Heft 
(1993) 55
Seite
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18 DerVerein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin" wurde im Januar

1867 mit dem Ziel der sozialen Unterstützung und der Schaffung fundierter Ausbildungsmöglichkeiten für bildende Künstlerinnen gegründet. Frauen waren an der Berliner Akademie bis 1919 nicht zum Kunststudium zugelassen; bestanden sie dennoch auf einer künstlerischen Ausbildung, waren sie auf verhältnismäßig teuren und fachlich oft unzureichenden Privatunterricht beieinem ganz alten Malerprofessor" angewiesen (ein Weg, den neben Effi Briest - vgL Kap. 32 - auch Fontanes Tochter Mete einschlug; letztere übrigens nicht mit dem dezidierten Ziel, Malerin zu werden.) Diesem Mißstand half im Jahre 1868 derVerein der Künstlerinnen" mit der Grün­dung seinerZeichen- und Malschule" ab, einem zu dieser Zeit in Deutschland ein­zigartigen Institut, das rasch an Ansehen gewann und schließlich als Bildungsanstalt für Zeichenlehrerinnen auch staatliche Anerkennung fand. Schülerinnen - und später selbst Lehrerinnen - an derZeichen- und Malschule" waren u.a. Käthe Kollwitz und Paula Modersohn-Becker. Zur Finanzierung des Vereins, der Schule und der ebenfalls

1868 eingerichteten Darlehns- und Unterstützungskasse trugen neben Mitgliedsbei­trägen und Spenden derKunstfreundinnen" auch die Erlöse der alle zwei Jahre stattfindenden Ausstellungen bei. - Zur Geschichte desVereins der Berliner Künstle­rinnen" - so seit 1919 sein offizieller Name - sei nachträglich auf die große Ausstel­lungProfession ohne Tradition" verwiesen, die der Verein im Herbst 1992 anläßlich seines 125jährigen Bestehens im Berliner Martin-Gropius-Bau veranstaltet hat. Der zur Ausstellung erschienene Katalog (Profession ohne Tradition. 125 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen, hrsg. von der Berlinischen Galerie, Berlin: Kupfergraben 1992) versammelt neben zahlreichen Abbildungen und historischen Dokumenten auch 38 sehr instruktive Aufsätze, die aus einem mehrjährigen Forschungsprojekt zur Geschichte des Vereins hervorgegangen sind.

19 Karl Bormann (1802-1882), Pädagoge, Provinzialschulrat und Schriftsteller, war ein guter Bekannter Fontanes. Als Gründer und Direktor des ersten Berliner Lehrerinnenseminars, derKöniglichen Augusta-Schule", hatte er sich schon Anfang der 30er Jahre um die Frauenbildung verdient gemacht. DemVerein der Künstle­rinnen" stand er zusammen mit Werner von Siemens, Wilhelm Adolf Lette und Oskar Begas seit dessen Gründung beratend zur Seite. Über Bormanns Mitarbeit beim Auf­bau derZeichen- und Malschule" vgl. Ralf Burmeister: Dasschätzenswerthe Ele­ment". Männliche Gründungs- und Ehrenmitglieder desVereins der Berliner Künst­lerinnen", in: Profession ohne Tradition, a.a.O., S. 331-338.

20 Noch 1905 wies Fontanes ehemaliger Vorgesetzter, der Berliner Akademiedirektor Anton von Werner, eine von 204 Künstlerinnen Unterzeichnete Petition zurück, die auch für Frauen die Zulassung zum Kunsthochschulstudium forderte. Seine besonde­reSorge" galt dem Aktzeichnen, vor allem dem Studium des männlichen Akts, wel­ches mit derhohen Würde des weiblichen Geschlechts nicht in Einklang" zu bringen sei. (Vgl. dazu den an zeitgenössischen Dokumenten reichen Aufsatz von Ulrike Krenzlin:auf dem ernsten Gebiet der Kunst ernst arbeiten" zur Frauenausbildung im künstlerischen Beruf, in: Profession ohne Tradition, a.a.O., S. 73-87.) DieZeichen- und Malschule" des Künstlerinnenvereins nahm das Aktzeichnen bereits 1875 in ihren Lehrplan auf.

21 Friedrich Eggers (1819-1872), Kunsthistoriker und -Schriftsteller, seit 1863 Professor an der Berliner Akademie, zählte ebenfalls zu Fontanes Freundeskreis. Eggers war Mitglied im Lehrkörper derZeichen- und Malschule" des Künstlerinnenvereins und hielt im Januar 1868 zugunsten der Vereinskasse einen Zyklus von 10 kunstgeschichtlichen Vorträgen.

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