Heft 
(1993) 55
Seite
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Berlin 6. Mai 98. Potsdamerstraße 134. c.

Hochverehrte gnädigste Frau.

Ergebensten Dank für Ihre freundlichen Zeilen. So weit ich mich entsinne, liegt die Sache so. Ich empfing im Spätsommer 96, von Berlin aus nach Waren hin nachgeschickt, einen Brief von Herrn Toeche, worin er anfragte, ob er mir eine Arbeit, die sich mit meinen Auslassungen über Storm beschäftige, zugehen lassen solle. Da Toeche's Brief freundlicherweise die ihm vor­liegende Arbeit skizzirte, so bat ich ihn, mir das Schriftstück lieber nicht zu schicken. Ich habe es denn auch nie in Händen gehabt. So stellt sich mir nachträglich die Sache dar; ich hoffe, daß mein Gedächtnis mich nirgend täuscht und allerhand Weiterungen schafft.

In vorzügl. Ergebenheit Th. Fontane. "-

67 Auch die Wirkungsgeschichte Fontanes ist von der unter den gegebenen Bedingun­gen mißverständlichen Unterscheidung zwischen Dichtern und Schriftstellern nicht unberührt geblieben. Kompliziert wird die Erörterung nicht zuletzt dadurch, daß man die Zuordnung aufgrund ganz unterschiedlicher Kriterien treffen kann, wie etwa Ricarda Huchs AufsatzFontane aus seinen Eltern" zeigt, in dem sie zu dem Ergebnis gelangt, daßFontane nicht Dichter war, obwohl er Romane schrieb" (Ricarda Huch: Gesammelte Werke. Hrsg, von Wilhelm Emrich. Köln o.J., Bd. 6, S. 778). Als kleine Pikanterie darf in solchem Zusammenhang gelten, daß Fontanes Mei­nung von sich selbst und die des engeren Familienkreises von dem der Gegenwart nicht unerheblich abweicht. Er hat sich als jüngerer Mann seiner Frau gegenüber selbst alsgewiß eine Dichternatur, mehr als tausend andere, die sich selber anbeten ', bezeichnet, aber als keine große und keine reiche Dichternatur. Es drippelt nur so." Emilie Fontane soll es im Gespräch mit Gerhart Hauptmann - dessen späterem Bericht zufol­ge - abgelehnt haben, daß ihr Mann ein Dichter sei; indessen klingt dies wenig wahr­scheinlich.

68 HFAIII, 4, S. 372f.

69 HFA II, 1, S. 9.

70 Vgl. etwa die Aufträge an die Schwester Elise für die Beschreibung von Schloß Hop- penradehistorisch-romantisches-Lüderlichkeits-Material aufzutreiben (HFA IV, 2, S- 425) und den Gründen für den 1806 erfolgten Totschlag eines Franzosen in Dreetz in der Grafschaft Ruppin nachzuspüren (HFA IV, 2, S. 411f.).

71 Conrad Wandrey: Theodor Fontane. München 1919, S. 312ff.

72 Norbert Mecklenburg: Erzählte Provinz. Regionalismus und Moderne im Roman Königstein/Ts., 2 1986.- Vgl. auch Mecklenburgs UntersuchungDie grünen Inseln. Zur Kritik des literarischen Heimatkomplexes", München 1986 und die dort biblio- graphierten (Zweiter Teil, Anm. 1) weiteren Fallstudien des Verfassers zum Thema Literatur und Region". Den neueren Forschungsstand beschreibt Mecklenburgs Auf' satzVerfremdete Nähe - Aspekte des Problemfeldes 'Literatur und Region' inDis­kussion Deutsch", Heft 120, August 1991, S. 337-347.Regionale Aspekte der Litera­turgeschichte erforschen heißt heute längst nicht mehr, 'stammesbiologischen Mythen nachzulaufen, sondern mit modernen Instrumenten einer sozial-, diskurs­mentalitätsgeschichtlichen Kulturraumforschung und in behutsamer Ausbalancie- rung von poetischer und sozialer Semiotik zu arbeiten." (S. 345).- Das Heft ist dem neuerdings vielerörterten Thema insgesamt gewidmet.

73 Mecklenburg, Erzählte Provinz, a.a.O., S. 15

74 Ebd.

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