einer solchen Vermehrung ist um so weniger Bedürfniß vorhanden, als die Zahl der mittelmäßigen Künstler bereits groß genug ist.['] - Ich spreche im Namen und im Sinne des Vereins, wenn ich erwidere: [']Nein, gerade darauf haben wir es abgesehen, die Zahl der mittelmäßigen Künstlerinnen zu vermindern dadurch, daß wir den begabten unter ihnen Gelegenheit zu einer gediegenen Ausbildung gewähren, und daß wir die unbegabten von dem Betreten eines für sie nur dornigen und ziellosen Weges zurückhalten.[']"”
III
„Neue Preußische [Kreuz-] Zeitung" Nr. 246, 20. Okt. 1868; ungezeichnet.
Neue Zeichenschule.
(Askanischer Platz 7.)
Die von Seiten des „Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen" gegründete „Zeichenschule für das weibliche Geschlecht" wurde heute (Montag) Vormittag in den freundlichen, mit Zeichnungen und Sculpturen ansprechend decorirten Räumen des neuen Instituts (Askanischer Platz 7) eröffnet. Außer den 27 Schülerinnen, mit denen das seit längerer Zeit geplante Unternehmen ins Leben tritt, hatte sich eine große Anzahl von Damen und Herren eingefunden, die dem jungen Institut, von Anfang an, ihre Teilnahme und ihre Fürsorge entgegen getragen haben, unter ihnen in erster Reihe die Damen des Vorstandes, so wie die Lehrer und Lehrerinnen. 33
Eine durch Klarheit und Präcision ausgezeichnete Ansprache des Provinzial- Schulraths Bormann eröffnete die Feier. Er hob hervor, daß, um Mißverständnissen vorzubeugen, vor Allem im Auge behalten werden müsse: was die Zeichenschule solle. Die Zeichenschule verfolge ein doppeltes Ziel, und während sie einerseits die Ausbildung für den künstlerischen Beruf erstrebe, begnüge sie sich andererseits damit, für alle diejenigen, die einer hervorragenden künstlerischen Begabung ermangeln, einfach ein allgemeines Bildungsmittel zu sein. Der Redner zog bei dieser Gelegenheit eine sehr glücklich gewählte Parallele mit unsern Gymnasien, darauf hinweisend, daß auch diese, während sie doch die Ausbildung für das akademische Leben als eigentlichstes Ziel erstrebten, zugleich sich mit der Aufgabe begnügten, für Hunderte und Tausende eine Schule überhaupt zu sein. Im weiteren Verlauf des Vortrages begegneten wir dem Gedanken, wie wünschens- werth es sei, die Zeichenkunst zu einer mehr und mehr gesellschaftlich recipir- ten Kunst zu machen, wie dies ja mit der Musik längst der Fall sei, und dadurch dem Auge das zu gönnen, was man dem Ohr längst bewilligt habe. Das Leben werde dadurch an Reiz und Schönheit gewinnen; ein ausgebildeter Farben- und Formensinn werde vor den Uebertreibungen und Verirrungen der Mode bewahren und den klassischen Werken der bildenden Kunst gegenüber werde sich ein volleres Verständniß, eine freudigere Würdigung ergeben. Der Redner schloß mit der Zuversicht, daß, wer bemüht sei, Andern behülflich zu sein, des Segens für seine Mühe nicht ermangeln werde.
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