das kann jeder; aber das Umgekehrte, das ist was. Chinesen werden christlich, gut. Aber wenn ein Christ ein Chinese wird, das ist doch immer noch eine Sache von Belang." (317)
Das „Exotische" treibt also in dieser leicht komischen Figur nicht das Vertraute, das gesellschaftlich Enge aus, sondern bestätigt es.
Tragisch gewendet, begegnet die gleiche Denkform in Cecile. Draußen in der exotischen Feme war Gordon, der, mittlerweile nach Deutschland verschlagen, zwar noch Weltreisen liebt, doch die Bequemlichkeit mehr (IV,360), kaum daß es ihm noch „seit seinen indisch-persischen Tagen" ein Bedürfnis ist, sich in die Times zu vertiefen (364). Ein „buntes Leben" (367) - aber es liegt auch geistig hinter ihm. „Heimat" (390) gilt ihm jetzt mehr, und damit auch die Konvention der Gesellschaft, in deren Käfig er zurückgefunden hat. Als er von der dubiosen Vergangenheit der angebeteten Cecile erfährt, reagiert er ganz als der an die „Gesellschaft" als Gegenbild zum „Menschlichen" Angepaßte - und als solcher stirbt er denn auch unter der Duellkugel von Ceciles nicht weniger konventionellem Mann.
Exempelhaft geradezu verwendet Fontane das Exotische als Katalysator der Rückkehr ins Vertraute und Enge in Unwiederbringlich, kein preußischer Roman, gewiß, doch sind seine skandinavischen Lebensverhältnisse unverkennbar durch eine preußische Optik visiert, und zwar wiederum tragisc . Graf Holk, zuhause in einer „vom Weltverkehr abgelegenen Gegend" (VI,7), bricht aus den gesellschaftlichen Bindungen aus, und zwar radikal: durch Ehesc ei düng und Eskapade in die weite Welt, die für ihn ein Raum der Bindungslosig keit ist. Er lebt in den europäischen Großstädten, Süditalien usw., um ann doch zurückzukehren zu seiner Gesellschaftsordnung, zu seiner Frau a u ch > d^ er förmlich wieder ehelicht. Die Funktion der Weltreise war, ihn zu der Einsicht zu bringen, daß „das ödeste Daheim immer noch besser ist als das wechselvollste Draußen" (243). Das unglückliche Ende versieht diese Weisheit mit einem Fragezeichen. Parabolisch kontrafaktiert und in nuce wird Holks Geschichte noch einmal erzählt in der sonst völlig sinnlosen längeren Episode um die junge Kapitänsfrau Hansen. Mit einem Chinafahrer verheiratet, fährt sie, unentweg fernsüchtig, aufs Exotische versessen, mit ihrem Mann in den Fernen s en, sie sich eines Tages in Kopenhagen in einen flotten Leutnant verlie t. r a muß sie bei der nächsten Asienfahrt also zur Mitreise z w i n g e n geheilt von Fernweh und Liebesabenteuer, kommt sie zurück, endgu lg ° stiziert. Was den Ausschlag für die Sinnesänderung gibt, ist eine exo is ' '
märchenhafte Huldigung des Kaisers von Siam: eine - im Roman auch ^ ,
angezweifelte - phantasievolle Geschichte mit Perlenkette, auenw Kaiserthron (bes 88-89). Das Exotische also („Wir sind nichtmmermStam)
führt zurück zur Besinnung auf das engste Vertraute un ie er
gesellschaftliche Rolle („das haben wir in unserem guten Kopenhagim ai™ £
Daß Kopenhagen kein Allheilmittel ist, wird an Holks „Le ensa en
Erfahrung des Fremden als Bereicherung, als Horizonterweiterung, ^ ^ erlaubt, den Verhältnissen „drinnen" mit Souveränität gegenu natürlich für Fontane, der „draußen" war, die nächstliegende Bede* g Berührung mit dem „Exotischen". Um so bemerkenswerter die erwähnten
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