser jedoch das auffällige Desinteresse, dem Lewinskys Darbietungen beim Berliner Publikum begegneten, mit einem Hinweis auf den schönen Julisonntag" leichtfertig entschuldigte'6, sah Fontane sich offenbar zu ei ner kleinen Intervention genötigt. Aus ganz freien Stücken scheint auch die­ser Artikel nicht entstanden zu sein; wahrscheinlich gab ein gezielter Hinweis von Franz Otto Gensichen, dem damaligen Dramaturgen des Wallner-Theaters, den unmittelbaren Anlaß.

2. Texte

I

'Neue Preußische [Kreuz-] Zeitung" Nr. 261,10. Nov. 1867; gezeichnet ,,-s".

In der Aula der Thierarzneischule 17 eröffnet morgen der hier zusammengetrete­

ne Verein von Künstlerinnen und Kunstfreundinnen 18 eine Ausstellung von

Oelbildern, Aquarellen und Zeichnungen von weiblicher Hand. Die Ausstel­

lung, die in der That eine überraschende Zahl künstlerisch bedeutender Arbei­

ten enthält, wurde heute Mittag durch eine Versammlung der Mitglieder und

Freunde des Vereins eröffnet, in welcher Herr Schulrath Bormann 19 in

einem Vortrage die Tendenz des Vereins, seine näheren und entfernteren

Zwecke und seine Bedeutung gegenüber den Kreisen der männlichen Künstler

in gediegener Weise erörterte. Als erste Aufgabe hat sich bei den Schwierigkei­

ten, welche sich der Ausbildung junger weiblicher Talente in Benutzung der

bestehenden Kunstschulen entgegenstellen 20 , die Gründung einer Zei­

chenschule für Damen gestellt, die zugleich ein Centralpunkt für das

Wirken und die anderweite Unterstützung wirklicher Begabungen für

die Kunst sein soll. Zu dem Ende wird auch Professor Eggers 21 im Januar

einen Cyclus von 10 Vorlesungen über Perspective eröffnen. - Mit der Ausstel­

lung, auf die wir in diesen Tagen näher zurückkommen, ist eine Verloosung