35 Am 16. Okt. 1868, vier Tage vor Erscheinen dieses Artikels, berichtet Fontane seiner in Neuhof weilenden Frau, das Haus werde „jetzt von Damen in Doppelkolonne gestürmt", deren eine „ aus Künstlerinnen [besteht], die in betreff der neu zu errichtenden Zeichenschule allerhand Anliegen haben" (HF IV, 2, S. 218). Daß Fontane der Gründungsfeier der Zeichenschule auch beigewohnt hat, geht aus seinem Brief vom 21. Okt. hervor: „Am Montag war Einweihung der ,Neuen Zeichenschule für das weibliche Geschlecht', wovon ich Dir vielleicht schon geschrieben habe. Bormann hielt eine Rede, ,doll genug'. Eichelchen agirte als Kastellanin, 70 bis 80 Personen waren zugegen [...]" (ebd., S. 222).
zu Text IV:
36 Unter dem Namen „Palais Raczinsky" war damals ein großer, am Königsplatz gegenüber dem Brandenburger Tor gelegener Gebäudekomplex bekannt. Der mittlere der drei Teilbauten, der der ganzen Anlage ihren Namen gab, war 1844 von dem Diplomaten, Mäzen und Kunstschriftsteller Athanasius Raczinsky errichtet worden und beherbergte dessen bedeutende Gemäldesammlung. Die 1869er Ausstellung des Künstlerinnenvereins fand allerdings am Königsplatz 1 statt, im ehemaligen Wohnhaus des bekannten Nazareners Peter von Cornelius. Wie Günter Meyer (Profession ohne Tradition, a.a.O., S. 292 f.) berichtet, kam der Verein über die Vermittlung der „Kunstfreundin" Maximiliane von Oriola an den prominenten Ausstellungsort. - Das Raczinskysche Palais existiert heute nicht mehr, es wurde 1884 nach langwierigen Verhandlungen dem Neubau des Reichstags geopfert. Raczinskys Gemäldesammlung ging an die Nationalgalerie.
37 Charles Hoguet (1821-1870), wie Fontane einer Kolonistenfamilie entstammend, war als Stilleben-, Marine- und Landschaftsmaler sehr produktiv. In Fontanes Berichten von den Kunstausstellungen 1862 und 1864 fand insbesondere der „Farben-Virtuose" Hoguet lobende Erwähnung (vgl. HF III, 5, S. 543 u. 574 f.).
38 Hermann Wilhelm Benjamin Eschke (1823-1900), Landschafts- und Marinemaler in Berlin, wo er seit 1855 in seinem Atelier auch Damen unterrichtete. Ihn und Carl Scherres traf Fontane am 28. Nov. 1869 auf einer Abendgesellschaft bei Frau Eichler: „Es waren wohl nah an 20 Damen, dazu 3 Herrn, Professor Eschke, Professor Scherres, Professor Fontane. Da es die beiden andern auch nicht sind, so leg ich mir ohne Weitres diesen Titel zu, der in jenen Räumen blos als Geschlechts-Unterschied betrachtet zu werden scheint. Er ist Mann, folglich Professor" (an Emilie am 29. Nov. 1869; HF IV, 2, S. 275). Tatsächlich wurde Eschke erst 1881 offiziell Professor; wann Scherres den Titel erhielt, ist nicht belegt. Fontane brachte es bekanntlich nur bis zum Ehrendoktor.
Mit dem Werk des Malers und Radierers Carl Blechen (1798-1840) war Fontane gut vertraut; besonders schätzte er sein Gemälde „Das Semnonenlager", mit dessen Beschreibung er das 1860 entstandene Wanderungen- Kapitel Die Müggelsberge einleitete; auch das Gedicht Auf der Kuppe der Müggelberge geht auf den Eindruck zurück, den das Bild auf Fontane gemacht hat (vgl. HF I, 6, S. 353 f.). Im Zusammenhang der Wanderungen trug sich Fontane seit Anfang der 60er Jahre mit dem Gedanken, Blechen ein eigenes Kapitel zu widmen. Die erst 1881 ernsthaft in Angriff genommene Arbeit blieb schließlich Fragment; sie ist erstmals 1970 in der „Nymphenburger Ausgabe" abgedruckt worden (N XXIII/1, S. 520-547).
Carl Scherres (1833-1923), Landschaftsmaler aus Königsberg, lebte seit 1867 in Berlin, hatte allerdings schon 1862 auf der Berliner Kunstausstellung 1862 drei „Abendlandschaften" gezeigt, bei welcher Gelegenheit ihm Fontane „etwas Rembrandthaftes in der Landschaftsmalerei" bescheinigte (HF III, 5, S. 542). Seit 1868 war Scherres „Landschaftslehrer" an der „Zeichen- und Malschule" des Vereins der Künstlerinnen.
29
