zurechtfinden könnte. Beide Parteien aber, die Bewunderer wie die Tadler, beschäftigen sich nur mit dem Inhalt, mit dem Gefühl (...). Aber beide (...) stehen vor dem Technischen - vor dem, was Form, Kunst der Darstellung ist - wie vor einem Rätsel (...); sie sind absolut Uneingeweihte, Draußenstehende, und doch urteilen beide, und niemand wird da sein, ihnen, wenn es gebildete Menschen sind, das Recht dazu abzusprechen. Aber über ein Bild darf der die Form des Malers nicht Kennende nicht urteilen. 33
Die Stimmung des Betrachters allein reicht also nicht aus, um adäquat über ein Kunstwerk sprechen zu können. Jedes gelungene Gemälde konzentriert, und hierin folgt Fontane ebenso wie Kugler Goethe, „den Blick, die Betrachtung, die Teilnahme des Beschauenden" und schließt für die Dauer des Schauens „alles übrige" 3 * aus. Allerdings räumt Fontane in seinen Stellungnahmen zur Kunst den privaten Gefühlsäußerungen einen geringeren Stellenwert ein, denn obwohl ein Bild nicht interesselos wahrgenommen werden kann, besitzt es als Produkt eines engagierten Künstlers die Macht, die Sichtweisen des Betrachtenden nachhaltig zu verändern. Dies geschieht wohl über den Weg des Fühlens und Erlebens, richtet sich als Prozeß des objektivierenden gedanklichen Verarbei- tens jedoch letztlich an die Verstandeskräfte. An einer solchen Modifikation des Sehens und des Bildbegriffes läßt Fontane die Leser seiner Beschreibung des 1810 von Turner gemalten Bildes mit dem Titel Schiffbruch des Minotaurus teilhaben:
£a «I «s einm poetischen G»< ber.us geboren und Ä
starrt nicht mehr auf Farben und Gestalten, sondern man ^ mflM ^iht
die sich vor unseren Augen vollzieht; man bewunder ntc dje äK Höc h ste ist,
sich aller Kritik und ist im Bann jener Mitleidens f > was die Kunst erreichen kann. 35
Demgegenüber bleiben die photographisch getreuen G„Gemütvol- lichen Biedermeierlebens bei einer romantizistisc , • pn aus Fontanes
len, Poetischen, Beschwingten, Schrulligen' 36 stehen un Erträglich-
Perspektive daher kaum dazu geeignet, den Betrachter als * e s “ „ | «fc, keit allen Lebens zu lehren. Damit kehrt nach Fon ane Stelle der
unästhetischen 'Seins' kritiklos in die Welt der Bilde, zuruck d*Me u ^ Handlung, die der einzelne mitzuerleben aufgefor e ' njcht nur Sze -
Rechtfertigung des Bestehenden. Turner hingegen ie klassische
nen des griechischen Mythos in seinen Bildern, « nimmt über das k^ ^ Motiv hinaus die Sage zum Anlaß, um Gedanken ar ' mit Hilfe
wie eine Bühne zu sehen lehren. Der Betrachter ° n ^ ne un d Legenden
des Bildes zu einem Beobachter des Lebens, der die es , belächeln
durchschaut' und sie als Täuschungsmanöver 'höherer Machte zu
Weiß.
Eine für die europäische Kunsttheorie bis ms . p on tane mit John Ruskins Abhandlung über die Werke William Turners pr f a hren, daß sich die bie- Mo dem Painters kennen. Von Ruskin wird on a Nützlichen orientier-
dermeierliche Malerei in eine Abhängigkeit von , bürgerlichen Kultur te n, ansonsten jedoch zum Bequemlichen neig
wegweisende
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