„mit aller Welt in Verbindung". Es ist „eine ganz neue Welt" mit Exoten wie Negern, Türken und Chinesen, wie Effi meint, womit sie zum Teil ja recht behalten wird (47): ein Schotte als Baggermeister, ein Barbier aus Lissabon, ein schwedischer Goldschmied, ein dänischer Doktor und dann die Kapitäne, die „in Tonkin und an der Südsee" waren (48-49). „Die ganze Stadt besteht aus solchen Fremden" (48). Ein Wäldchen heißt „die Plantage" (50). Das Landratshaus mit seinem ausgestopften Krokodil und Haifisch und spukenden Chinesen tut ein übriges: Effi, die sich mit ihrer Übersiedlung nach Kessin wie befreit vom „Alltagsleben" in Hohen-Cremmen sieht (91), kommt sich in diesem Haus wie bei einem „persischen oder indischen Fürsten" vor (van der Straaten meinte, alle Frauen hielten nach einem solchen Mann Ausschau). Es ist „alles so orientalisch", so „fremdländisch” (58,60), etwas für Effis hochentwickelte „Phantasie" (31), die bisher weniger Anregungen gehabt hat, da sie doch „wenig herausgekommen'' ist (66). Sie ist wie im „Märchen" (83). Kein Wunder, daß sie in dieser exotischen Welt (und vor allem in der steten Nähe des spukenden Chinesen) 14 ausbricht aus den Erwartungsnormen der Gesellschaft hinein in die große Freiheit des Exotischen. Kein Wunder auch bei Fontanes thematischer Fixierung, daß diese Flucht nicht gelingt, daß die Nemesis der Gesellschaft die ganz wörtlich „fremd" Gehende einholt.
4.
Nur nichts Halbes, hatte Botho von Rienäcker seinen Kollegen Rexin gewarnt, der vor der Wahl stand: Berliner Gesellschaft oder exotische Welt als Chiffre der Möglichkeit gesellschaftlich unsanktionierter Liebe. Effi Briests „Schritt vom Wege" und ihr Versuch, ihn zu verheimlichen, ist gewissermaßen etwas Halbes. Botho seinerseits entscheidet sich gegen die Flucht ins exotische Paradies, er harrt aus in der Gesellschaft, trennt sich von seiner unstandesgemäßen Geliebten. Auch in seinem Fall aber versäumt Fontane es nicht, die entgegengesetzte Möglichkeit mit der Metaphorik des Exotischen zu signalisieren. In seiner Schicksalsstunde (wie man damals gesagt hätte), als er nämlich von seiner Mutter erfährt, daß Rothmüller in Arnswalde sein Kapital gekündigt hat und er nun schuldenbeflügelt die „dalbrige", aber begüterte Baronesse ehelichen muß, schaut er sozusagen in den Spiegel: „Wer bin ich?” Auf Deutsch gesagt, nichts, wozu hier jedoch viele elegante französische Vokabeln nötig sind. Welche Möglichkeiten stehen ihm offen? Kunstreiter, Oberkellner, Croupier. „Höchstens kommt noch der Troupier hinzu, wenn ich in eine Fremdenlegion eintreten will' (V,95). Unmögliche Möglichkeit natürlich - wie der Leser mag Botho selbst an Sidi-bel-Abbes im mohammedanischen Nordafrika denken, die grausame Kolonialrealität von Schachs Fata Morgana. Botho entscheidet gegen das Exotische, ironisch pointiert durch die vorausgehende Lebensweisheit: „Also Resignation. Ergebung ist überhaupt das Beste. Die Türken sind die klügsten Leute": das war indes eine Resignation, die sich im Kontext auf die Schwierigkeiten des Fliegenfangens bezog (92). Mit den Schwierigkeiten des Lebens und Rech- nungszahlens sieht es preußischer aus. Wie sein von ihm selbst ins Komische stilisierter Onkel Osten wird Botho sich in einen Winkel zurückziehen, »wo