Wortwahl demnach ein Stück Berechnung und ein gewisses Maß an Taktik liegen, denn eine Aussage in dieser Form kann nicht so schnell widerlegt bzw. eine Bitte in dieser Form nicht so schnell abschlägig beschieden werden.
Vielleicht sind Fontanes Briefe teilweise als „Ersatzfunktion für einen mangelnden Kontakt mit der literarischen Öffentlichkeit " 9 zu sehen, denn aus einigen seiner Briefe lesen wir die große Enttäuschung, wenn ein gerade veröffentlichtes Werk es wieder nicht zur erwarteten Resonanz brachte. Er ist verbittert, daß Autoren wie Courths-Mahler und Julius Wolff riesige Auflagenzahlen erleben. Besonders die Briefe an seine Rezensenten und gerade die, die er vor der zu schreibenden Rezension an die betreffende Person richtet, zeigen sehr deutlich sein Bemühen, sich verständlich zu machen; sie zeigen sogar, wie er sein Gegenüber zu beeinflussen sucht - auch wenn er danach wieder resignativ eingesteht, daß ihn nur allzu wenige verstünden. Er schreibt zwar, daß diese Briefe an Kritiker und Rezensenten sowieso nichts bewerkstelligten und daß er keine mehr schriebe; aber beim nächsten Werk, das veröffentlicht wird, schreibt er diese Briefe erneut.
Fontane erinnert in seinen Briefen gerne daran, daß man ihm eine Rezension in einem Tageblatt versprochen habe. Ein Großteil der Briefe an seine Rezensenten sind solche, in denen er sich des Wohlwollens der Kritiker versichert, ihnen aber auch schon sehr direkt zu verstehen gibt, was in der von ihm erwarteten Kritik enthalten sein müsse. Die Beeinflussung des Rezensenten ist in Fontanes Briefen nicht zu übersehen. Zusammen mit einem Rezensionsexemplar verschickt Fontane folgenden Brief an Ludovica Hesekiel:
Thuen Sie nun was Sie können und seien Sie meines Dankes und meiner Bereitwilligkeit zu kl. liter. Gegendiensten im Voraus versichert. Wenn ich noch einen Wunsch aussprechen darf, so ist es der: nicht zu viel Parallele mit Scott, W. Alexis, Hesekiel. Alle drei müssen natürlich genannt werden, aber es thut einem wohler die unterscheidenden Merkmale hervorgehoben zu sehn, als die Aehnlichkeiten .1 0
„Thuen Sie nun was Sie können", das bedeutet „Tuen Sie Ihr Bestes - für mein Bestes, nämlich für mein Werk!" Fontane erwartet eine qualitativ gute Rezension und bietet gleich seine Gegendienste an, so daß die Rezensentin seine Anfrage gar nicht ablehnen kann. Sie wird genauestens instruiert, was sie zu beachten hat und was nicht. Nach Veröffentlichung einer anderen Rezension erhält die Rezensentin sofort Bescheid:
Haben Sie herzlichen Dank für Ihre Besprechung meines Schach in der gestrigen Kreuz-Zeitung, die ganz meinen Wünschen und Erwartungen entsprach;
Sie selbst konnten sich nicht anders dazu stellen und noch weniger die Zeitung. Mein Dank ist um so größer und aufrichtiger, als es mir, nach Absendung des Buches, schwer auf die Seele gefallen ist, Sie überhaupt um eine solche Sache gebeten zu haben. Ich mußte das nicht thun, und hätt' es wohl auch nicht gethan, wenn mich nicht das Historische, das Zeitbildliche darin und andrerseits Adami's schon vorher (... - d. Verf.) eingeheimstes Lob dazu verführt hätte. Es soll aber nicht wieder Vorkommen."
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