rischen Beruf umgegangen sind. So sehr zeigt Fontane sich bemüht, den Unterschied zwischen Storm und sich herauszuarbeiten, daß er sogar - was seine Person angeht - ein Stück weit das preisgibt, was ihn doch nun wirklich mit Storm verbindet, die ungeteilte Hingabe des Künstlers an den künstlerischen Beruf. Und er stellt, nicht eben zimperlich, problematische Verbindungen her: der dichterische Typus Storm scheint verbunden mit einem enervierenden Provinzialismus und mit geringer politischer Urteilsfähigkeit, die die von Preußen und Deutschland in Europa geschaffenen Realitäten nicht erkennt; Fontanes größere Distanz zu Literatur und Kunst verbindet sich dagegen mit der London-Brücke, d.h. mit 'Welt' und einem nicht in politischer Kleingeisterei befangenen Denken, das sich Storm und den 'vielen Stormen' im Urteil überlegen erweist.
Kirchturmspolitik und Erotik
Drei kürzlich von Dieter Lohmeier erstmals veröffentlichte Briefe Fontanes an eine sonst nicht weiter bekannte Empfängerin bestätigen und ergänzen den Eindruck, der sich aus den bisher berücksichtigten Materialien insgesamt gewinnen ließ. 43 Hedwig Büchting - so der Name der Adressatin - hatte sich an Fontane gewandt, weil sie an dessen Kennzeichnung Storms als „angeblichen Unschuldserotiker" im Vorabdruck des für Von Zwanzig bis Dreißig bestimmten Storm-Kapitels in der „Deutschen Rundschau" Anstoß genommen hatte. Fontane stellte ihr darauf einen „kleinen Essay"44, d.h. einen längeren Brief, in Aussicht, den er am 24. August 1896 von Waren aus auch absandte, wobei er nicht versäumte, darauf hinzuweisen, daß kein Platz geeigneter sein könne, über Storm zu schreiben, als diese Lokalität am Müritzsee, die ihn an die „graue Stadt am Meer" erinnerte. 45 Nach dem Empfang eines Dankbriefs von Hedwig Büchting schrieb er noch ein weiteres Mal.
Die „Besonderheit seines Eroticismus oder wenn das Wort nicht geht seiner Erotik''4 6 sucht Fontane in diesen Briefen über Storm herauszuarbeiten. Mehr noch als wenn er sich über dessen Lyrik äußerte, handelte es sich dabei um ein altes Reizthema für ihn. Ungeachtet seiner anderen Auffassungen über das Wesen des Lyrischen und gelegentlichen Kritik im einzelnen, bewunderte er Storm als Lyriker aufrichtig. Der spezifischen Sinnlichkeit von Storms Dichtungen hingegen wußte er keine gute Seite abzugewinnen, und er rieb sich beständig an ihr. Im Rückblick mag es verwundern, daß ein Künstler wie Fontane die ästhetische Berechtigung, ja Notwendigkeit dieser sinnlichen Züge im Werk des Husumer Dichters nicht akzeptierte. Gewiß war auch hier viel Persönliches mitbestimmend. Die ersten Verstimmungen zwischen ihm und Storm waren im Anschluß an Vorwürfe entstanden, die ihm dieser wegen seiner Neigung zu erotischen Frivolitäten machte. 47 Mehr noch als Sinnlichkeit, nämlich Lüsternheit, meinte seinerseits Fontane in Storms Dichtungen wahrzunehmen. Er selbst war sich dessen bewußt, „ kein Meister der Liebesgeschichte” zu sein: „keine Kunst kann ersetzen, was einem von Grund aus fehlt", schrieb er über Graf Petöfy an Emilie, betonte aber im Anschluß sogleich, es sei sein Stolz und seine Freude, daß er den „Stormschen ,Bibber' nicht habe. (...) Storm ist ein kränkliches Männchen und ich bin gesund trotz meiner äußren Kränklichkeiten.lich "48 Natür