müßiges Spiel, im Grunde seines Herzens hing er mit Zärtlichkeit an seinem Schlesierland und dachte gar nicht an Fortgehen, wenn ihm der Boden unter den Füßen nicht zu heiß gemacht würde" (338). In eine Krise gerät sein Selbstbewußtsein, als genau das dann schließlich geschieht, und zwar ironischerweise weil er ein Verbrechen begeht, „um nicht in die Welt hinaus zu müssen" (355). Intellektuell, vom Reiz des Abenteuers der Selbstfindung her gesehen, also kein authentischer Akt - und diese, allzu konkrete Flucht gelingt. Das dürfte Bände sprechen für Fontanes Visierung der uns interessierenden Frage. Nicht nur das: die Flucht gelingt, aber es ist schließlich keine Flucht ins Exotische, obwohl sie Lehnert ins Herz Nordamerikas führt. Lehnert mag „drüben” „in seinem Aufzuge halb einem Cooperschen Trapper und halb einem Bret Harteschen Kalifornier aus den Diggings" gleichen (387); doch nicht nur ist er der schlesische Dörfler geblieben: die Welt, in die er kommt, ist, wie gesagt, so deutsch-provinziell, wie sein Dorf nur immer war - lauter Auswanderer und deren Nachkommen mit Heimweh, Erinnerungen und mangelnder Anpassungsbereitschaft, die das Fremde kaum wahmehmen. Man heißt hier Hornbostel oder Kaulbars und weiß alles Wissenswerte über „die Vierundzwanziger in Ruppin„ich bin von 'n Glien. Kennen Sie den Glien?" (416) Die Ironie der Flucht, die keine existentielle ist, ins Exotische, das kein Fremdes ist, könnte nicht deutlicher sein.
Ebensowenig wird man Rubehn in L'Adultera als Idealfall des Ausbruchs ins Fremde bewerten. Im Gegensatz zu van der Straaten, der „zu wenig ‘draußen” war (III, 111), ist Rubehn „draußen" in London, Paris und New York gewesen und vielleicht tatsächlich, wie Melanie van der Straaten (der der Topfblumenverleiher Kagelmann soeben versichert hat: „]ott, Frau Rätin, Palme paßt immer ) behauptet, „ein paarmal um die Welt gefahren", wo er „die Palmen sozusagen an der Quelle studiert hat" (111,123,187-188). Unter Palmen jedenfalls verführt er, wie gesagt, die Frau Kommerzienrat, die, ihrerseits „ägyptische Königstochter (198), sich schon vorher von ihrem Mann, dem Börsianer ohne „Weltschliff , sagen lassen muß, sie warte auf „einen indischen Prinzen oder (...) einen Schah von Persi- en (167). In der nicht unaufdringlichen Sprache der literarischen Symbole Fontanes hat sie einen solchen also in Rubehn gefunden, und hier ist der Ausflug ins „Exotische", ins gesellschaftlich Unerlaubte, denn doch insofern gelungen und von Dauer, als die beiden nach ihrem Zurück zu Adam und Eva im Paradies bleiben dürfen: nach „Flucht" (201), Scheidung und Heirat leben sie recht und schlecht in Berlin unter den symbolischen Palmen, die in diesen gesellschaftlichen Breiten sinnigerweise nur im „Tropenwald" des orchideenbehange- nen Gewächshauses gedeihen. Rubehn und Melanie sind in Fontanes Romanwerk die Ausnahme: im Gegensatz zu allen anderen problematischen Paaren gelingt ihnen tatsächlich ihr „Glück", doch es ist entschieden das kleine Glück Wüllersdorfs in Effi Briest (VII,303).
• + hieht Überdeutlich schon ist
Charakteristischer ist sicher, was Effi Briest gesc . , (VII,47), sei es ein ihr Hang zum Exotischen, wie es worthc kaufen will, um sich ins
japanischer Bettschirm, den sie für ihre A «feit Kessins, in die sie
Märchen" hineinzuträumen (31), oder die exo 1 j n Schiffen steht
hineinheiratet. Die Hafenstadt mit den fremden Flaggen an
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